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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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gibt auch Anrufe, bei denen ich überhaupt niemanden erreiche. Wo die Leute schon frühzeitig weggegangen oder so krank geworden sind, dass keiner mehr ans Telefon kommen kann.
    Darüber versuche ich möglichst gar nicht erst nachzudenken.

26. September
    Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich saß hier und war dabei, die Geschichtslektion von dieser Woche zu lesen, als ich plötzlich einen Hustenreiz bekam. Kein richtiger Husten, aber dieses komische Kratzen und Jucken im Hals. Gerade habe ich ein ganzes Glas Wasser getrunken, aber es ist immer noch da.
    Was, wenn ich es auch habe? Was, wenn Rachel mich mit dem Virus angesteckt hat und die Symptome bloß eine Ewigkeit gebraucht haben, bis sie sich zeigten?
    Außer mir ist niemand zu Hause. Vielleicht sollte ich ins Krankenhaus fahren? Oder besser hierbleiben, bis ich mir ganz sicher bin? Ich will nicht, dass

    Egal. Ich habe ein paarmal gehustet, und jetzt geht’s mir besser. Wahrscheinlich ist mir irgendwas Hartnäckiges im Hals steckengeblieben. Puh. Ich glaub, ich war noch nie in meinem ganzen Leben so erleichtert.
    Danke, danke, danke, welche höhere Macht mich auch immer erhört hat!

27. September
    In den vergangenen Tagen habe ich fast die komplette Telefonliste abgearbeitet. Nach meiner kleinen Panikattacke gestern hab ich beschlossen, eine Pause einzulegen, und hab noch ein bisschen mit Mom und Drew gebacken.
    Inzwischen haben wir alles Mehl aufgebraucht, doch Mom scheint das nicht weiter zu kümmern. Am Ende des Tages roch es im ganzen Haus wunderbar süß, wie in einer Bäckerei. Keine Ahnung, wie sehr Brötchen und Kekse helfen können, aber selbst wenn sie nur ein Lächeln auf die Gesichter der Patienten zaubern und sie einen Moment lang ablenken, hat sich die Arbeit schon gelohnt.
    Dad schien schwer beeindruckt, aber als er die ganzen Taschen, die wir gefüllt hatten, zu Fuß zur Arbeit schleppen musste, sah er schon nicht mehr so zufrieden aus. Selbst schuld, wenn er darauf besteht, das Auto für den Notfall zu Hause zu lassen.
    Heute Vormittag habe ich die letzten Anrufe erledigt: krank, wütend, wütend, schlimm krank, und niemand geht ran. Danach hielt ich es keinen Augenblick länger in meinem Zimmer aus. Ich ging nach unten und sah Mom aus dem Wohnzimmerfenster schauen.
    Da war niemand. Sie starrte einfach nur nach draußen, wie die Tiere im Zoo, wenn sie sich an die Zeit erinnern, als ihnen noch die ganze Welt gehörte, ohne einen Käfig um sich herum. Es tat mir im Herzen weh.
    »Komm, wir gehen in den Park, die Frettchen könnten einen Spaziergang gebrauchen«, sagte ich.
    Ich rechnete damit, dass sie Einwände hatte, aber sie lächelte.
    »Das ist eine gute Idee«, antwortete sie. »Wir müssen uns ab und zu auch mal einen Augenblick ohne Angst gönnen. Es ist bestimmt nicht gesund, den ganzen Tag lang im Haus eingesperrt zu sein. Frag mal Drew, ob er mitkommen möchte. Ich rufe inzwischen deinen Onkel an.«
    Als ich an Drews Zimmertür klopfte, meldete sich niemand, also warf ich einen Blick hinein. Alles da: sein Computer, sein ungemachtes Bett, seine Science-Fiction-Poster; nur von ihm selbst keine Spur. Er hat sich in den letzten Tagen meistens für ein oder zwei Stunden davongeschlichen. Ich frage mich, wohin er geht. Ob er bloß mit Freunden rumhängt, um zu beweisen, dass das Virus nicht sein Leben bestimmt? Ich hoffe nur, dass er wenigstens an seine Schutzmaske denkt.
    Ich ließ mir mit dem Anleinen von Mowat und Fossey mehr Zeit als nötig, denn ich hörte Moms Stimme von unten. Onkel Emmett war richtig wütend wegen der Quarantäne, kein Wunder, und jetzt ließ er seinen Ärger an ihr aus. Ich ging erst wieder nach unten, als sie den Telefonhörer aufgelegt hatte und wieder halbwegs ruhig wirkte.
    »Wir nehmen Meredith mit«, sagte sie. »Ihr wird es auch guttun.«
    »Drew hatte kein Interesse«, erklärte ich ihr.
    Wir fuhren die zwei Querstraßen zu Onkel Emmetts Haus und anschließend noch fünf Straßen weiter bis zum Park. Als wir ausstiegen, blickte Mom sich nervös um, als ob jeden Moment irgendein Irrer aus dem Gebüsch springen könnte. Doch wir sahen nichts weiter als ein paar Herbstvögel, die durch die Zweige der Bäume hüpften. Nach ein paar Minuten entspannte sie sich. Sie sagte noch nicht einmal etwas, als ich meine Schutzmaske abnahm, um die frische Luft besser zu spüren.
    »Kann ich eins von ihnen nehmen?«, fragte Meredith, die vor Aufregung von einem Bein aufs andere hopste, und ich reichte ihr Mowats Leine.

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