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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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füllt ihn, bis auf eine kleine Sitzecke am Haus, fast ganz aus.
    Aber das weißt du natürlich schon, Leo.
    »Wow«, sagte ich. Ich war ziemlich beeindruckt, fragte mich aber auch, welche Auswirkung das wohl auf den hiesigen Vogelbestand haben mochte. Es ist schließlich wie ein riesiges Glasfenster.
    »Als wir hergezogen sind, hatten wir zuerst ein kleineres«, erklärte Tessa. »Aber es platzte aus allen Nähten. Das hier habe ich zu meinem sechzehnten Geburtstag bekommen.«
    Sie lächelte, als handelte es sich um einen Ferrari oder eine Karibikreise. Und da war mir klar, dass ich bei ihr genau an die Richtige geraten war. Es sind gar nicht Tessas Eltern, die gerne gärtnern – sie ist es.
    Die Luft in dem Gewächshaus war schwer und feucht, und das Sonnenlicht, das durch die Scheiben fiel, schien irgendwie heller als sonst. Durch die Verbindung aus Hitze, Licht und den Gerüchen des ganzen Grünzeugs wurde mir ein bisschen schwummrig. Aber es gefiel mir. Es war ein angenehmer, friedlicher Ort, weit weg von dem Wahnsinn, der da draußen tobte.
    »Hast du inzwischen mit deinen Eltern sprechen können?«, erkundigte ich mich, während Tessa eine Anzuchtplatte herrichtete.
    »Sie rufen täglich an«, antwortete sie. »Sie bemühen sich um eine Ausnahmegenehmigung, damit sie zurückkommen können.«
    Sie klang erheblich ruhiger, als ich das in ihrer Situation getan hätte. Ich sah mich in dem Gewächshaus um und erblickte ganz hinten neben einem Strauch mit rosa Blüten eine Bank. Plötzlich stellte ich mir vor, wie ihr beide dort gesessen habt, dein Arm um ihre Schultern, und die Worte platzten einfach so aus mir raus: »Wie läuft’s mit Leo?«
    »Ach, wir mailen uns ein paarmal in der Woche«, antwortete sie. »Er ist ganz schön beschäftigt, und ich hab ihm gesagt, dass es mir lieber ist, zwei richtige Nachrichten von ihm zu bekommen als täglich bloß eine ganz kurze.«
    Ich dachte daran, wie wir zwei damals, als ich weggezogen bin, am Anfang waren – wie wir uns Fotos und Witze und belangloses Zeug schickten, alles, was Elfjährige eben so von sich geben.
    Einen Moment lang brachte ich kein Wort mehr hervor. Ich schluckte. Dann fragte ich: »Hast du ihm erzählt, was los ist?«
    »Natürlich nicht«, antwortete sie. »Er hat nicht danach gefragt – die amerikanischen Nachrichten haben die Story wohl nicht gebracht, oder er hat keine Zeit zum Fernsehen – warum sollte ich es da zur Sprache bringen? Er kann ja sowieso nichts tun. Es war Leos größter Wunsch, auf diese Schule zu gehen. Und ich habe nicht vor, ihn abzulenken.«
    Da war etwas dran. Aber wenn deine Eltern dir auch nichts erzählt haben … Und deine Mom würde das sicher nicht tun, oder? Sie hätte Angst, du würdest darauf bestehen zurückzukommen, um dich zu überzeugen, dass es ihnen gutgeht.
    Ich habe kein gutes Gefühl dabei, dich im Dunkeln zu lassen, während die Menschen, die dir etwas bedeuten, in Gefahr sind. Solltest du nicht selbst entscheiden können, was du tun willst?
    Egal was Tessa oder deine Eltern denken, ich weiß genau, du würdest es wissen wollen. Also habe ich, obwohl ich dabei wahnsinnig nervös war und mir ein bisschen mies vorkam, vor ein paar Minuten eine kurze Nachricht an deine alte E-Mail-Adresse geschickt. Doch wahrscheinlich hast du sie irgendwann in den letzten Jahren gewechselt, denn die Mail ist wieder zurückgekommen. Ich hab’s jedenfalls versucht! Vielleicht fällt mir irgendein Vorwand ein, um Tessa nach deiner aktuellen Adresse zu fragen – ich werde sie ja auf jeden Fall wiedersehen.
    Nachdem Tessa die Samen ausgesät hatte, führte sie mich ins Haus und holte uns beiden ein Glas Limonade.
    »Es wird wahrscheinlich ein paar Wochen dauern, bis sie keimen«, sagte sie. »Du kannst aber jederzeit vorbeikommen und nachschauen.«
    »Ich rufe vorher an«, antwortete ich. »Damit du sicher sein kannst, dass ich gesund bin.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Das brauchst du nicht. Ich weiß, du würdest nicht herkommen, wenn du es nicht wärst. Schließlich warst du diejenige, die sich neulich vergewissern wollte, dass es mir gutgeht.«
    Es klang wie eine einfache Feststellung, doch mir schoss die Hitze ins Gesicht, als ich daran dachte, und ich sah in die andere Richtung. In dem Moment fiel mir das Brett mit den vielen Schlüsseln neben dem Kühlschrank auf. Tessa musste meinem Blick gefolgt sein.
    »Mein Dad betreut einige der Ferienhäuser«, erklärte sie. »Kümmert sich im Winter um undichte

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