Wir sind verbannt (German Edition)
Rohrleitungen und andere Sachen.«
Dann hellte sich ihr Blick plötzlich auf, und sie sagte: »Weißt du was, ich wette, die Besitzer horten da alle möglichen Medikamente. Sie reden dauernd von den Tabletten, die sie zur Beruhigung oder wegen ihres Bluthochdrucks einnehmen. Also falls es im Krankenhaus knapp wird … ich kann da reinkommen, ohne Probleme.«
»Die von der Regierung schicken Medikamente vom Festland rüber«, erwiderte ich. »Das müsste eigentlich reichen.«
»Na ja, falls irgendwas schiefläuft, kannst du es dir ja überlegen. Die Leute, die nur den Sommer hier verbringen, brauchen jetzt nichts von den Sachen, die sie hiergelassen haben.«
Als ich nach Hause kam, erkundigte ich mich bei Mom, ob Dad mal etwas vom Medikamentenbestand in der Klinik erwähnt hatte. Offensichtlich waren sie vor der Quarantäne gut mit Arzneimitteln ausgestattet gewesen, und er meinte, es bestehe kein Grund zur Sorge. Und wenn sogar Dad die Situation nicht für so ernst hält, dann sind wir sicher gut versorgt.
Aber ich werde Tessas Vorschlag auf jeden Fall im Hinterkopf behalten. Vielleicht haben wir jetzt noch genug von allem, doch wer weiß, was morgen ist?
25. September
Gestern Nachmittag hat Drew seine eigens für mich erstellte Datenbank auf meinen Computer überspielt. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie einfach es für ihn ist, solche Programme seinem Willen zu unterwerfen. Ich bin sicher, dass er direkt nach der Highschool einen supergut bezahlten Computerjob kriegen könnte, wenn er wollte. Aber er ist immer noch fest entschlossen, Anwalt zu werden. »Einer der wenigen, die nicht bestechlich sind«, wie er sagt.
Das setzt natürlich voraus, dass wir die Highschool überhaupt zu Ende machen.
»Und du bist sicher, dass du mit der Sache klarkommst?«, fragte er, während er die Telefonnummern eingab.
»Bestimmt«, antwortete ich. »Ich muss doch bloß den Text ablesen.«
»Na ja, schon«, erwiderte er. »Aber nicht alle werden sich darüber freuen, von dir zu hören. Es gibt ’ne Menge Leute, die wegen der Quarantäne sauer sind. Wenn du sie anrufst, klingt das vielleicht, als wärst du mitverantwortlich; sie könnten echt auf dich losgehen.«
Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht, aber er hatte recht. Und was, wenn jemand abhob, der genauso durchdrehte wie Mrs Campbell? Mir wurde auf einmal ganz eng in der Brust, und ich holte tief Luft.
»Da bin ich ja froh, dass sie am anderen Ende der Leitung sind und nicht direkt vor mir stehen«, antwortete ich.
»Na gut«, sagte er. »Aber sag Bescheid, wenn ich übernehmen soll.« Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Ich find’s wirklich klasse, dass du dich so engagierst, Kae. Irgendwie hatte ich Angst, du würdest dermaßen panisch werden, dass du dich nur noch in deinem Zimmer verkriechst und geschehen lässt, was immer geschieht. Aber du bist anscheinend mutiger, als ich dachte.«
Den letzten Teil sagte er mit einem verschmitzten Lächeln und pikste mich in meine kitzelige Stelle an der Seite. So als wollte er mich daran erinnern, dass ich immer noch seine kleine Schwester bin, auch wenn er mir ein Kompliment macht. Aber es war trotzdem ziemlich nett, das von ihm zu hören. Drew stellt ganz schön hohe Ansprüche, und ich habe selten das Gefühl, ihnen gerecht werden zu können.
Ich hätte das Telefon gestern Abend und heute Morgen mindestens ein Dutzend Mal am liebsten in die Ecke geworfen, doch bis jetzt habe ich Drew noch nicht gebeten, mich zu erlösen.
Einige von den Leuten klingen froh darüber, dass sich jemand um sie kümmert. Sie bedanken sich bei mir und versprechen, alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Doch eine Menge andere regen sich auf und schimpfen über die Quarantäne, als wäre das meine Idee gewesen.
Am schlimmsten sind aber jene, die am Telefon husten und niesen. Diejenigen von ihnen, die noch nicht lange krank sind, fragen mich, ob sie sich nun Sorgen machen müssen und welche Medikamente sie nehmen sollen; und ich weiß nicht, was ich ihnen sagen soll, außer dass jemand vom Krankenhaus vorbeikommt, um sie abzuholen. Und die anderen, die schon länger krank sind, plappern drauflos, lästern über Leute, die ich nicht mal kenne, und erzählen mir alle möglichen Einzelheiten aus ihrem Leben, so lange, bis ich ihnen mindestens fünfmal gesagt habe, ich müsste das Gespräch jetzt beenden, oder schließlich einfach auflege.
Aber eigentlich sind das noch gar nicht mal die Allerschlimmsten. Denn es
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