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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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haben.
    Die Regierung würde uns doch niemals völlig aufgeben, oder? Ich meine, was weiß Gav schon darüber, wie das bei denen läuft. Er ist doch bloß sauer und hat Angst, genau wie wir alle.
    Für manche Leute macht es die Sache vielleicht einfacher, wenn sie wütend werden. Aber wenn ich nicht länger daran glauben würde, dass wir das hier durchstehen, würde ich mich wahrscheinlich wirklich nur noch in meinem Zimmer verkriechen, genau wie Drew es von mir erwartet hatte.

29. September
    Ich versuchte, die Unterhaltung mit Gav aus dem Kopf zu kriegen. Sagte mir, dass ich schon genug hatte, worum ich mir Gedanken machen musste. Aber langsam sieht es wirklich so aus, als hätte er recht.
    Heute ist die erste Schiffsladung vom Festland eingetroffen. Eigentlich sollte die Regierung dafür sorgen, dass die Verteilung fair und sicher vonstattengeht. Sie wollten Leute von Haus zu Haus schicken, damit jeder etwas von dem Essen abbekommt, ohne vor die Tür zu gehen und riskieren zu müssen, sich anzustecken. Das schien ziemlich anständig von ihnen. Sie hätten die Lieferung auch einfach am Hafen abwerfen und dann wieder verschwinden können, doch stattdessen strengten sie sich an.
    Also saßen Mom, Drew und ich zu Hause und warteten darauf, dass es an der Tür klingelte. Ich dachte darüber nach, was genau die Regierung als lebensnotwendige Nahrungsmittel einstufen würde, und fragte mich, ob es noch Erdnussflips im Supermarkt gab oder ob ich während der ganzen Quarantäne ohne welche auskommen müsste – als wären Flips jetzt irgendwie wichtig. Da klingelte es endlich.
    Aber es war nicht die Essenslieferung. Es war Onkel Emmett. Er blickte Mom, die als Erste an der Tür war, finster an. Ich sah Meredith hinten im Lieferwagen sitzen und durch die Scheiben zu uns herüberschauen. Sie ließ die Schultern hängen und kaute an den Fingernägeln.
    »Ich weiß, dass Gordon dich dazu gekriegt hat, diese Quarantäne gut zu finden«, sagte Onkel Emmett. »Aber ich wollte es wenigstens versuchen. Am Hafen findet eine Demonstration statt. Die sollen wenigstens sehen, wen sie hier eigentlich umbringen. Wenn du dich beeilst, schaffen wir’s noch rechtzeitig.«
    »Emmett, so dumm wirst du doch nicht sein«, antwortete Mom. »Kommt rein und esst mit uns zu Mittag. Wer weiß, was da unten alles passiert. Denk doch an Meredith!«
    Er nickte traurig. »Ich denke ja an Meredith«, erwiderte er. »Überleg doch mal, was ihr zustoßen könnte – und deinen Kindern –, wenn wir zulassen, dass diese Mistkerle von der Regierung uns hier festhalten!«
    Mom versuchte ihn aufzuhalten, doch er stapfte wütend zum Wagen und raste davon. Sie presste die Lippen zusammen.
    »Ich kann ihn nicht einfach gehen lassen«, sagte sie. »Nicht wenn er in so einer Stimmung ist.«
    Ich malte mir aus, wie Mom in dieser Demonstration unterging. »Ich komme mit«, verkündete ich. »Für den Fall, dass jemand ein Auge auf Meredith haben muss.« Hauptsächlich wollte ich jedoch ein Auge auf Mom haben.
    Sie nahm sich nicht mal Zeit, um Drew Bescheid zu sagen. Sie schnappte sich eine Schutzmaske, drückte auch mir eine in die Hand und hetzte zum Auto.
    Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit waren Menschen auf der Straße unterwegs. Alle wollten sie sehen, wie die Schiffslieferung ankam. Einige trugen Schilder mit Aufschriften wie »STOPPT DIE QUARANTÄNE – JETZT«, als ob das die Regierungsmeinung irgendwie ändern würde.
    Die Straßen rund um den Hafen waren mit parkenden Autos verstopft, deshalb hielten wir ein paar Querstraßen entfernt und rannten den Rest des Weges. Wegen der Schutzmaske konnte ich kaum richtig atmen. Ich hörte es in der Menge husten, und wir kamen an einer Frau vorbei, die stehen geblieben war, um sich am Knie zu kratzen. Meine Lungenflügel fingen an zu brennen. Ich wollte nur noch zurück zum Auto und weg von dort. Doch da entdeckte Mom Onkel Emmetts Wagen und hastete weiter. Ich hatte Angst, sie zu verlieren, wenn ich auch nur eine Sekunde lang die Augen von ihr abwendete.
    Gerade war ein Schiff eingelaufen – unsere Fähre. Ein paar Männer und einige Frauen in Militäruniformen standen im Halbkreis auf dem Asphalt zwischen der Menschenmenge und der Anlegestelle. Und an der Reling der Fähre lehnten noch ein paar weitere. Sie hatten diese unförmigen Masken auf, die ich im Fernsehen gesehen hatte, und alle trugen ein Gewehr. Ich fragte mich, ob sie wohl die Leute von der Regierung durch die Stadt geleiten und

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