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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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Menschen zu verlieren; es ist, als ob man vergewaltigt wird.«
    Wie bei der Zerstörung von Besitztümern durch Naturkatastrophen geht es auch bei einem Einbruch nicht in erster Linie um den materiellen Schaden. Was schmerzt, ist die Verletzung der eigenen, intimen Welt, die man sich in seinen vier Wänden aufgebaut hat. Was schmerzt, ist der Verlust eines Teils des Selbst, den ein gestohlener Gegenstand symbolisiert. »Ich war erleichtert, dass sie nur das Geld genommen haben«, betonte ein weibliches Einbruchsopfer in einer französischen Studie. Geld ist abstrakt und kann ersetzt werden. Viel schlimmer ist der Verlust von Dingen, in die man Zeit und Energie investiert hat oder die einen an jemanden oder etwas erinnern. Eine amerikanische Studentin, deren Fahrrad gestohlen worden war, klagte den unbekannten Dieb in einem Zeitungsinterview an: «Es tut weh, mir vorzustellen, dass jemand etwas verkauft, das für mich viel wertvoller ist als Geld. Jeder, der ein Fahrrad besitzt, verbindet mit ihm eine bestimmte Geschichte, die es zu mehr macht als einer Maschine. Und das hast Du mir geklaut. Du hast ein Stück meines Lebens gestohlen. Du hast Dich mit meinen Erinnerungen aus dem Staub gemacht!«
    Zu solchen Empfindungen zu stehen, scheint indes nicht immer leicht zu sein. »Wenn jemand den eigenen Sachen Schaden zufügen will, ist das genauso, als ob er beabsichtigt, einen selbst zu schädigen«, betonte eine bestohlene Frau in der Belk-Studie – nur um sich sogleich selbst zu korrigieren: »Das muss man natürlich mit einem gewissen Abstand betrachten. Letztlich bleiben Dinge nur Dinge.« Wer tiefe Gefühle für Gegenstände offenbart, das ist wohl die Sorge, riskiert, übermäßig materialistisch zu wirken.
    Dabei dürfen Opfer von Eigentumsdelikten durchaus mit Verständnis und Mitgefühl rechnen. So scheint beispielsweise Polizisten die Schmerzhaftigkeit eines Diebstahls von persönlichen Dingen bewusst zu sein. In einer amerikanischen Studie über die polizeiliche Handhabung von Einbrüchen zeigte sich, dass die befragten Beamten umfangreichere kriminalistische Techniken benutzten, wenn bestimmte Arten von Gegenständen, etwa Schmuck oder Dinge mit hohem Erinnerungsgehalt, gestohlen wurden. So untersuchten sie den Tatort überdurchschnittlich oft nach Fingerabdrücken und das unabhängig davon, welchen Wert der gestohlene Besitz hatte. Die Soziologin Barbara Stenross, die diese Studie durchführte, interpretierte das so: Die Polizisten würdigten auf diese Weise die besonders große Not der bestohlenen Besitzer.
    Not der bestohlenen Besitzer – da muss ich unweigerlich an eine Zugfahrt vor rund zwanzig Jahren denken. Ich verbrachte gerade ein Auslandssemester in Dublin, war aber zu Weihnachten nach Hause gekommen. Nach den Feiertagen machte ich mich gemeinsam mit meinen Eltern zu Freunden nach Österreich auf, um dort den Jahreswechsel zu feiern. Auf der Rückreise passierte es. Salzburg – Köln ist eine lange Fahrt. Kurz hinter Würzburg legten wir einen Besuch im Speisewagen ein. Zurück im Großraumabteil, fehlte mein Gepäck. Die Koffer meiner Eltern waren da, aber meine Reisetasche war aus der Ablage verschwunden. Ich bekam Panik: Wir fragten Mitreisende, aber ihnen war nichts aufgefallen. Schließlich wandten wir uns an den Kontrolleur, der uns an die Polizei verwies.
    Ich sehe mich noch im Bahnhofsrevier in Köln stehen: Ich war wie betäubt, wollte nicht glauben, dass meine Sachen verloren waren. Der Beamte, der meine Anzeige aufnahm, machte mir wenig Hoffnung: Banden würden am Hauptbahnhof in Frankfurt gezielt Züge besteigen und diese am Flughafen mit ihrer Beute verlassen, eine Sache von zehn Minuten. Sie würden die Wertgegenstände herausnehmen, der Rest würde weggeworfen. Eine unglaubliche Wut stieg in mir auf, gleichzeitig liefen mir die Tränen über die Wangen. Ich dachte an die Unterlagen für die Seminararbeit in Dublin, die ich mitgenommen hatte, an die schöne Strickjacke, die mir meine Eltern zu Weihnachten geschenkt hatten, an Fotos von irischen Freunden und vor allem an mein Tagebuch, das ebenfalls in der Tasche war. Als ich mir vorstellte, Fremde würden über meine geheimsten Gedanken und Gefühle lesen, wurde mir regelrecht schlecht. Über Stunden konnte ich mich nicht beruhigen. In den nächsten Tagen fantasierte ich, die Diebe würden mich aufspüren, um mir weiteren Schaden zuzufügen. Es dauerte Wochen, bis ich an den Raub denken konnte, ohne Stiche in der Magengegend zu

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