Wir Tiere: Roman (German Edition)
standen Müllsäcke, prall gepackt mit unseren Sachen, das weiße Plastik spannte sich zu einer milchigen Durchsichtigkeit, und hier und da waren sie von den Kanten von Briefen, Umschlägen und Bildern durchstochen. Ma hatte sich in der Kabine auf die Bank gelegt und gesagt, sie brauche ein Nickerchen, hatte sich gegen das Tageslicht einen Unterarm über die Augen geschoben – und überall auf der Wiese lag Tau, zersplitterte die Sonne in Lichtflecken, eine Million Babysonnen, die sich an das Gras klammerten.
Wir drei Jungs trampelten im Park herum, den Pick-up immer im Auge. Wir entdeckten einen Schössling, der von einem Hühnerdrahtgeflecht geschützt war, und wir bogen den Baum bis zum Boden, bis er fast am Fuße des Stamms abbrach – das gelbe Fleisch in der Rinde war feucht und traurig. Zwei taten sich gegen den Dritten zusammen, dann wechselte plötzlich einer die Seiten, ein neuer Bruder wurde gepiesackt und ausgestoßen, dann ein weiterer Verrat und noch einer. So verbrachten wir den langen Morgen und die frühen Nachmittagsstunden und sprachen nichts anderes aus als Drohungen und Abfälligkeiten, sagten: »Ach ja?«, und fluchten. Wir redeten nicht darüber, was als Nächstes passieren könnte; wir waren harte, mutige Jungs.
Auf der Wippe hielt mich Joel in der Luft als Geisel.
»Lass mich runter«, sagte ich.
»Du Mädchen, ich lass dich nie wieder los«, sagte Joel – dann tat er es doch. Er sprang ab und ließ mich zu Boden knallen. Mein Steißbein bäumte sich auf, vibrierte, drohte zu explodieren. Trotzdem stieg ich wieder auf und sagte: »Versprochen, du machst das nicht noch mal?«
Joel versprach es.
Und wieder.
Und wieder.
Wir kämpften uns am Flussufer vor, bahnten uns einen Weg durch das Brombeergestrüpp. Weiter vorn gab es eine Stelle, wo der Highway den Fluss überquerte, und wir beschlossen, die steile Böschung hinaufzusteigen. Die Erde war locker, und es gab nicht viel, woran man sich festklammern konnte, aber wir schafften es bis nach oben, Joel schob von hinten, Manny zog von vorn, nachdem er oben angekommen war. Wir gingen hintereinander die große vierspurige Straße entlang, halb über die Brücke, dann setzten wir uns so, dass unsere Beine über die Kante baumelten und unsere Arme auf dem Geländer lagen. Wir konnten die Luft in unseren Nacken spüren, wenn die Autos vorbeischossen und summten. Die Leute hupten und brüllten aus den Fenstern, wir sollten gefälligst verschwinden, eine Frau hielt im Unkraut auf der anderen Seite der Überquerung an und rief, dass das kein Sitzplatz für kleine Jungs sei. Wir kümmerten uns nicht um sie, aber sie kam unsicher auf uns zu und bot uns an, uns hinzufahren, wohin wir wollten. Wir lehnten höflich ab und sahen auf unsere Füße, aber sie bestand darauf, dass sie uns nicht guten Gewissens einfach da sitzen lassen könne, bis Manny schließlich aufstand und sagte: »Hör mal, du Schlampe«, und ein Stück Asphalt hochhob, dann schlossen sich Joel und ich ihm an, und wir sagten: »Schlampe, Schlampe«, und griffen uns, was immer wir fanden. Die Frau ging rückwärts zu ihrem Wagen.
Als wir in den Park zurückkehrten und nachschauten, ob Ma noch immer im Pick-up schlief, fragte Joel: »Was zum Teufel machen wir hier?« Aber die Frage kam gar nicht an, er hatte nur ganz leise gemurmelt, und sie war sowieso dumm.
Wir drehten ein Kanu um, banden es an einen Baum und stiegen hinein. Wir lauschten dem sanften Plätschern des Wassers, spürten den leichten Druck der Nachmittagssonne auf unseren Gesichtern und schliefen ein. Wir wachten zu dem Geräusch von Brezeln auf, die den Fiberglasboden des Kanus trafen und in den Fluss rings um uns platschten. Enten kamen herbeigepaddelt und schnappten sich stumm die Brezelstückchen aus dem Wasser. Ma saß auf einer Bank, lächelte uns an, dann lachte sie.
»Ich hab schon gedacht, man hätte euch gekidnappt!«, rief sie, griff in ihre Tasche und schmiss noch mehr Brezeln in unsere Richtung. Wir flatterten mit den Ellbogen und quakten, und sie versuchte, uns die Brezeln in den Mund zu werfen, aber sie war nicht besonders gut darin, uns zu füttern.
»Auf geht’s!«, sagte Ma, und wir folgten ihr zurück zum Pick-up, schnatterten über den Tag, klatschten über all die gemeinen Dinge, die gesagt worden waren, und stritten uns darum, wer am Fenster sitzen durfte. Wir linsten in ihre Handtasche; sie war noch halb voll mit Brezeln, und wir fragten, woher sie die denn habe.
»Eure Mutter«, antwortete
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