Wir tun es für Geld
dabei sein müssen… huhu. Du kennst Frau Gruber nicht. Die… Gut, lassen wir das.«
Immerhin hat mich der Gedanke an Frau Grubers fieses Alphatiergehabe plus ihren erdfarbenen Lippenstift wieder auf den Boden geholt und Ekkehart macht keine erkennbaren Anstalten, mich aus der Wohnung zu bitten.
»Hm, also, jetzt sag mal, wieso hast du denn keinen Plattenspieler?«
Ist doch wahr. Er müsste nur eine Hypothek auf eins seiner Kabel aufnehmen und könnte sich sofort einen kaufen.
»Ich möchte nicht darüber sprechen.«
* * *
»Komm doch rein.«
»Und ich störe auch wirklich nicht?«
»Iwo.«
Er setzt seine Füße vorsichtig einen nach dem anderen über unsere Schwelle. Während ich den Plattenkarton ins Wohnzimmer wuchte, sieht er sich nervös um.
»Und äh, deine Frau ist noch nicht da?«
»Hihi, nein, meine Frau arbeitet noch.«
Irgendwie ist er drollig. Trotz seiner schätzungsweise 35 Jahre benimmt er sich wie ein Abiturient, der zum ersten Mal von zu Hause weg ist. Der muss dringend gelöster werden.
»Machs dir gemütlich.«
»Danke schön. Sehr… wohnlich, euer Wohnzimmer.«
Ja. Ines hat einfach mal guten Geschmack. Nur keine Zeit um das Ganze hier mal so richtig von Studentenbude auf Wohlfühlort hochzubürsten. Da müsste wirklich noch einiges geschehen.
»Bierchen, Ekkehart?«
»Was?«
»Bierchen?«
»Bier, ja, ach so, hm, ja… jaja, doch, stimmt, natürlich Bierchen.« Er lächelt. »Ja, doch, gerne, wenn es keine Umstände ma… Hupsa! Na, das ging ja gerade noch mal gut, hehe.«
Normalerweise werfe ich nicht mit Bierflaschen, aber das musste jetzt sein. Aus therapeutischen Gründen.
»Ähm, wo finde ich einen Öffner… Hupsa, danke, hehe… Oh, das ist aber ein Feuerzeug, Lukas.«
»Gib her.«
Plopp, plopp.
»Ah, verstehe.«
Ich trinke die halbe Flasche in einem Zug aus. Zugegeben, ich übertreibe etwas mit meinem Proll-Gehabe, aber wann hat man schon einen Abiturienten, der gerade zum ersten Mal von zu Hause weg ist, im Wohnzimmer? Dem muss man einfach zeigen, wo es im richtigen Leben langgeht.
»Hm, und das ist eure Hifi-Anlage?«
»Du musst jetzt ganz tapfer sein: ja.«
»Hmhm.«
Er steht auf, rückt sich die Brille zurecht und beginnt die Angelegenheit mit Blicken zu röntgen. Es ist alles wild zusammengewürfelt. Plattenspieler und Verstärker von mir, Boxen von Ines, CD-Player von keine Ahnung.
»Brauchst kein Blatt vor den Mund zu nehmen, Ekkehart. Nicht ganz dein Standard, was?«
»Nun ja, immerhin ein Technics-Plattenspieler.«
Genau. Das ist doch besser als gar keiner, hihi. Aber ich halte den Mund.
»Die Boxen sollten wir aber anders aufstellen. Darf ich?«
He, Abiturienten, die das erste Mal von zu Hause raus sind, räumen doch nicht einfach fremde Wohnzimmer um? Doch, sie tun es.
»So, die müssen näher zusammen, ein Stück von der Wand weg und, ganz wichtig, auf Ohrhöhe… Oh, und der Sessel muss noch weg. Der ist eine akustische Barriere.«
Wie viel Energie das Kerlchen noch hat, nach so einem Umzug.
»So, das hätten wir. Stühle als Boxenständer sind natürlich nur ein Provisorium. Als Endlösung müsst ihr euch was besorgen, was nicht mitschwingt. Je schwerer, desto besser. Notfalls gehen auch Kalksandstein-Ziegel.«
»Okay. Wollen wir jetzt die Bill Evans…?«
»Moment.«
Er öffnet den Plattenspielerdeckel, neigt den Kopf herunter und zieht eine Lupe aus der Hosentasche.
»Um Himmels willen! Wann ist hier denn zum letzten Mal die Nadel gewechselt worden?«
Manno.
»Weiß nicht genau. Vielleicht noch nie? Lass uns doch einfach hören.«
»Ich muss schon sagen, die hat ja mehr Ähnlichkeit mit einem Gabelzinken als mit einer Nadel.«
Weia, er hat vor Empörung rote Flecken auf den Wangen bekommen.
»Meine audiophilen Platten würde ich mit dieser Nadel niemals abspielen. Niemals!«
»Okay. Aber die Bill Evans?«
»Lass mich sehen. Ach, das ist diese höhenlastige Nachtclub-Liveaufnahme mit den vielen Störgeräuschen.«
Das ist eine der größten Sternstunden der abendländischen Musikgeschichte, du Freak!
»Ja, genau. Die mit den Störgeräuschen.«
»Na gut, ausnahmsweise.«
Puh.
»Abstauben könntet ihr das Gerät auch mal wieder.«
»Na ja, wir hören ehrlich gesagt mehr CDs. Ich weiß schon, der digitale Klang, entsetzlich, schauderhaft, ganz fürchterlich, aber wir…«
»Nun ja, jeder wie er will. Wo finde ich eure Karbonbürste?«
»Wir haben keine.«
»Ah, ihr nehmt Nassreiniger. Das ist natürlich noch
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