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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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man gerne sehen will. Trotzdem, irgendwie liegt die Hose wirklich in Herzform. Kann man sagen, was man will. Wann verschwindet Stöckelein endlich?
    »Setz dich, Lukas, gleich geht es los.«
    Na gut. Ich lasse mich neben Ines nieder und lege meine Hände in den Schoß. Jemand beginnt einfältige pentatonische Figuren auf einer Akustik-Gitarre zu zupfen. Zwischen den Tönen lässt er endlos lange Pausen. Die sind auch bitter nötig, denn jeder Ton hallt so lange nach, dass man in einem schrecklichen Klangbrei ertrinken würde, wenn der Mann mehr spielen würde. Was für ein billiges Esoterik-Spektakel. Das ist es also, was Ekkehart wie seinen Augapfel hütet? Pff.
    Ines hat die Augen geschlossen.
    »Das klingt wunderbar.«
    »Nicht wahr? Sie haben allein drei Tage gebraucht, um die Mikrofone optimal in der Kathedrale aufzustellen.«
    »Wenn man die Augen zumacht, könnte man meinen, man ist jetzt wirklich dort.«
    »Na ja, ganz ehrlich gesagt, ihr müsstet das mal mit meiner Anlage hören. Dann glaubt ihr das sogar, wenn ihr die Augen aufmacht, hehe. Aber ich will euch jetzt nicht die Freude vermiesen.«
    »Echt? Das geht noch besser?«
    »Sicher. Für 6345 Euro allerdings nicht.«
     
    * * *
     
    Ines wollte sich tatsächlich eine ganze Schallplattenseite lang den Kathedralenzupfer antun. Ich hatte schon oft gehört, dass Hifi-Freaks in aller Regel einen miesen Musikgeschmack haben, dachte bis jetzt aber, dass dieses Gerücht ausschließlich aus Neid entstanden sei. Was für ein Irrtum.
    Zum Glück hat sich Ekkehart danach verzogen, allerdings nicht ohne anzudrohen, dass er uns demnächst mit neuen »audiophilen Kostbarkeiten« besuchen würde. Ja, er hat sogar angeboten, einmal testweise seine eigene Anlage samt Alien-Boxen (»zu dritt kriegen wir die locker das eine Stockwerk hochgetragen«) bei uns aufzubauen, solange sein neuer Plattenspieler noch nicht geliefert ist. Und, ich habe es gesehen, Ines hat sich dabei die Lippen geleckt.
    »Heh, wir hatten ausgemacht, dass wir Ekkehart hier raushalten wollen.«
    »Na ja.«
    »Wir haben gerade drei Nächte mit ihm in der Wohnung überstanden, und du gibst ihm schon wieder einen perfekten Grund, herzukommen?«
    »Aber hast du denn nicht gehört, was für ein Wunder das gerade war? Für 6345 Euro die Kathedrale von Amiens in unserem Wohnzimmer!«
    »Wir haben bald die Steuerfahndung im Wohnzimmer.«
    »Aber versteh doch, das ist eine völlig neue Entdeckung für mich. Ekkehart hat mir die Ohren geöffnet.«
    Entdeckung.
    Ja, stimmt. Warum rege ich mich eigentlich auf? Ich lächele, gehe langsam auf Ines zu und nehme ihre Hand.
    »Entschuldige, ich hatte nur kurz vergessen, dass es ja gar nichts mehr gibt, was er nicht rauskriegen darf.«
    »Moment, nicht so schnell.«
    »Okay.«
    Sie macht sich los und schaut mich nicht an.
    »Also, was da gestern war…«
    Sie wedelt mit beiden Händen herum. Das habe ich bis jetzt noch nie bei ihr gesehen.
    »Was da gestern war, das war…«
    Eine Eröffnung, ein Gedicht, ein Blick ins Paradies. Nein, sie wird nichts davon sagen. Sie wird sagen…
    »… ein Unfall.«
    Genau das. Warum habe ich es schon vorher gewusst?
    »Findest du wirklich?«
    Sie schaut mich immer noch nicht an.
    »Natürlich. Denk doch mal nach. Wir waren beide betrunken, ich habe lange keinen Sex mehr gehabt, weil Bernd dauernd unterwegs ist, und du, na ja, keine Ahnung, und wir haben auf einem Doppelbett gesessen und wir haben… also…« Sie wedelt weiter mit den Händen. Als wollte sie etwas verscheuchen. »Jedenfalls musste das irgendwie so kommen, oder?«
    »Du suchst eine Entschuldigung.«
    »Hör mal, ich bin mit Bernd zusammen.« Jetzt sieht sie mich zum ersten Mal richtig an. »Ich hatte nicht vor, ihn zu verlassen.«
    »Hatte?«
    »Habe.«
    »Hm.«
    »Schau mich doch nicht so an. Du bist es doch, der seit Jahrzehnten immer nur an einer Frau hängt.«
    »Ja, aber da ist, also ich denke, ganz ehrlich du, was… ins Wanken geraten.«
    »Das glaub ich jetzt nicht!«
    »Doch, wirklich.«
    Sie verbirgt ihr Gesicht kurz hinter den Händen, als hätte sie festgestellt, dass ihr Gesprächspartner den Verstand verloren hat und sie kurz überlegen müsse, wie es weitergehen soll.
    »Lukas. Das – geht – nicht.«
    »Okay, Ines, es ist alles ein ziemliches Durcheinander. Aber das muss doch nicht heißen, dass es… nicht geht.«
    »Ich bin verheiratet, kapier das doch mal.«
    »Ja.«
    »Ich meine natürlich vergeben.«
    Sie wird rot und wendet sich von mir ab.

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