Wir tun es für Geld
der Toni die Freikarten für hatte, kennengelernt, und jetzt waren sie wieder in der Stadt, weißt du? Und das mit den Rückenschmerzen kam, glaube ich, von, kicher, na ja…«
Dieser Schalter funktioniert heute nicht. Auch dann nicht, wenn sie mit dem Holzhammer draufhaut.
»Sei lieber froh, dass du keine Kopfschmerzen davon bekommen hast.«
»Wieso Kopfschmerzen?«
»Ach, Vani.«
»Heh, Vani hast du mich ja noch nie genannt.«
»War ganz spontan.«
»Klingt süß.«
Nicht zu fassen. Ich bin so eifersüchtig wie noch nie in meinem Leben, aber es hat nicht das Geringste mit Vanessa zu tun. Ich denke an Ines. Sie hat ihre Termine heute extra so gelegt, dass sie Bernd vom Flughafen abholen kann. Ich stelle mir vor, wie sie mit einem Blumenstrauß in der Hand am Gate auf ihn wartet, ganz wie ein reumütiger untreuer Ehemann. Nur gut, dass ich das Eifersüchtigsein all die Jahre mit Vanessa trainieren konnte, sonst würde ich wahrscheinlich krepieren.
Wegen Vanessa liegt mir etwas ganz anderes auf der Seele…
»Vani sage ich immer zu Vanille-Eis. Eine Kugel Vani bitte. Ist mein Lieblingseis, weißt du ja, Lulu.«
Habe ich die ganzen Jahre mit Vanessa verbracht, nur weil ich sie schön finde?
»Vani könnte auch eine Abkürzung für vanitas sein.«
»Oh ja, Señora Vanitas und ihre Chicas machen ganz Barcelona verrückt. Caramba!«
»Nee, vanitas ist Lateinisch.«
»Und was heißt es, bitte schön?«
»Das willst du nicht wirklich wissen.«
»Ah, was Unanständiges, hihi.«
»Sehr unanständig.«
Vanessa winkt irgendeinem Kerl zu, der an der Bar sitzt und schon so lange auf ihr Winken gewartet hat, dass er nun seinen inneren Freudentaumel darüber kaum verbergen kann. Er sieht ganz anders aus als ich. Behäbig, halblange dunkle Haare, breites gebräuntes Gesicht, weißes T-Shirt, dunkler Sakko und, wenn man böswillig ist, Tendenz zu Wurstfingern. Normalerweise hätte ich in ihm sofort einen Feind erkannt, gegen den ich um Vanessas Aufmerksamkeit kämpfen muss. Aber heute sehe ich es anders. Er ist wie ich und ich bin wie er. Wurstfinger und ich meinen um Vanessas Aufmerksamkeit kämpfen zu müssen. Und wir tun es. Aber nicht, weil wir das so entschieden haben. Wir kämpfen, weil Vanessa es so will. Wurstfinger und ich sind arme Würste.
Ich gebe mir einen Ruck.
»Ich muss langsam los.«
»Wart mal.«
Vanessa steht auf und schwebt mit ausgebreiteten Armen auf Wurstfinger zu. Ich soll dabei ihre Pobewegungen beobachten. Und, wie kann es anders sein, ich tue genau das. Und, schlimmer noch, ich schaffe es nicht, einfach aufzustehen und zu gehen. Ich versuche es immer wieder, aber kurz bevor ich mich bewege, nagelt sie mich mit einem präsise abgeschossenen Blick auf meinem Stuhl fest. Ich komme nicht dagegen an. Wenn es sein müsste, würde ich jetzt jeden Termin der Welt sausen lassen.
Nach einer Weile kommt sie zurück.
»Das war Ludolf. Modefotograf.«
Irgendwie schafft sie es, Modefotograf so auszusprechen, dass es wie erstaunliche Penislänge klingt. Und sie legt dabei wieder ihre Hand auf meinen Oberschenkel, als wäre ich sonst nicht in der Lage, den Sinn ihrer Worte zu erfassen.
»Komm, wir gönnen uns ein Glas Sekt.«
Ich werde dieses Café nicht verlassen, ohne dass sie es erlaubt. Keine Chance. Ich habe dieses Café noch nie verlassen, ohne dass sie es erlaubt. Und sie wird auch bestimmen, ob ich alleine gehe oder mit ihr zusammen.
* * *
»Ups.«
»Tschuldigung.«
* * *
Ich sitze allein im Wohnzimmer und drehe an den Knöpfen von Ines’ neuem Verstärker herum. Nein, Vorverstärker natürlich. Modell Trigon SnowWhite. Ja, wirklich ein schönes kleines Ding. Zwei Drehregler, ein Ausschalter, sonst nichts, alles in strahlendem Weiß, wie auch die beiden Endstufen, die darunter stehen. Und die Boxen haben nicht das Geringste mit der wuchtigen Hässlichkeit der Granit-Aliens zu tun, die ich mit Ekkehart die Treppen hochschleppen musste. Schlichter, leicht abgerundeter Korpus aus leuchtend rotbraunem Holz mit feiner Maserung, das auch aus der Innenausstattung eines Rolls-Royce stammen könnte. Ein wunderbarer Kontrast zum Weiß der Verstärkersammlung.
So sehr es mir widerstrebt das anzuerkennen, aber Ekkehart hat ein Händchen. Das hier ist keine Stereoanlage für Nerds, sondern ein elegantes Wohnaccessoire für Damen mit Klasse. Noch steht alles provisorisch auf dem Boden vor dem großen Regal. Ich trete einen Schritt zurück. Dadurch, dass wir so lange hier gewohnt
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