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Wir waren unsterblich (German Edition)

Wir waren unsterblich (German Edition)

Titel: Wir waren unsterblich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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mit roter Farbe in diesem vergessenen Keller an die Wand gepinselt hatte, war kein Witzbold. Ich glaubte seine Bosheit zu spüren. DER LICHTLOSE hatte sie hinterlassen wie eine animalische Duftmarke. Nicht mit dem Geruchssinn wahrnehmbar, sondern mit dem Geist. Und mit den Hoden. Ganz klein und hart wurden sie und versuchten in den Körper zu kriechen.
    Er ist noch hier!, durchfuhr es mich. DER LICHTLOSE ist vielleicht ganz in meiner Nähe. Und dieses Mal will er nicht nur einen Hund töten.
    Ich taumelte in den Raum zurück, schloss die Tür. Es gab keinen Schlüssel, keinen Riegel, mit dem ich sie verschließen konnte. Ich stemmte mich gegen das Holz und in meinem Körper war ein einziger, überlauter und rasender Herzschlag.
    Vor dem Fenster erlosch das allerletzte Orange der längst untergegangenen Sonne.

    Nur Minuten trennten den Tag von der Nacht. Ich musste das Fenster zerschlagen. Selbst wenn ich nicht hindurchklettern konnte, würde vielleicht jemand mein Rufen hören. Ich griff nach einem der verstaubten Einmachgläser, holte aus und warf es mit aller Kraft. Es traf exakt auf einen der vier Gitterstäbe und zerbarst. Das zweite – Stachelbeeren 1969 verblasstein geschwungener Schreibschrift auf dem Aufkleber – wog schwer in meiner Hand. Es durchschlug die Fensterscheibe wie ein Geschoss. Mit dem Ellbogen stieß ich die Scherben aus dem Rahmen, umklammerte die rostigen Stäbe und spähte nach draußen. Ich brüllte, so laut ich konnte. Es war mir völlig egal, ob mich der Bauer hörte oder nicht. Ich wollte nur endlich hier raus.
    Zuerst vernahm ich hektisches Wispern, dann ein halblautes: „Ritsch?“ Das war eindeutig die Stimme von Markus gewesen.
    „Ja! Ja! Hier ... hier unten!“ Es war mir völlig gleichgültig, dass sich meine Stimme überschlug.
    „Er ist im Keller“, hörte ich Töffel ängstlich flüstern. Es klang fast so, als hätte er gesagt: „Er ist so gut wie tot.“
    Schatten verdunkelten plötzlich meine Sicht. Ich stieß einen spitzen Schrei aus, ließ die Gitterstäbe los, als wären sie von einer Sekunde zur anderen glühend heiß und landete rücklings auf dem Boden.
    Markus und Leo starrten mit großen Augen von außen durchs Fenster.
    „Der Keller ist doch tabu“, stellte Leo fest.
    „Die Tür ist zugeschlagen. Ihr müsst mich hier rausholen.“
    Markus und Leo nickten gleichzeitig, sahen sich an – tauschten stillschweigend ein Das kann auch nur einem passieren! aus – und verschwanden. Töffel kam näher, hielt aber einen Meter Abstand zu dem finsteren Loch. „Ritsch, du siehst ganz schön fertig aus. Wie ...äh... ist es da unten?“
    „Jemand hat etwas an die Wand geschrieben.“
    Töffel sah jetzt sehr ängstlich aus. Ich befürchtete, er würde jeden Augenblick davonlaufen. „Wer?“
    „Du solltest es dir mit den anderen ansehen.“
    Er schüttelte seine strohblonden Haare. „Ich kann nicht.“
    Weit hinter mir öffnete sich knirschend die Tür zur Kellertreppe. Markus rief laut meinen Namen. Ich wagte mich auf den Gang. Zuerst wollte ich sofort nach oben stürmen, doch dann zögerte ich. Sie würden mir kein Wort glauben, sie mussten die Botschaft mit eigenen Augen sehen.
    „Hier steht etwas an der Wand! Das müsst ihr unbedingt lesen!“
    Verblüfftes Schweigen, dann trug der Schall Markus Stimme durch das Labyrinth. „Es ist zu dunkel! Wir sehen nichts!“
    Nervös wandte ich mich zum Fenster. Undeutlich erkannte ich Töffels Silhouette. Er hatte den Abstand auf zwei Meter vergrößert.
    Schritte näherten sich. Vorsichtig und unsicher. Ein schwacher Lichtschein flackerte ihnen voran. Die gelbblaue Flamme eines Streichholzes in der rechten Hand von Markus. Die Gestalt hinter ihm musste Leo sein.
    „Wo ist Hilko?“, fragte ich.
    „Keine Ahnung“, erwiderte Markus. „Als der Bauer auftauchte, sind wir übers Dach abgehauen. Ich dachte, er wäre die ganze Zeit hinter mir. War er aber nicht. Hoffentlich ist er nicht von Grote erwischt worden.“
    Das Streichholz erlosch. Markus warf es fort. Die Glut zog einen winzigen Kometenschweif und erkaltete, ehe sie den Boden erreichte. Augenblicklich stürmte die Dunkelheit von allen Seiten auf uns ein. Markus hantierte hastig mit der Streichholzschachtel. Ratsch! Neues Licht, begleitet von Schwefelgeruch.
    „Was willst du uns zeigen?“, fragte Markus. „Noch einen toten Köter?“ In der linken Hand hielt er jetzt mindestens ein halbes Dutzend Streichhölzer. Bereit, schnell eines nach dem anderen zu

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