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Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Titel: Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Beitzer
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gemacht wird. Oder besser gesagt: im Idealfall gemacht werden sollte. Das Aufkommen der Piratenpartei ist da bloß ein einzelnes, für alle sichtbares Zeichen eines viel tiefer gehenden Umbruchs.

Mitmachen, mitreden
    Was sich durch das Internet am meisten geändert hat, ist die Kommunikation – und das sollten auch Politiker langsam mal kapieren. Die meisten von uns sind heute ständig online. Vergessen sind die Zeiten, als Unternehmen den Mitarbeitern den Internetzugang verweigerten, weil sie Ablenkung fürchteten. Das Netz gehört heute zum Leben dazu und ist für die meisten jungen Leute ständig präsent: im Büro, auf dem Smartphone, zu Hause auf dem Tablet- PC , auf dem Laptop im Zug. Wir recherchieren online, kaufen online ein, lesen online, schauen online Fernsehserien. Was dort aber am meisten getan wird: geredet.
    Sei es die 20 -jährige Studentin, die täglich mit ihren Freundinnen über Facebook chattet, sei es der 18 -jährige Schüler, der sich mit anderen zu Online-Rollenspielen trifft, sei es die 30 -jährige Lehrerin, die ihre Freunde mit Anfragen für Farmville nervt, der 35 -jährige Hobbymusiker, der eigene Videos auf MyVideo hochlädt, die Journalistin, die sich auf Twitter mit Kollegen austauscht, oder die Kreative, die auf Pinterest Kollagen aneinanderklebt. Virtuell, versteht sich. Wir können uns kaum noch daran erinnern, wie man vor Google Maps und iPhone den Weg an einen unbekannten Ort gesucht hat!
    Privates und Berufliches, Politik und Emotion, Engagement und Zeitvertreib vermischen sich, lassen sich nicht mehr so einfach trennen. Früher war es vielleicht so: Im Büro setzte man sein professionelles Gesicht auf, beim Stammtisch ging es dann um Politik und daheim las man den Kindern mit verstellter Stimme Märchen vor. Inzwischen vermischt sich das mehr und mehr. Mails vom Chef checken wir auch nach Feierabend, und gleichzeitig surfen viele von uns während der Arbeitszeit hin und wieder im Internet. Wir können, noch während wir das Abendessen für unsere Kinder kochen, schnell einen politischen Kommentar auf Twitter abgeben.
    Das hat natürlich zur Folge, dass sich die einzelnen Rollen nicht mehr so leicht voneinander trennen lassen, dass wir uns schwertun, unsere Persönlichkeit einzuteilen in «Karrierefrau», «beste Freundin», «Feministin» und «Mama», in «Chef», «Papa», «Fußballkumpel» und «Ortsvereinsvorsitzender».
    Für viele Ältere ist ein Leben wie dieses ein Albtraum: Ständig erreichbar sein, immer etwas sagen, etwas schreiben, etwas posten müssen, ständig anderer Leute Blicken ausgesetzt sein. Wo bleibt denn da die Zeit zur Entspannung? Das Nichtstun? Wann soll man da noch ein Buch lesen? Oder gar arbeiten? Und wie soll man sich verhalten im Netz – wie viel privat ist zu viel? Was passiert, wenn ich mich verplappere? Und was mache ich, wenn mir mein Chef auf Facebook eine Freundschaftsanfrage schickt? Die Regeln, die sie sich für ihr Leben auferlegt haben, zählen nicht mehr – das verwirrt viele.
    Düster zitieren vor allem in Ehren ergraute Politiker Studien zur «Internetsucht» – ein Begriff, der bei Digital Natives höchstens für Erheiterung sorgt. Ein Piratenabgeordneter twitterte einmal nach einem für seine Verhältnisse erstaunlichen Offline-Samstag sinngemäß: «Bei Familienfeiern anerkannt: schon nachmittags Alkohol trinken. Bei Familienfeiern nicht anerkannt: auf sein mobiles Endgerät gucken.» Während also Alkoholkonsum, der ja auch süchtig machen kann, völlig selbstverständlich akzeptiert wird, verstehen die Alten einfach nicht, warum man bei einer Familienfeier verdammt noch mal in sein blödes Handy schauen muss.
    Sind wir also internetsüchtig? Klar, man kann nach Anerkennung süchtig sein, nach Lob. Nach Pornos und nach Glücksspiel. Und vieles davon findet man inzwischen auch online. Aber dann ist man eben süchtig nach Pornos, Glücksspiel oder Like-Buttons. Nicht nach «dem Internet». Die reine Lust am Austausch, an der Kommunikation ist wohl eher ein grundmenschliches Bedürfnis als eine Sucht. Und sie ist nur dann sinnlos, wenn man zwar selbst unheimlich geschwätzig ist, aber sich nicht auf das einlässt, was andere sagen. Wer früher stundenlang ins Telefon gequatscht oder mit seinen Kumpels Karten gespielt hat, der kann das heute eben auch online machen. Und noch dazu mit Leuten, die er nicht persönlich kennt.
    Wie sich diese Veränderungen auf die Generation Y auswirken, haben die verblüfften Manager bereits

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