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Wir zwei allein - Roman

Wir zwei allein - Roman

Titel: Wir zwei allein - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel , Kimche AG <Zürich>
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aufgerissenen Augen. Ich bin in der falschen Wohnung. Ich war von Anfang an immer in der falschen Wohnung, habe die falsche Vermieterin nach dem Ersatzschlüssel gefragt. Habe mit Theres nie Ausflüge in den Schwarzwald gemacht, habe nie mit ihr die Nacht verbracht, habe nie mit ihr gefrühstückt, habe sie nie geküsst. Wie konnte meine Vorstellung das alles erfinden? Die Farben. Theres’ Geruch. Das Gefühl bei einer ihrer Berührungen. Ihr schüchternes Lächeln. Die Wärme ihres Kusses. Die Sanftheit ihrer Stimme in meinem Ohr. Theres’ Ideen von einem Kalifendasein in dieser südlichsten deutschen Provinz. Von einem Märchen, das in einer Welt voller Langeweile spielt.
    Ein komisches Geräusch, mein Lachen in diesem Raum. Ich schließe die Tür, ich hebe ein T-Shirt vom Boden auf und wische die Klinke ab. Ich gehe in die Küche, wische die Klinke des Fensters ab. Ich wische auch das Rollladenband ab, das in der Wand verschwindet. Ich verlasse die Wohnung. Ich steige die Treppe hinab, trete hinaus in den Regen, der sich warm anfühlt auf meinem Kopf und in meinem Gesicht und der mein T-Shirt schnell durchnässt hat. Ich sehe mein eigenes Spiegelbild in der Scheibe des Sprinters. Da steht ein Mann. Dürr, eingefallenes Gesicht, die Augen in tiefen Höhlen. Ich schüttle den Kopf, er schüttelt den Kopf. Ich lache. Der Mann in der Scheibe lacht nicht. Er schneidet eine müde Grimasse. Er tut mir auf einmal sehr leid.
    Ich stehe in ihrem Schlafzimmer, die Türklinke in der Hand, die aufgestaute Luft schlägt mir entgegen, und ich sage: Theres, ist dir nicht gut?
    Ich bin nur etwas müde, sagt Theres. Sie öffnet kaum die Augen. Ihre Stimme ist sehr leise. Ihre Haare sind plattgedrückt, sie liegt unter der Decke. Sie hat sich richtig reingewühlt in die Decke. Draußen sind es trotz Regen dreißig Grad.
    Theres. Hast du Fieber? Hast du dir eine Grippe geholt?
    Ich bin nur etwas müde, sagt sie.
    Es ist Mittag. Hast du heute schlecht geschlafen?
    Ich weiß nicht.
    Seit wann liegst du im Bett?
    Ich weiß nicht.
    Sie bewegt sich ein bisschen, atmet schwer aus.
    Ich steige über die Nähmaschine, stolpere über einen roten Lederstiefel, den ich noch nie gesehen habe. Ich ziehe die Rollläden hoch, graues Licht flutet in den Raum. Ich reiße das Fenster auf. Das Platschen des Regens auf dem Fensterbrett. Theres drückt ihr Gesicht in die Decke. Sie stöhnt. Kannst du das wieder zumachen?, sagt sie.
    Theres. Du musst aufstehen.
    Sie hat die Augen geschlossen. Ich bin müde, flüstert sie. Komm doch morgen wieder. Ich möchte noch etwas schlafen.
    Es ist mitten am Tag, sage ich.
    Musst du nicht arbeiten?, fragt sie.
    Doch, sage ich. Vielleicht magst du ja mitkommen?
    Vielleicht morgen, sagt sie.
    Wir könnten zusammen rausgehen. Wir könnten in dieses neue Café am Dreisamufer. Du könntest frühstücken.
    Und dann?
    Wie, und dann?
    Wozu soll ich frühstücken? Was kommt danach?
    Keine Ahnung, sage ich. Wir könnten spazieren gehen.
    Theres lacht leise. Ein guter Freund von mir hat jede Woche seine Wohnung mit einem Staubwedel entstaubt, sagt sie. Er hat den Staub in seinem Keller ausgeschüttelt. Er wollte beweisen, dass man einen Raum ganz mit Staub füllen kann. Ich weiß bis heute nicht, was damit bewiesen wäre. Aber irgendwie hat es eben doch Sinn. Findest du nicht?
    Ihre Stimme. Heiser. Wie aus einer Ferne.
    Theres, sage ich. Du könntest mit mir mitfahren. Nach Bötzingen. Dort kann man jetzt noch Kirschen sammeln. Und später muss ich nach Breisach.
    Stell dir vor, sagt sie mit dieser angsteinflößenden Stimme. Du wirfst dich in diesen Raum hinein wie in ein Bett, und der ganze Staub will auffliegen. Aber er kann nicht, weil der Raum voll ist, du knallst gegen eine Wand aus Staub. Du kommst in diesen Raum nicht rein. Verstehst du?
    Vielleicht musst du zu einem Arzt, sage ich.
    Nein, sagt sie. Bestimmt nicht. Ich nehme keine Tabletten.
    Du musst doch nicht gleich Tabletten nehmen, sage ich.
    Das ist nur ein schlechter Tag. Das geht wieder vorbei. Man muss ein bisschen schlafen. Es kommt alles von der Müdigkeit.
    Dieses Zwielicht im Zimmer. Das Prasseln des Regens von draußen. Meine Beine geben nach. Ich lasse mich auf den Boden sinken, lehne mich mit dem Rücken gegen die Wand. Atme aus.
    Wir könnten Lauch und Sellerie aus dem Sprinter holen, höre ich mich sagen. Kartoffeln. Karotten. Wir könnten einen Eintopf kochen. Das wird uns beiden guttun. Eine Brühe mit Gemüse aus dem Umland.
    Theres atmet

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