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Wir zwei allein

Wir zwei allein

Titel: Wir zwei allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Nawrat
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gleiten. Sie deutet auf die andere Uferseite, wo dicht über dem Wasser zwei Libellen in der Luft stehen, sich mit Blicken messen, dann greift die Kleinere von beiden die mit dem türkisblauen Leib an. Es gibt ein Gemenge, die zwei bilden eine geschlossene Figur, ein Rad, das durch die Luft kugelt.
    Libellen lieben sich nur in der Luft, sagt Theres. Sie bleiben immer in der Schwebe. Verrückt, oder? Ich glaube, dass sie nur zum Sterben landen, aber das sehen wir Menschen nicht, weil sie sich dazu ein Versteck suchen. Einen abgelegenen Ort.
    Ich könnte mit dir den ganzen Tag hierbleiben, Theres, sage ich.
    Ich springe vom Ufer auf einen Felsen, auf den nächsten, der Bach strudelt, ich setze mich neben sie. Ich streife meine Schuhe ab.
    Sie rutscht auf dem Stein hin und her. Wir müssen mal weiter, sagt sie.
    Ich will sie küssen. Sie stemmt sich hoch, hüpft auf einem Bein, während sie sich einen Stoffschuh überstreift. Hält sich an meiner Schulter fest. Ich folge ihr aufs Ufer. Ich trete an sie heran, sauge ihren Geruch ein, der nach dem Aufstieg so intensiv ist.
    Sie bewegt sich nicht mehr. Sie hat die Luft angehalten. Ich will dir etwas…, sagt sie.
    Was?, sage ich.
    Ich weiß auch nicht. Nichts. Ich meine nur, dass bald die Mittagshitze anfängt.
    Geht es dir gut?
    Ja, es geht mir gut.
    Sie dreht ihren Kopf, stemmt sich weg von mir und schaut mich an. Sucht nach etwas in meinen Augen. Wie schön sie jetzt wieder ist, wenn dieser Kampf in ihr einsetzt.
    Theres, sage ich. Ist etwas passiert?
    Sie schaut zur Seite, schüttelt den Kopf, lacht.

    7    Theres. Vielleicht fange ich an, Pfeife zu rauchen. Stell dir vor, wie der Duft nach Kirsche-Vanille sich in unserem Garten ausbreitet, über den Zaun steigt, ins Tal sinkt. Wir könnten einmal ein altes Ehepaar sein, das auf der Bank vor dem Haus sitzt und nach Süden blickt. In der Stille unseres Wiesentals würden wir uns gegenseitig Erinnerungen vortragen an unsere ersten Tage hier. Weißt du noch, wie klein das Haus gewesen ist? Und jetzt ist es unendlich groß, es hat sich die ganze Welt einverleibt. Surinam im Wohnzimmer, Madagaskar im Flur, in der Küche das polnische Koszalin.
    Theres ist dabei, einen alten Schrank abzuschleifen. Ich trete durch unsere Hofeinfahrt, es ist ein anderer als ich, der hier denkt: unsere Hofeinfahrt. Als hätte ich einen Hof. Ich bin der, der in seiner Wohnung in der Stadt sitzt, im Sessel, neben sich die Yucca-Palme und vor sich das Bücherregal.
    Ich trete auf die Straße und steige zwei Kehren talwärts zum Friedhof neben der kleinen Kapelle. Ein buckliger Bergrücken schultert diesen Friedhof wie einen Schulranzen. Vor der Steinmauer parkt ein Volvo mit offenem Kofferraum, die Tür zur Kapelle ist angelehnt, im Innern Dunkelheit, jemand klopft dort mit einem Hämmerchen auf Kopfsteinpflaster. Ich gehe zwischen den Grabsteinen und Holzkreuzen umher, die Mittagshitze steht über dem Dorf im Tal. Kein einziges Geräusch ist zu hören außer diesem Klopfen aus dem Innern der Kapelle. Auf dem ganzen Friedhof scheint es nur drei Nachnamen zu geben: Behringer, Hämmerle und Lay. Ich verlasse den Friedhof durch ein Metalltürchen und stehe mitten in der Wiese. Vor meinen Füßen stieben Heuhüpfer davon. Jetzt hat das Klopfen hinter mir aufgehört. Ich drehe mich um und sehe einen Mann näher watscheln, der eher breit als hoch ist und sich die wenigen grauen Haare quer über die Glatze gekämmt hat.
    Es ist gut, wenn das Türchen geschlossen bleibt, sagt er, als er an der Mauer zum Stehen gekommen ist. Wegen der Hunde.
    Entschuldigung, sage ich.
    Macht nichts, sagt er. Kann man nicht wissen. Ich sollte ein Schild anbringen. Er schließt das Türchen. Dabei mustert er mich. Er hat einen Spachtel in der Hand. Ist ziemlich steil da, sagt er.
    Das stimmt, sage ich.
    Ist hier überall so steil, sagt er.
    Ein Wunder, dass sich die Kühe nichts brechen, sage ich.
    Manchmal brechen sie sich was, sagt er.
    Ach so.
    Ja, sagt der Mann. Er streckt sich und gähnt theatralisch. Ich mache einen neuen Boden, sagt er. Er schaut dabei in den Himmel hinauf. Dann lächelt er. Mein Sohn sollte schon längst wieder hier sein. Er holt Marmorplatten in Schönau.
    Ja?, sage ich.
    Ja. Er ist mit dem Auto gefahren.
    Das geht ja dann schnell, sage ich.
    Etwa eine Viertelstunde, sagt er.
    Er schaut eine Weile rüber zum anderen Hang. Ich verlagere mein Gewicht auf das obere Bein in der steil abfallenden Wiese.
    Es ist sowieso alles gut, sagt er.
    Er dreht

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