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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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das herunterkommt, reißt es den ganzen Hang und womöglich auch uns ins Tal mit.« Pietros Gesicht war blau vor Kälte. Er war dick, sehr kräftig und hatte einen dunklen, graumelierten Bart. Die braunen und durchdringenden Augen blinzelten jetzt wegen des starken Windes. »Guineppa möchte sich mit euch beraten. Kommt mit in seinen Wohnwagen.«
    »Und das da?« Jean-Luc zeigte hinauf.
    »Wenn es losgeht, geht es eben los.« Pietro lachte. »Kommt schon.« Er duckte sich unter die Rotoren und stapfte davon. »Kommt!«
    Jean-Luc musterte besorgt den Überhang. Er konnte noch wochenlang dort oben bleiben, genausogut aber auch jeden Augenblick in Bewegung geraten. Der Himmel über dem Gipfel war leuchtend blau. Trotzdem wärmte die Nachmittagssonne kaum. »Bleib hier, Scot, laß sie im Leerlauf«, rief er und folgte Pietro unbeholfen durch den tiefen Schnee.
    Mario Guineppas Zwei-Zimmer-Unterkunft war warm und unordentlich. Karten klebten an den Wänden, ölfleckige Kleidungsstücke, schwere Handschuhe, Schutzhelme und alles, was ein Ölarbeiter sonst noch brauchte, war überall im Arbeits-Wohnzimmer verstreut. Im Schlafzimmer lag Guineppa vollkommen angekleidet auf dem Bett, nur die Stiefel hatte er ausgezogen. Er war groß und kräftig, etwa 45 Jahre alt und hatte eine mächtige Nase. Normalerweise war sein Gesicht rot und wettergegerbt, jetzt aber wirkte es blaß. Seine Lippen hatten eine seltsam bläuliche Färbung. Enrico Banastasio von der anderen Schicht, ein kleiner, dunkler Mann mit dunklen Augen und einem schmalen Gesicht, war bei ihm. »Schön, dich wiederzusehen, Jean-Luc«, sagte Guineppa müde.
    »Ich freue mich auch, mon ami .« Jean-Luc musterte ihn besorgt, während er seine Fliegerjacke öffnete und sich ans Bett setzte. Guineppa leitete Bellissima seit zwei Jahren – immer zwölf Stunden Dienst, zwölf Stunden frei, zwei Monate auf der Bohranlage, zwei Monate Urlaub. Drei inzwischen in Betrieb befindliche Bohrlöcher hatte er bereits angelegt, für vier weitere war noch Platz. »Jetzt geht es ab mit dir ins Krankenhaus von Schiras.«
    »Das ist nicht wichtig, zuerst kommt der Überhang. Jean-Luc, ich …«
    »Wir evakuieren und überlassen alles übrige Gott«, warf Banastasio ein.
    » Mamma mia , Enrico«, widersprach Guineppa gereizt, »ich sage es dir noch einmal: Wir können dem lieben Gott helfen – wenn Jean-Luc mitmacht. Pietro ist auch meiner Meinung, nicht wahr, Pietro?«
    »Ja«, bestätigte Pietro, der im Türrahmen lehnte und auf einem Zahnstocher herumkaute. »Ich bin in Aosta in den italienischen Alpen aufgewachsen, deshalb kenne ich die Berge und die Lawinen und …«
    »Und außerdem bist du verrückt«, stellte Banastasio fest.
    »Leck mich doch.« Pietro machte eine obszöne Geste. »Wenn du uns hilfst, Jean-Luc, werden wir den Überhang ohne weiteres los.«
    »Und wie stellst du dir das vor?« fragte Jean-Luc.
    »Flieg mit Pietro über den Gipfel zu einer Stelle am Nordhang, die er dir zeigen wird«, erklärte Guineppa. »Von dort aus wird er einen Dynamitstab in den Schnee werfen und damit die Gefahr von uns abwenden.«
    Pietro strahlte. »Der Überhang wird verschwinden, als wäre er nie dagewesen.«
    Banastasio wurde noch ärgerlicher. »Ich sage euch noch einmal, daß es zu gefährlich ist! Wir müssen zuerst evakuieren – wenn du willst, kannst du es dann noch immer mit deinem Dynamit versuchen.«
    Ein Krampf verzerrte Guineppas Gesicht. Er griff sich an die Brust. »Wenn wir evakuieren, müssen wir alles abschalten.«
    »Na und? Dann schalten wir eben ab. Wenn dir dein Leben nicht wichtig ist, dann denk wenigstens an uns. Ich würde sagen, wir evakuieren pronto , und dann kommt das Dynamit. Glaubst du nicht auch, daß es so sicherer ist, Jean-Luc?«
    »Natürlich ist es sicherer.« Jean-Luc wollte den alten Banastasio nicht aufregen. »Du behauptest, daß du dich mit Lawinen auskennst, Pietro. Wie lange hält der Überhang noch?«
    »Er wird bald herunterkommen. Sehr bald. Vielleicht morgen oder sogar schon heute abend. Ich weiß, wo man das Dynamit einsetzen muß, damit uns nichts passiert.« Pietro blickte Banastasio an. »Ich schaffe es, ganz gleich, was dieser Idiot glaubt.«
    Banastasio stand auf. »Jean-Luc, meine Schicht und ich räumen die Bohrstelle. Pronto . Ganz gleich, wozu ihr euch entschließt.« Damit verließ er die Hütte.
    Guineppa wechselte die Lage. »Flieg mit Pietro hinauf, Jean-Luc. Jetzt gleich!«
    »Wir evakuieren zunächst mal alle zum

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