Wirbelsturm
honigsüßen türkischen Delikatesse, die er liebte, und von denen er einige aß, während das Licht auf seinen Ringen tanzte. »Also«, begann er in scharfem Ton, »wie es scheint, tötest du wie ein toller Hund.«
Erikkis Augen verengten sich, aber er blieb stumm.
»Nun?«
»Wenn ich töte, dann nicht wie ein toller Hund. Und wen soll ich denn getötet haben?«
»Einen Greis in einer Menschenmenge außerhalb von Qazvin. Mit deinem Ellbogen hast du ihm die Brust eingedrückt. Es gibt Zeugen. Dann drei Männer in einem Wagen und einen, der daneben stand – ein bedeutender Freiheitskämpfer. Auch dafür gibt es Zeugen. Ein Stück die Straße hinunter fünf Tote und mehrere Verwundete im Zuge eines Hubschraubermanövers. Noch mehr Zeugen.« Wieder trat Stille ein. Azadeh hatte sich nicht gerührt, aber das Blut war aus ihrem Gesicht gewichen. »Nun?«
»Wenn es tatsächlich Zeugen gibt, wirst du auch wissen, daß wir in friedlicher Absicht nach Teheran unterwegs waren. Wir waren unbewaffnet und wurden von einer aufgebrachten Menge überfallen, und ohne Charlie Pettikin und Rákóczy wären wir wahrscheinlich …« Erikki verstummte, als er bemerkte, daß die zwei Fremden Blicke wechselten. Schließlich fuhr er fort. »… wären wir wahrscheinlich tot. Wir waren unbewaffnet – bis auf Rákóczy – und wurden zuerst beschossen.«
Auch Abdullah Khan hatte die Veränderung in den Mienen der beiden Männer neben sich bemerkt. Nachdenklich sah er Erikki an. »Rákóczy? Ist das der mit dem islamisch-marxistischen Mullah und den Männern, die deinen Stützpunkt angegriffen haben? Der sowjetische Moslem?«
»Ja. Der KGB-Agent, der behauptete, aus Georgien, aus Tiflis zu kommen.«
Abdullah Khan lächelte dünn. »KGB? Woher willst du das wissen?«
»Ich habe genug von ihrer Sorte gesehen, um es zu wissen.« Die zwei Fremden starrten ihn ausdruckslos an. Der Ältere setzte ein liebenswürdiges Lächeln auf, und Erikki überlief es eiskalt.
»Dieser Rákóczy, wie kam er in den Hubschrauber?« wollte der Khan wissen.
»Vorigen Sonntag nahm er Charlie Pettikin auf meinem Stützpunkt gefangen – Pettikin ist einer von unseren Piloten, der nach Täbris gekommen war, um uns abzuholen, Azadeh und mich. Ich war von meiner Botschaft ersucht worden, wegen meines Passes Verbindung mit ihnen aufzunehmen – das war der Tag, an dem die meisten Regierungen, auch meine, alle nicht unbedingt benötigten Personen aufforderte, das Land zu verlassen. Am Montag, als wir von hier abfuhren, zwang Rákóczy Pettikin, ihn nach Teheran zu fliegen.« Er erzählte in kurzen Worten, was geschehen war. »Hätte er die finnische Flagge auf dem Dach nicht bemerkt, wären wir tot.«
Der Mann mit den asiatischen Zügen lachte leise. »Das wäre ein großer Verlust gewesen, Captain Yokkonen«, sagte er auf Russisch.
Der andere, der mit den slawisch geschnittenen Augen, erkundigte sich in fehlerlosem Englisch: »Wo hält sich dieser Mann jetzt auf?«
»Das weiß ich nicht. Irgendwo in Teheran. Und darf ich fragen, wer Sie sind?« Erikki bemühte sich, Zeit zu gewinnen, und erwartete keine Antwort. Er versuchte zu erraten, ob Rákóczy ein Freund oder ein Feind dieser beiden war – offensichtlich Sowjetrussen, offensichtlich Männer des KGB oder des GRU – der Geheimpolizei der Streitkräfte.
»Bitte, wie lautete sein Name genau?« fragte der Ältere freundlich.
»Rákóczy, so wie der ungarische Freiheitskämpfer.« Erikki hätte weitersprechen können, war aber viel zu klug, um dem KGB oder dem GRU aus eigenem Antrieb weitere Informationen zu liefern. Azadeh kniete immer noch mit steifem Rücken auf dem Teppich, die Hände im Schoß. Plötzlich befiel ihn würgende Angst um sie.
»Du gibst also zu, diese Männer getötet zu haben«, sagte der Khan und steckte sich ein Stück Halvah in den Mund.
»Ich gebe zu, vor etwa einem Jahr Menschen getötet zu haben, um dein Leben zu retten und …«
»Und auch deines!« versetzte Abdullah Khan zornig. »Diese Mörder hätten auch dich getötet – es war Allahs Wille, daß wir am Leben blieben.«
»Ich habe diesen Kampf weder angefangen noch gesucht.« Erikki bemühte sich, seine Worte klug zu wählen. »Wenn ich diese anderen tötete, so nur, um deine Tochter, meine Frau, zu schützen. Unser beider Leben war in Gefahr.«
»Du hältst es also für dein gutes Recht, jederzeit zu töten, wenn du der Meinung bist, daß dein Leben in Gefahr ist?«
Erikki sah die Röte im Gesicht des
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