Wirbelsturm
tief hinuntergehen«, sagte Erikki. »Ich möchte keinen schießwütigen Spinner provozieren.«
»Gefällt dir Täbris, Erikki?« fragte Nogger, um sich seine Besorgnis nicht anmerken zu lassen. Er war noch nie da gewesen.
»Täbris ist eine großartige Stadt, alt und weise und offen und frei – die weltoffenste Stadt des Iran. Ich habe herrliche Zeiten hier verbracht. Hier gibt es Speisen und Getränke aus aller Welt, preiswert und leicht aufzutreiben: Kaviar und Wodka aus Rußland, geräucherten Lachs aus Schottland, und in den guten alten Zeiten brachte die Air France einmal in der Woche Brot und Käse aus Frankreich. Türkische Waren und kaukasische, britische und amerikanische, japanische … Hier gibt es alles zu kaufen. Die Stadt ist berühmt für ihre Teppiche und die Schönheit ihrer Frauen.« Azadeh zwickte ihn ins Ohrläppchen, und er lachte. »Es ist eine wunderbare Stadt, Nogger. Jahrhundertelang war sie ein großes Handelszentrum. Die Bevölkerung besteht aus Iranern, Russen, Türken, Kurden und Armeniern; sie war immer rebellisch und unabhängig. Früher haben die Zaren die Stadt begehrt; jetzt interessiert sie die Sowjets.«
Da und dort starrten kleine Menschengruppen zu ihnen hinauf. »Siehst du irgendwelche Waffen, Nogger?«
»Eine ganze Menge. Aber niemand schießt auf uns. Noch nicht.« Vorsichtig zog Erikki eine Schleife um die Stadt und steuerte nach Osten. Dort stieg das Land zu den Vorbergen auf, und auf einem Kamm stand der ummauerte Palast der Gorgons, zu dem eine Straße führte. Die Straße war leer. Die hohen Mauern umschlossen viele Hektar Land: Obstgärten, eine Teppichfabrik, Garagen für 20 Autos, Schuppen für überwinternde Schafherden, Hütten und Nebengebäude für über 100 Bedienstete und Wächter und das von einer Kuppel gekrönte breit angelegte Haupthaus mit seinen 50 Zimmern, einer kleinen Moschee und einem winzigen Minarett. Mehrere Wagen waren vor dem Haupteingang geparkt. Erikki kreiste in 200 Meter Höhe.
»Nettes Häuschen«, murmelte Nogger Lane beeindruckt.
»Der Palast wurde auf Befehl des Zaren vom Prinzen Zergejew, der mein Urgroßvater war, erbaut«, erzählte Azadeh ein wenig zerstreut, während sie nach unten blickte. »Es war 1890, als die Zaren wieder einmal versuchten, Aserbeidschan an sich zu reißen und dabei mit Unterstützung der Gorgons rechneten. Aber unsere Familie war immer loyal gegen den Iran, obwohl sie sich stets bemühte, ein Gleichgewicht zu bewahren.« Sie blickte auf den Palast hinunter. Menschen kamen aus dem Haupthaus und einigen Nebengebäuden, Bedienstete und bewaffnete Wächter. »Die Moschee wurde 1907 … Oh, Erikki, sieh doch! Sind das nicht Najoud, Fazulia und Zadi und, schau doch, Erikki, ist das nicht mein Bruder Hakim? Aber was macht Hakim hier?«
»Wo? Ach ja, ich sehe ihn. Nein, ich …«
»Vielleicht hat Abdullah Khan ihm verziehen«, fuhr sie aufgeregt fort. »Oh, das wäre wunderbar!«
Erikki blickte hinunter. Er war ihrem Bruder nur einmal begegnet, bei ihrer Hochzeit, und Hakim hatte ihm gut gefallen. Abdullah Khan hatte ihn nach Khoy im Norden von Aserbeidschan, nahe der türkischen Grenze, verbannt, wo er große Bergwerksanteile besaß. »Dabei wollte Hakim immer nach Paris, um dort Klavier zu studieren«, hatte Azadeh erzählt, »aber Vater weigerte sich, ihn auch nur anzuhören, beschimpfte ihn und verbannte ihn …«
»Das ist nicht Hakim«, sagte nun Erikki, der schärfere Augen hatte als Azadeh.
»Ach!« Sie blinzelte gegen den Wind. »Ach!« seufzte sie enttäuscht. »Ja, du hast recht, Erikki.«
»Dort ist Abdullah Khan!« Unmöglich, den stattlichen, korpulenten Mann mit dem langen Bart zu verwechseln, der jetzt, zwei bewaffnete Leibwächter hinter sich, aus der Tür kam und auf den Stufen stehenblieb. In seiner Begleitung waren zwei andere Männer. Alle trugen dicke Mäntel, um sich vor der Kälte zu schützen. »Wer sind denn die beiden?«
»Fremde«, antwortete Azadeh. »Sie tragen keine Gewehre und haben auch keinen Mullah dabei, also sind es keine hezbollahis.«
»Es sind Europäer«, sagte Nogger. »Hast du ein Fernglas, Erikki?«
»Nein.« Yokkonen ging auf 150 Meter hinunter und blieb schweben, während er Abdullah Khan aufmerksam beobachtete. Er sah, wie dieser auf den Hubschrauber deutete und dann mit den beiden Männern sprach. Inzwischen hatten sich noch andere Schwestern Azadehs und einige Frauen, teils im Tschador, unten versammelt. Nachdem Erikki weitere 50 Meter hinuntergegangen
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