Wirrnis des Herzens
sorgen, dass sie ihn nicht so schnell vergaß, wenn sie dann wieder getrennter Wege gingen. Wann immer sie in Zukunft von diesen Dingen spräche, sie würde verstohlen lächeln und an ihn denken. Seine Hände aneinander reibend fragte er sich, ob ihre Locken wohl lang genug wären, ihre Brüste zu umspielen.
Er sah sie vor sich. Lächelnd lag sie unter ihm. Nur ihre Hände waren fleißig, äußerst fleißig. Er schluckte. Er musste an sie herankommen, und zwar so bald wie möglich.
Morgen Nacht würde ihm passen.
2
Das Stadthaus der Sherbrookes London 1811 15. Mai
Keine zwölf Stunden nach dem Ball der Sanderlings
Alexandra Sherbrooke, Gräfin Northcliffe, strich über ihren smaragdgrünen Seidenrock und erhob sich. Mankin, der alte Butler, wurde von Jahr zu Jahr gebeugter. Das, so wusste sie, lag allerdings nicht an seinem Alter oder daran, dass er zu hart arbeitete. Nein, Mankin wollte einfach nur sein perfekt geformtes und auf Hochglanz poliertes Haupt zur Schau stellen. Alexandra Sherbrooke hatte, als sie zufällig an der offen stehenden Tür eines Bedienstetenzimmers vorbeigelaufen war, beobachtet, wie Mankin seinen Kopf mit Spezialwachs bearbeitete.
»Lord Beecham, Frau Gräfin«, sagte Mankin von der Tür des Salons her. Er verbeugte sich so tief, dass seine glänzende Pracht genau in ihrer Augenhöhe lag. Sie war geblendet.
»Willkommen, Spenser«, mit geöffneten Armen ging sie ihm entgegen. Sie mochte Spenser Heatherington, sehr zu Douglas' Leidwesen. »Bitte sagen Sie doch, dass Sie gekommen sind, um mir liebenswerte Unsinnigkeiten ins Ohr zu flüstern. Wissen Sie, ich habe das wirklich vermisst. Sie haben einfach damit aufgehört.«
Er schenkte ihr ein Lächeln. Eine galante Art, ihr die Zähne zu zeigen. »Sie haben mich ausgelacht, Alexandra. Wie kann ein Mann Liebesworte flüstern, wenn ihm die Frau dabei amüsiert ins Gesicht lacht? Das ist ein ernst zu nehmender Angriff auf die Männlichkeit.«
»Ich vergaß. Nun ja, das war wirklich nicht nett. Wir müssen noch einmal von vom anfangen. Douglas ist immer ganz rot geworden, wenn ich ihm erzählt habe, was Sie mir zugesäuselt haben. Er wurde dann so aufmerksam. Und er wollte mir beweisen, dass er mir noch lieblichere Ungeheuerlichkeiten zuflüstern konnte. Es bringt ihn heute noch in Rage, dass ich Sie bei ihrem Vornamen nenne.«
»Um Sie dazu zu überreden, mussten fünf Jahre ins Land gehen.«
»Sie wissen ganz genau, dass Douglas es nicht leiden kann. Sie tun das nur, um ihn aufzubringen. Er behauptet, dass ich es bin, die flirtet, und dass ich Sie damit auf Gedanken bringe, die eigentlich gar nicht gedacht werden dürften.«
Er lachte. Er konnte nicht anders. Das war der zweite Lachanfall in weniger als vierundzwanzig Stunden. Lord Beecham räusperte sich.
»Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten, Spenser?«
»Ja, gerne. Weshalb ich aber in Wahrheit gekommen bin: Ich möchte mich mit Ihnen über Züchtigung vinterhalten.«
Alexandras Gesicht lief in nur wenigen Sekunden rot an. Sie fächelte sich Luft zu.
»Was ist los? Ihnen wird schon warm, wenn Sie bloß das Wort hören?«
»Quälen Sie mich nicht. Darf ich fragen, wie Sie darauf kommen?«
Lord Beechams Grinsen war so unverschämt, dass die Gräfin ihm liebend gern ins Gesicht geschlagen hätte. Er lehnte sich an den Kaminsims und verschränkte die Arme. »Sie waren in der Bibliothek der Sanderlings und sprachen mit einer hoch gewachsenen jungen Frau über Züchtigung. Diese Frau erläuterte die verschiedenen philosophischen Aspekte, Sie aber, Alexandra, wollten konkrete Einzelheiten erfahren, um es direkt an Douglas ausprobieren zu können.«
»Mein Gott. Und ich dachte, wir wären unter uns. Nein, warten Sie, ich hörte jemanden lachen. Das waren Sie, Spenser?«
»Gut, dass es nicht Douglas war, der Sie gehört hat.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Setzen Sie sich, Spenser.
Sie haben mich dermaßen bloßgestellt. Um auf Douglas zurückzukommen, er hätte sich totgelacht. Nun, aber Sie wünschen doch nicht wirklich noch weitere Informationen über dieses delikate Thema? Wenn sich jemand mit solchen Dingen auskennt, dann sind das ja wohl Sie. Ein Mann Ihrer Erfahrung!«
Lord Beecham betrachtete seine langen Finger. Er achtete peinlichst auf die Pflege seiner Nägel. Niemals dürfte es dazu kommen, dass er während eines Liebesspiels wegen einer solchen Nachlässigkeit das zarte Fleisch einer Frau verletzte. Abermals drohte seine nicht zu zügelnde Vorstellungskraft
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