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Wirrnis des Herzens

Titel: Wirrnis des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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ihn fortzutragen. Er räusperte sich und verkündete: »Ebenso wie es verschiedenste Regierungsformen gibt, existieren auch die unterschiedlichsten Formen von Züchtigung. Ich bin stets gewillt, Neues zu lernen, gleichgültig aus welchem Bereich.«
    Nun räusperte sich die Gräfin und rief: »Mankin, ich weiß, dass Sie hinter der Tür stehen. Sie belauschen uns, und Ihr Unterkiefer müsste sich mittlerweile auf halber Strecke zum Boden befinden. Heben Sie ihn doch bitte wieder an, und bringen Sie uns Tee sowie ein paar von diesen vorzüglichen Schäferpasteten.«
    Vom Korridor her war ein undefinierbares kurzes Brummen zu hören.
    Lord Beecham zog eine Augenbraue hoch. »Sagten Sie da gerade Schäferpasteten?«
    »Ja. Unsere Köchin, Mrs. Clapper, kommt aus dem Norden des Landes. Das Rezept stammt von der Familie ihrer Mutter, allesamt arme Schafzüchter. Es ist eine Pastete mit Äpfeln, Rosinen, Zimt, Johannisbeeren und Orangen. Man reichte sie traditionell zum alljährlichen Schlachtfest. Sie schmeckt wirklich wundervoll, glauben Sie mir.«
    »Ich finde, es klingt eher eigenartig. Bei all den Zutaten -ist da möglicherweise nicht auch etwas vom Schaf dabei?«
    »Wenn dem so ist, dann schmeckt man es zumindest nicht.«
    »Für den Moment möchte ich vielleicht dennoch lieber darauf verzichten.«
    »Mein lieber Spenser, gerade eben sprachen Sie noch davon, wie viele Arten von Züchtigung es gibt. Nun, es gibt ebenso viele Arten von Pasteten. Sicher sind Sie doch auch jederzeit dazu bereit, Ihr kulinarisches Wissen zu erweitern. Also, seien Sie kein Feigling.«
    »Die ultimative Waffe. Ein Appell an meine Männlichkeit. Lassen Sie die Pastete herbringen.«
    Einige Minuten später, Lord Beecham biss gerade genüsslich in die zweite Schäferpastete, betrat jene hoch gewachsene Frau den Salon, ohne dass Mankin, der Butler, sie vorgewarnt hätte.
    »Ich hab's, Alexandra. Spätestens morgen Abend wird er mir die Füße küssen. Es wird ein Leichtes sein, mich mit ihm zu verabreden und ...«
    Helen starrte Lord Beecham derart entgeistert an, dass dieser lachen musste und sich gleich darauf an einem Bissen seiner Pastete verschluckte. Sofort war Helen bei ihm und schlug ihm so kräftig auf den Rücken, dass er befürchtete, seine Rippen sprängen ihm aus der Brust. Es gelang ihm, den Bissen herunterzuschlucken. Nach Luft ringend und mit Tränen in den Augen setzte er sich hin und starrte zu ihr hoch.
    »Geht es wieder, Lord Beecham?«
    »Lass ihn erst einmal zu Atem kommen, Helen. Hat sie Ihnen die Rippen gebrochen, Spenser?«
    Zwei Minuten vergingen, bis er wieder genügend Luft zum Sprechen fand. Er schaute das Mädchen an. »Sie kennen mich?«
    »Natürlich, ich nehme an, die meisten Leute kennen Sie, vor allem die Damen.« Sie errötete. Er nutze die entstehende Pause, um sich abermals zu räuspern und seine Kehle mit einem Schluck Tee zu besänftigen. Er setzte die Tasse ab. »Der Grund, warum mich so viele Leute kennen, ist, dass ich hier in London lebe, seit ich achtzehn bin.« Lord Beecham stand auf und ging auf sie zu. Sie blickte ihm direkt in die Augen.
    »Ich hatte also doch Recht«, sagte Alexandra. »Douglas wollte mir weismachen, dass Sie und Helen gleich groß wären. Sie sind aber mindestens fünf Zentimeter größer als Helen.«
    Ohne seinen Blick von Helens strahlend blauen Augen zu wenden, sagte er: »Ich kenne auch kaum jemanden, der größer ist als ich.«
    »Douglas ist größer«, wandte Alexandra ein. »Mindestens drei Zentimeter. Ich sehe das genau.«
    »Nun ja«, sagte Helen. »Ich gehöre wohl auch zu den größten Damen Englands.«
    »Sie sind ein sehr großes Mädchen«, murmelte Lord Beecham. Er hätte sie gern genüsslich von oben bis unten betrachtet, überlegte dann aber, dass Alexandra Sherbrookes Salon dafür ein doch eher ungeeigneter Ort war, und prostete ihr Stattdessen mit seiner Teetasse zu.
    Sie lachte, ein wohlklingendes Lachen, das seinen Magen erwärmte wie ein edler Weinbrand. Wieder stellte er sich vor, wie sie in seinem Bett lag, er über ihr. Es wäre früher Abend. Und bis dahin waren es noch sechs oder sieben Stunden. Das ließe sich einrichten.
    »Nun, ein Mädchen bin ich wohl nicht mehr«, sagte Helen mit einem charmanten Lächeln, das ihre Grübchen und die blitzend weißen Zähne zur Schau stellte. »Ich bin achtundzwanzig, in sieben Monaten neunundzwanzig. Mein Vater sagt mir immer wieder, dass ich nicht mehr die Jüngste bin. Vor drei Monaten noch haben wir uns

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