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Wirrnis des Herzens

Titel: Wirrnis des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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schrie, und dieses heiße, beinah schmerzvolle Verlangen zu stillen. Er hatte ihr versprochen, dass sie beim nächsten Mal über ihm sein dürfte. Lord Beecham verschluckte sich fast dabei, als er sich dieses unerhörte Bild vor Augen führte.
    Baron Prith und Flock waren bereits zu ihrem Abendspaziergang aufgebrochen, den Flock dazu nutzte, über die Zukunft ohne Teeny als seiner Gattin zu jammern. Da sagte Lord Beecham zu Helen, die still in einem Sessel saß: »Ich werde morgen nach London zurückkehren. Ich muss ins Britische Museum. Es gibt dort einige Wissenschaftler, mit denen ich bekannt bin. Ich komme mit der Übersetzung der Schriftrolle zurzeit nicht weiter.«
    Lord Beecham sah sofort, dass das Helen nicht gefiel. Aber was genau gefiel ihr nicht? Dass er sie allein ließ? Wollte sie, dass er bei ihr war? Er bemühte sich, sich seine Freude darüber nicht anmerken zu lassen.
    »Ich möchte die Lederrolle ungern aus der Hand geben«, sagte Helen. Lord Beechams Bauchmuskeln verkrampften sich. Diese verdammte Lederrolle.
    »Ich werde eine Kopie anfertigen«, sagte er kühl und stand auf.
    »Sie sind mein Partner. Ich möchte auch Sie ungern aus den Augen lassen.«
    Partner, dachte er, nicht etwa Mann. Wut kochte in ihm auf. Er stürzte auf sie zu, packte sie bei den Oberarmen und schüttelte sie. Helen leistete keinerlei Widerstand.
    »Sie vertrauen mir nicht. Ist es das?«
    »Ich kenne Sie einfach noch nicht gut genug.«
    »Verfluchtes Weibsbild. Sie haben in den vergangenen drei Tagen neunmal mit mir geschlafen.« Lord Beecham genoss diesen Satz. »Sie meinen also, mich nicht zu kennen? Zum Teufel, Helen, Sie kennen mich von den Haarspitzen bis zu den Zehennägeln. Ich habe es heute Nachmittag sogar geschafft, die Stiefel auszuziehen, bevor ich über Sie hergefallen bin. Glauben Sie denn, ich stehle diese verdammte Lederrolle und mache mich damit aus dem Staub? Meinen Sie denn, ich könnte Sie bestehlen?«
    »Ich weiß, dass Sie ein leidenschaftlicher Mann sind. In diesem Punkt werden Sie ihrem Ruf gerecht. Als Partner war ich bisher mit Ihnen äußerst zufrieden.«
    »Aber?«
    Helen schüttelte nur den Kopf. »Das ist alles so ungeheuer wichtig für mich, Lord Beecham.«
    Wichtiger als ich?, wollte er fragen, hielt aber dann den Mund. Zähneknirschend, ohne sich noch einmal nach ihr umzusehen, verließ er den Raum und ging in ihr Studierzimmer. Die nächste Stunde verbrachte er damit, die Lederrolle sorgfältigst abzuschreiben. Dann ölte er sie noch einmal ein und wickelte sie schließlich vorsichtig in ein Tuch. Als Lord Beecham aus der Tür des Studierzimmers trat, traf er Helen auf der Treppe.
    »Wollen Sie, dass ich diese Abschrift mitnehme oder nicht?«
    Helen nickte langsam.
    Lord Beecham verließ Shugborough Hall um sechs Uhr am nächsten Morgen. Dichter Nebel verwandelte die Landschaft in ein Meer aus weißgrauen Schemen und verschluckte ihn, Nettle und sein Gepäck in dem Moment, da sie aus der Eingangstür hinausgetreten waren.

16
    »Mir kam zu Ohren, dass Sie sich mit Pfarrer Mathers getroffen haben«, sagte Pfarrer Older, als er zwei Wochen später auf der St. James Straße, direkt unter dem Bogenfenster von White's, auf Lord Beecham stieß. Er trat nah an Lord Beecham heran, schaute sich verstohlen um und blies ihm seinen heißen, aufgeregten Atem ins Gesicht.
    Lord Beecham zog die Augenbrauen hoch. Derartige Heimlichtuerei war er bei Pfarrer Older nicht gewohnt. Was ging hier vor?
    »Machen Sie sich keine Sorgen, mein Sohn. Der alte Glatzkopf Mathers hat mir von Ihrer Entdeckung erzählt -dieser uralten Lederrolle, die in Pehlewi verfasst ist und von magischen Dingen berichtet. Das ist wirklich ein großartiger Fund.«
    Lord Beecham war selbstverständlich davon ausgegangen, dass Pfarrer Mathers alle Informationen für sich behalten würde. Pfarrer Mathers hatte ihm sogar geschworen, Stillschweigen zu bewahren. »Dieser faszinierende Fund, Lord Beecham, macht für mich all die Jahre der elendigen Mittelmäßigkeit, die ich durchleben musste, wieder gut. An dieser Sache teilhaben zu dürfen ... Ach, die Welt gewinnt eine völlig neue Einsicht in die Geschehnisse des Altertums. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin. Ich versichere Ihnen, Lord Beecham, niemand wird von der Sache erfahren«, so versprach es Pfarrer Mathers dem Lord.
    Lord Beecham kannte den Pfarrer noch aus seiner Studienzeit in Oxford. Er war ein ehrenwerter Mann, ein guter Wissenschaftler, jemand, der sich

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