Wirrnis des Herzens
bin, aber das hier geht weit über das gewohnte Maß hinaus. Ich bin hundemüde. Was hältst du davon, hier mit mir ein kleines Schläfchen zu halten?«
Helen atmete tief ein und schloss die Augen. Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Lord Beecham küsste sie, und Sekunden später waren sie wieder eingeschlafen.
Lord Beecham erwachte davon, dass er fror. Immer noch lag er mit heruntergelassener Hose auf Helen. Vorsichtig löste er sich aus ihrer Umarmung und zog sich an. Dann betrachtete er die schlafende Helen. Ihre Beine waren wundervoll, lang, weiß und völlig entspannt. Schon wieder flammte das Verlangen in ihm auf. Er stöhnte gequält. Das hatte er nicht gewollt. Er war mit seinem bisherigen Leben völlig zufrieden gewesen. Er war glücklich gewesen, hatte immer und überall genau das getan, wonach ihm der Sinn stand. Es war keine böse Absicht gewesen, aber Dingen, die außerhalb seines glücklichen kleinen Universums gelegen waren, hatte er kaum Beachtung geschenkt.
Versonnen blickte Lord Beecham auf Helens geschlossene Augenlider.
Sie wollte ihn als Partner. Ihr sehnlichster Wunsch war es, diese verdammte Wunderlampe zu finden. Er zweifelte nicht im Geringsten daran, dass ihr diese Lampe wichtiger als alles andere, sogar wichtiger als seine Person war. Abgesehen natürlich von den umnebelten Momenten, in denen sie in ekstatischer Umarmung beieinander lagen.
Vorsichtig berührte er ihren Oberschenkel. Mit aufreizender Langsamkeit öffnete Helen ihre Augen. Ohne sich zu bewegen, sah sie ihn lächelnd an. »Ich bin nicht dazu gekommen, mich auf dich zu legen«, sagte sie.
Ein Zucken durchfuhr Lord Beechams Körper. »Beim nächsten Mal, Helen. Ich schwöre dir, beim nächsten Mal.«
»Es ist zu viel«, sagte sie plötzlich. »Es ist einfach zu viel. Es kann so nicht weitergehen.«
Lord Beecham hatte den gleichen Gedanken gehabt, als er sich seiner unnatürlichen Gier nach ihrem Körper bewusst geworden war, aber diese Worte von Helen zu hören machte ihn äußerst wütend.
Er nahm die Hand von ihrem Oberschenkel und sprang auf. Mit einer Stimme, kälter als das berühmte Vanilleeis von Gunther's, sagte er: »Sie wissen doch nicht, wovon Sie reden. Natürlich kann es so weitergehen. Ja, es ist zu viel, aber früher oder später wird es sich einspielen. Also behalten Sie Ihre hirnverbrannten Schlussfolgerungen ein für alle Mal für sich. Habe ich Ihnen nicht eben noch versprochen, dass Sie beim nächsten Mal oben sein werden?«
Helen verzog das Gesicht, legte den Kopf schief und betrachtete Lord Beecham durch die fast geschlossenen Augenlider. Dann setzte sie sich auf.
Wortlos zog sie sich an, ging an Lord Beecham vorbei die Treppen der Gartenlaube hinunter, über den Rasen und durch die offene Terrassentür in die Bibliothek.
Ruhig stand Lord Beecham da und sah ihr nach. Ihr Gang war zunächst etwas unbeholfen. Das, so wusste Lord Beecham, lag an der ungewohnten Belastung ihrer Muskeln. Er lächelte, und dann wurde ihm noch etwas klar. Diese stolze, unabhängige Frau kämpfte mit ihm um alles, was sie wert war. Zum Teufel, dachte er. Ihm wurde klar, dass er jeglichen Überblick über die Situation verloren hatte.
Da wucherte eine unvorstellbare Lust in ihm, die von einer Intensität war, wie er sie noch nie zuvor erfahren hatte. Und vielleicht war das wirklich alles - Lust, unglaubliche Lust, Lust, die einen Mann in die Knie zwingen konnte oder gar Schlimmeres.
Er würde schleunigst lernen müssen, damit umzugehen. Andererseits konnte er sich nicht vorstellen, wie er das anfangen sollte, solange Helen in seiner Nähe war.
Er würde gründlich darüber nachdenken müssen und vielleicht würde das Ergebnis seiner Grübelei sein ganzes Leben umwerfen.
Der Gedanke, eine Frau zu heiraten, ließ das Blut in seinen Adern nicht mal mehr gefrieren. Es war verrückt. Er war dreiunddreißig. Er hatte immer angenommen, dass sich das Leben eines Mannes bis zu diesem Alter zu einem vorhersehbaren Muster eingespielt haben würde. Und nun belehrte ihn Gott eines Besseren.
Das Leben hatte ihn ganz plötzlich überrumpelt. Aber was auch immer zwischen ihm und Helen in Zukunft passieren würde, er würde der Situation die Stirn bieten. Nur, wenn Helen in seiner Nähe war, wurde es nahezu unmöglich, sich zu widersetzen. Sie nur zu sehen, ihr zuzuhören, verwandelte ihn bereits in einen geifernden Lüstling, der nichts anderes im Kopf hatte, als sich in ihr zu bewegen und zu hören, wie sie seinen Namen
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