WISO - Aktien, Anleihen und Fonds
steueroptimierte Geldanlage ist auch deshalb schwierig, weil es in der deutschen Steuergesetzgebung keine Stetigkeit und Verlässlichkeit gibt. Fast jedes Jahr wird an den Steuergesetzen herumgebastelt. Was gestern noch als gerecht, sozial oder modern galt, wird morgen schon wieder geändert: Um unerwünschte Folgen bestimmter gesetzlicher Regelungen abzumildern, um Arbeitnehmern oder Unternehmern Anreize für bestimmte Verhaltensweisen zu geben, um wechselnden Gerechtigkeitsvorstellungen näher zu kommen oder schlicht um die Kassen des Fiskus zu füllen.
Doch wer bei seinen Kauf- und Verkaufsentscheidungen die steuerlichen Aspekte im Auge behält, kann dadurch viel Geld sparen – ganz legal. Dabei sollten Sie das Finanzamt nicht nur an den Gewinnen beteiligen sondern ihm auch einen Teil der eventuellen Verluste aufbrummen.
Dafür ist es zunächst einmal sehr wichtig, dass Sie schon von Jahresbeginn an mit der steuerlichen Optimierung beginnen. Denn wenn Sie erst dann an die steuerliche Gestaltung Ihrer Anlageentscheidungen denken, wenn Sie die Steuererklärung für das abgelaufene Jahr machen, ist es meist zu spät. Die steuerlich relevanten Fakten sind durch Käufe und Verkäufe, Freistellungsaufträge oder die Verteilung der vorhandenen Mittel auf Lebensversicherungen, Fonds oder Aktien längst geschaffen worden. Was versäumt wurde, lässt sich nicht mehr gut machen.
WISO rät
Beschäftigen Sie sich mit den steuerlichen Aspekten der Geldanlage schon zu Jahresbeginn oder noch früher, um nichts zu verschenken. Und vor allem: bewahren Sie alle Belege sorgfältig auf.
|248| Es ist zwar lästig, aber wenn Sie dem Fiskus nichts schenken wollen, müssen Sie sich mit Spekulationsfristen, Dividenden- und Zinsbesteuerung, Freigrenzen, Verlustvorträgen, Halbeinkünfteverfahren, Abgeltungsteuer und anderen sperrigen Begriffen aus dem Steuerrecht beschäftigen – wobei auch noch bis Ende 2008 andere Regeln galten als ab 2009. Und zu allem Überfluss wirken die alten Regelungen zum Teil auch noch weit in die Zukunft weiter. So war es auch schon bei den früheren, meist kurzlebigen Reformen: der Einführung der Zinsabschlagsteuer, der Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer, der Verlängerung der Spekulationssteuer von sechs Monaten auf ein Jahr, der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens, dem schließlich die Abgeltungsteuer folgte. Wer Wetten darauf abschließt, dass auch diese »Reform« in einigen Jahren wieder einer weiteren Umstellung weichen muss, hat gute Chancen zu gewinnen. Die Halbwertzeit deutscher Steuergesetze wird immer kürzer und das einzig Beständige am fiskalischen Umgang mit Kapitaleinkünften ist die Unbeständigkeit.
Aber es hilft nichts, wir müssen damit leben und das Beste daraus machen. Sonst könnte es sein, dass der Fiskus mehr Spaß an Ihren Anlageerfolgen hat als Sie selbst. Das gilt insbesondere für die Beachtung der Spekulationsfrist. Jahrzehntelang betrug sie sechs Monate, zwischen 2002 und 2008 ein Jahr, von 2009 an ist sie ganz abgeschafft. Allerdings gibt es Hintertürchen, durch die Sie vielleicht noch einige Jahre lang schlüpfen können, um Gewinne vor dem Fiskus in Sicherheit zu bringen, wenn Sie rechtzeitig einen Fuß in die Tür stellen. Dann können Sie die gute alte Spekulationsfrist noch ein wenig genießen – und zwar nicht nur, wenn Ihre Wertpapiere in der Gewinnzone sind. Die Spekulationssteuer ist genauso wichtig, wenn die Kurse unter den Einstandspreisen liegen.
Aber zunächst zu den ab 2008 geltenden steuerlichen Regelungen für Kapitaleinkünfte und realisierte Kursgewinne oder -verluste.
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Die Abgeltungsteuer: Ganz einfach, aber leider nur im Prinzip
Seit Jahrzehnten wird in Deutschland eine Vereinfachung des Steuersystems diskutiert und von den Politikern versprochen. Herausgekommen ist dabei meist das Gegenteil. Eine der wenigen Ausnahmen scheint die Abgeltungsteuer zu sein. Ab 2009 sind die Banken verpflichtet, bei Zinsen und Wertzuwächsen von festverzinslichen Wertpapieren, Festgeldern und Genussscheinen sowie |249| bei Dividenden und Kursgewinnen von Aktien, Zertifikaten oder offenen Investmentfonds vor der Gutschrift auf den Konten der Kunden pauschal einen Abschlag von 25 Prozent (zuzüglich Solidarzuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer) vorzunehmen und das Geld direkt an das Finanzamt zu überweisen. Ohne dass Sie selbst einen Finger rühren müssen, ist damit die Steuerschuld endgültig »abgegolten«,
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