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Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee

Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee

Titel: Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viering und Knauer
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Wasser durch den frischen Bruch und reißt rasch immer größere Lücken in das Eis.
Rauchende Pistole
    Vermutlich hat niemand dieses gewaltige Schauspiel im Norden des heutigen Kanada gesehen, weil in der Eiswüste dort vor 8380 Jahren kaum Menschen lebten. Die Auswirkungen des Dammbruchs aber schwappten bis zu den Steinzeitmenschen Europas, weil das Wasser aus dem Agassizsee der Alten Welt praktisch schlagartig die Warmwasserheizung abdrehte und die Temperaturen im Westen Europas um rund 5 °C sinken ließen.
    Bisher war dies eine wissenschaftliche Theorie. Gut fundiert zwar, aber nicht bewiesen. Im Dezember 2007 aber fanden Helga Flesche Kleiven von der Universität im norwegischen Bergen und ihre Kollegen sozusagen die rauchende Pistole, mit der Kriminalkommissare im Fernsehen gern Täter überführen: Im Nordwestatlantik stoppten genau in dieser Zeit plötzlich die Tiefenwasserströme, die Europas Warmwasserheizung andrehen.
Sedimente und Strömungen
    Die Forscher untersuchten die Ablagerungen des Meeresbodens in rund 3440 m Wassertiefe wenige Hundert Kilometer südlich der Südspitze Grönlands: In Bodentiefen zwischen 315 und 345 cm fanden sie erheblich weniger magnetische Gesteinssplitter als darunter oder darüber. Die weitaus meisten dieser Gesteinssplitter stammen aus Granitgestein des hohen Nordens und wurden von Wasserströmungen in der Tiefe dorthin getragen. Deutlich weniger magnetische Gesteinssplitter in dieser Schicht deuten also auf eine recht abrupte Unterbrechung der Tiefenwasserströme vor 8380 Jahren hin. So alt ist nämlich der Meeresboden in 345 cm Tiefe. Schon 100 Jahre später aber normalisierten sich die Verhältnisse wieder – das zeigen die reichlicheren magnetischen Steinsplitter in 315 cm Tiefe.
    Stocken diese Tiefenwasserströme, fällt auch die Warmwasserheizung Europas aus. Tatsächlich wurde es damals dramatisch kälter – das beweisen verschiedene Analysen. Strömen große Mengen Süßwasser in den Nordatlantik, kann ein solcher Temperatursturz in der Alten Welt ausgelöst werden – das zeigen Klimamodelle. Aber woher kamen vor 8380 Jahren die riesigen Süßwassermengen? Darauf erhielten die Forscher einen Hinweis in den Sedimenten: Lagerten sich vor der Südspitze Grönlands vor dieser Zeit in 100 Jahren etwa 9 cm Sediment ab, waren es 20 cm, als die Tiefenströme stoppten. Das lenkt den Verdacht auf den Agassizsee, in dem sich damals das Wasser der schmelzenden Gletscher sammelte, die während der vorherigen Eiszeit den Norden Nordamerikas mehrere Tausend Meter hoch bedeckt hatten. Dadurch aber wuchs der Druck der Wassermassen auf den Eisdamm im Norden, bis dieser schließlich barst. Die über die Hudson Bay weit in den Nordatlantik schießenden Wassermassen lieferten nicht nur das Süßwasser, das die Warmwasserheizung Europas abstellte, sondern trugen auch die Sedimente mit sich, die sich in dieser Zeit verstärkt am Meeresboden südlich von Grönland ablagerten.
    Der Agassizsee
    Weil im Süden das Land ansteigt und im Norden die letzten Eismassen den Weg in die heutige Hudson Bay versperrten, staute das Wasser der schmelzenden Gletscher Nordamerikas sich am Ende der Eiszeit in einem See. Mit 440 000 km 3 bedeckte der Agassizsee eine größere Fläche als Deutschland
.

Schauplatz eines Klimawandels: Über die Hudson Bay (Bildhintergrund) schoss vor etwa 8380 Jahren eine gigantische Menge Schmelzwasser – also Süßwasser – in den Atlantik und stoppte den Golfstrom
.
    (c) mauritius images (Thorsten Milse)

Ohne den Golfstrom sähe die Alte Welt alt aus
Europas Klima hängt von den Meeresströmen ab
    Während auf mitteleuropäischen Märkten Äpfel aus der Region angeboten werden, ist es im Hinterland von Narvik im Norden Norwegens viel zu kalt für Obstbäume und Getreidefelder. Anstelle von Buchen und Eichen wachsen dort verkrüppelte Birken und der eine oder andere Nadelbaum.
Verschobenes Klima
    Vielleicht sieht es ja in einigen Jahren oder Jahrzehnten im nördlichen Mitteleuropa ähnlich aus wie heute die Umgebung von Narvik. Der Klimawandel könnte nämlich auch die Meeresströmungen ausschalten, die warmes Wasser bis an die Atlantikküsten Europas tragen. Diese Warmwasserheizung aber verschiebt die Klimazonen der Alten Welt um rund 1500 km nach Norden. Ohne sie hätte Hamburg also ungefähr die gleichen Temperaturen wie Narvik heute. Getreidefelder hätten dann im Norden Mitteleuropas keine Chance mehr und die Kühe müssten sich ein dickes Fell zulegen. In Kanada,

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