Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
Appetit auf Walhai in Südostasien anderswo dem Walhaitourismus die Geschäftsgrundlage entziehen
.
Schlechte Geschäfte
Langsam aber bröckelt das Geschäft mit dem größten Fisch der Welt. Staaten wie Indien und die Philippinen, die USA und Australien haben inzwischen nicht nur den Fang des Walhais, sondern auch den Handel mit seinem Fleisch verboten.
Stattdessen verdienen die Menschen an den Küsten der tropischen Regionen, in denen sich der Walhai anscheinend ausschließlich tummelt, ihren Lebensunterhalt inzwischen mit Tourismus. Das funktioniert recht gut, weil der Walhai den Menschen meist weitgehend ignoriert. Manchmal donnern die Tiere sogar mit einem gewaltigen Schlag gegen ein Boot, weil sie es im Eifer des Fressens wohl schlicht übersehen haben.
Am Ningaloo-Riff Australiens können die Taucher daher völlig ungefährdet zwischen den friedlichen Riesen unterwegs sein. Einen Gesamtumsatz in Höhe von 10 Mio. US-$ jährlich erwirtschaften die Einheimischen dort inzwischen im Geschäft mit solchen Tauchtouristen. Und auch auf den Philippinen boomen die ersten Whaleshark-Safaris.
Nahaufnahme eines Walhais in der Karibik. In sein riesiges Maul, das sich über die gesamte Breite seiner Schnauze erstreckt, strömen große Mengen von Wasser, aus dem er Kleinstlebewesen herausfiltert
.
(c) mauritius images (Reinhard Dirscherl)
Leere Netze
Die Meere werden überfischt
Unendlich und damit scheinbar unverletzbar kommen die Ozeane dem Menschen vor. Aber diese Vorstellung trügt, weil der Blick auf die Wellen des Pazifiks oder des Atlantiks keineswegs zeigt, was unter Wasser vor sich geht. Fehlen die Fische, registrieren das nicht etwa Naturschützer oder Behörden, sondern die Fischer zuerst.
Aufrüstung im Meer
Die Zahl der Dornhaie im Nordostatlantik ist z. B. bis zum Jahr 2007 um 95 % geschrumpft. Das Fleisch dieser Haie wird zu den in Deutschland beliebten Schillerlocken und zu den in Großbritannien begehrten „Fish and Chips“ verarbeitet. Vielen anderen Arten geht es ähnlich. Zwar holte die Menschheit 2007 noch immer 130 Mio. t Fisch und Meeresfrüchte im Wert von 130 Mrd. € aus den Ozeanen. Ein Viertel der Bestände aber ist bereits überfischt oder schon zusammengebrochen, bei der Hälfte ist man an der Grenze der Kapazität, nur ein Viertel der Fischerei arbeitet also im grünen Bereich.
Ausweichen
Für die Zukunft sieht es also düster aus: Fällt eine Art aus, konzentrieren sich die Flotten rasch auf eine andere Spezies, die im Normalfall kleiner ist. Kleinere Arten stehen in der Nahrungskette meist weiter unten. Der vielleicht beste und engagierteste Kenner der Fischerei auf den Weltmeeren, Daniel Pauly von der University of British Columbia in Kanada, hat daher den Begriff „Fishing down the foodweb“ geprägt: „Immer kleinere Arten, die bisher wirtschaftlich uninteressant waren, werden gefangen und in kurzer Zeit überfischt“, erklärt der Fischereibiologe die derzeitige Entwicklung
.
Wie es dazu kommen konnte, ist schnell erklärt: Weltweit haben die Fangflotten technisch massiv aufgerüstet. So übernahmen die Fischer in den 1950er- und 1960er-Jahren einige Methoden der Kriegsmarine, mit denen sie ihre Fänge enorm steigerten. Mithilfe des Echolots spüren sie z. B. seither Fischschwärme auch in trüben Tiefen auf und können so ganz gezielt ihre Netze auswerfen. Ein als Fischlupe bezeichnetes Ultraschallgerät zeigt die Größe der Fische an und signalisiert so, ob sich der Beutezug lohnt. Elektronische Navigationshilfen lotsen die Schiffe bis auf 20 m genau an die Schwärme heran, Satellitenaufnahmen zeigen exakt die Wassertemperatur und geben damit Hinweise, wo bestimmte Fischarten stehen. Die Schleppnetze sind inzwischen bis zu 170 mal 110 m groß, zwölf Jumbojets würden bequem hineinpassen. Und Angelleinen können durchaus 130 km lang sein.
Zusammenbruch
Heute ist die industrielle Fischerei so effektiv, dass sie von manchen Arten jedes Jahr bis zu 90 % des gesamten Bestands aus dem Wasser holt. Wenn diese Arten sich nicht sehr schnell vermehren, bringen die großen Fangflotten die Art rasch zur wirtschaftlichen Ausrottung. Selbst wenn aber ein Land oder eine Staatengemeinschaft einsieht, dass bestimmte Fische weniger stark oder gar nicht mehr befischt werden sollten, machen sie doch aus einem einfachen Grund mit dem Fang weiter: Stellte man selbst das Fischen ein, der Nachbar aber nicht, brächen die Bestände vermutlich trotz der eigenen Zurückhaltung zusammen – und
Weitere Kostenlose Bücher