Wissen auf einen Blick - Philosophen
Verhängnis. Weil er schrieb, er wisse nicht, ob es die Götter gebe oder nicht, wurde er unter dem Vorwurf der Gottlosigkeit aus Athen verbannt und starb auf der Flucht nach Sizilien.
In seiner berühmten Federzeichnung „Der vitruvianische Mensch“ (Galleria dell’ Accademia, Venedig, 1492) nimmt Leonardo da Vinci (1452–1519) am Menschen Maß. Damit greift Leonardo gedanklich die Lehre des Protagoras auf: Der Mensch als „Maß aller Dinge“ wird zum Grundgedanken des Humanismus, der prägenden europäischen Geisteshaltung des 15. und 16. Jahrhunderts
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„Ich weiß, dass ich nichts weiß”
Sokrates (469–399 v. Chr.)
Als Philosoph ist Sokrates einer der großen drei, die wie Galionsfiguren für die gesamte abendländische Philosophie stehen. Neben Sokrates sind das sein Meisterschüler und Chronist Platon (427–347 v. Chr.) sowie dessen Schüler Aristoteles (384–322 v. Chr.). Einflussreicher als die Lehre des Sokrates ist bis heute allerdings seine philosophische Technik.
Philosophische Hebammenkunst
Die Mutter des Sokrates war Hebamme, und zur Verwirrung seiner Zuhörer behauptete Sokrates, er übe dieselbe Kunst aus wie sie. Allerdings behandle er nicht schwangere Frauen, sondern junge Männer, und er bringe auch keine Kinder zur Welt, sondern Gedanken. Damit beschreibt er seine Kunst, durch raffiniertes Fragen verblüffende Erkenntnisse hervorzuholen, die von Anfang an in seinen Gesprächspartnern geschlummert hatten. Lehre als Vermittlung von Wissen sei unnötig; philosophischer Unterricht bestehe vielmehr darin, den Schüler an das zu erinnern, was er längst schon wisse. Im Vordergrund dieser Aufklärungsarbeit stehe die Widerlegung vermeintlicher Selbstverständlichkeiten. Einer seiner Gesprächspartner behauptet etwa, er wisse, was Gerechtigkeit sei. Auf Sokrates’ hartnäckige Nachfragen kann er allerdings nur Beispiele für gerechte Menschen und gerechte Taten geben, nicht aber erklären, was Gerechtigkeit eigentlich ausmacht. Durch seine Fragen führt Sokrates seinem Gegenüber zweierlei vor Augen. Erstens: Dessen ursprüngliche Annahme, er wisse, was Gerechtigkeit sei, ist falsch. Zweitens: Auch wer viele Einzelfälle benennen kann, hat deswegen noch längst nicht den Kern der Sache erkannt.
Die Erkenntnis ist für Sokrates die Basis des guten Lebens und des rechten Handelns. Da nach Sokrates alle Menschen nach dem Guten streben, werde derjenige, der weiß, was das Gute ist, dieses auch tun. Der Mensch verfehle umgekehrt nur deswegen das Gute, weil er es nicht kenne. Die philosophische Suche nach der Wahrheit führe deswegen nicht nur zur Erkenntnis, sondern auch zur Gerechtigkeit.
Der kleine Unbekannte
Sokrates ist uns nicht durch eigene Schriften, sondern nur aus den Werken anderer bekannt. Unser wichtigster Gewährsmann neben dem Feldherrn und Dichter Xenophon ist ein echter Zeitzeuge, sein Schüler Platon. Trotzdem halten manche die Figur Sokrates für nichts weiter als eine raffinierte Erfindung
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Um Kopf und Kragen geredet
Sein Nachweis der Grenzen des Wissens und sein Einfluss auf die Jugend missfielen den Mitbürgern des Sokrates. Unter dem Vorwand der Gotteslästerung wurde er vor Gericht gestellt. In vielen Gesprächen hatte er sich auf sein „Daimonion“, einen persönlichen Schutzgeist, berufen. Sokrates sah darin eine innere, warnende Stimme göttlichen Ursprungs, die Gefahren erkennt, die der Vernunft verborgen bleiben. Er stellte es nicht nur über die Vernunft, sondern auch über die Götter. Daher wurde ihm vorgeworfen, die griechischen Götter ersetzen zu wollen. In seiner Verteidigungsrede erklärt Sokrates, anders als die vielen, die sich für weise halten, habe er sein Wissen geprüft und festgestellt, dass er nicht viel wisse, die anderen aber noch weniger: „Ich scheine also um dieses Wenige doch weiser zu sein, dass ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen.“
„Der Tod des Sokrates“ (Öl auf Leinwand, nach 1650) von Charles-Alphonse Dufresnoy (1611–1668) aus der Galleria Palatina im Palazzo Pitti, Florenz. Sokrates hätte der Urteilsvollstreckung entgehen können, blieb aber bei seinem Respekt für die Gesetze und leerte den giftigen Schierlingsbecher
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Je kleiner, desto feiner
Demokrit von Abdera (um 460–370 v. Chr.)
Atome gelten zwar heute nicht mehr als die kleinsten, gleichwohl aber als für das physikalische Weltverständnis unersetzliche Bestandteile der Materie. Begründet hat
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