Wissen auf einen Blick - Philosophen
Verlässlichkeit seiner Dialoge zu wecken. Er signalisiert uns damit, dass die Schrift nur ein blasser Abglanz der Rede und selbst das beste Buch nur ein schwacher Ersatz für ein Gespräch ist. Die Schrift, so Platon, verleite zum Vergessen, und Bücher seien schlechte Auskunftsquellen, denn sie können auf Rückfragen keine Antwort geben. Die Überlieferungsgeschichte hat Platons Misstrauen gegenüber dem geschriebenen Wort in einer weiteren Hinsicht Recht gegeben: Die meisten seiner Schriften waren nämlich lange verschollen und sind erst in der Renaissance auf dem Umweg über Byzanz und Arabien wieder aufgetaucht.
Die ungeschriebene Lehre
Wenn einer, wie Platon, seine philosophische Lehre in fiktive Gespräche kleidet, ist es kein Wunder, dass dabei manche Fragen offen bleiben. Nicht überall ist die Meinung des Autors klar ersichtlich, und zuweilen ergeben sich Widersprüche zwischen verschiedenen Dialogen oder sogar innerhalb desselben Gesprächs. Manche haben deshalb vermutet, es gebe eine „ungeschriebene“ Lehre, die Platon nur seinen engsten Schülern anvertraut habe und in der er alle Widersprüche auflöse
.
Trotz allem hatte Platon keinen Spielraum bei der Wahl seiner Mittel. Nur im fingierten Dialog konnte er aufzeigen, dass unsere vorgefassten Meinungen einer gründlichen Überprüfung selten standhalten, dass es immer mehr als eine Sicht der Dinge gibt. In der „Apologie“, der Verteidigungsrede des Sokrates vor seinen Richtern, lässt er Sokrates sagen: „Das ungeprüfte Leben ist nicht lebenswert.“
Das antike Mosaik aus Pompeji aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. (Archäologisches Nationalmuseum in Neapel) zeigt Platon im Kreis seiner Schüler. Die von ihm gegründete Philosophenschule im Hain des Helden Akademos in Athen gibt bis heute Lehreinrichtungen aller Art ihren Namen – die Akademie
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(c) Interfoto, München
Weniger ist mehr
Diogenes von Sinope (um 412–323 v. Chr.)
Diogenes eilt der Ruf des Kulturverächters voraus. Tatsächlich kam er mit wenig aus, doch das weitverbreitete Bild vom „Philosophen in der Tonne“ entstand erst Jahrhunderte nach seinem Tod. Seneca soll gesagt haben, ein so anspruchsloser Mensch wie Diogenes könne ebenso gut in einer Tonne leben wie in einem Haus.
Der historische Diogenes war zwar bescheiden, dabei aber alles andere als ein zurückgezogener Kauz. Er mischte sich mit Vorliebe unter die Menschen, wenn auch oft zu deren Befremden.
Das Wesentliche ist einfach
Diogenes bezeichnete das Streben nach Luxusgütern und Reichtum als schlimmstes aller Übel, gab nichts auf die im alten Griechenland als Helden verehrten olympischen Sportler und verhöhnte die Plädoyers angesehener Gerichtsredner als leeres Gerede. Diogenes stand in jeder Hinsicht außerhalb der bürgerlichen Ordnung seiner Zeit und ließ als Maßstab des richtigen Lebens nur sein eigenes Urteil gelten.
Er lebte im Freien, ging barfuss durch den Schnee und besaß kaum etwas außer seinem Mantel, in dem er auch schlief. Als er sah, wie ein Kind aus der hohlen Hand trank, warf er auch noch seinen Becher weg. Zwar hielt Diogenes nicht die Entbehrung an sich für wertvoll, glaubte aber, weltlicher Besitz lenke vom Wesentlichen ab. Die Götter, so Diogenes, haben uns alles Nötige gegeben, aber wir begehren süße Kuchen und wohlriechende Salben, die in Wahrheit kein Mensch braucht. Wahres Menschsein wurzele in der Unabhängigkeit von äußeren Gütern und den Sitten der Menschen.
Zynismus
Der heutige Begriff „Zynismus“ geht auf das griechische Wort kynikos zurück. Es bedeutet ursprünglich „hündisch“. Eine Anekdote erzählt, Diogenes habe den Spottnamen kyon (Hund) erhalten, weil er kein Gefäß zum Trinken benutzte, woraus manche auch den Namen der philosophischen Schule der Kyniker ableiten. Diogenes selbst hat mit diesem Begriff seine nüchterne und spöttische Weltsicht beschrieben. Alexander der Große (356–323 v. Chr.) sagte einst zu Diogenes: „Ich bin Alexander, der große König.“ Diogenes antwortete: „Ich bin Diogenes, der Zyniker.“ – „Warum nennst du dich hündisch?“ – „Wer mir etwas gibt, dem streich ich um die Beine. Wer mir nichts gibt, wird angebellt.“
Philosophie der Anschaulichkeit
Als Erkenntnistheoretiker setzte Diogenes auf die Anschauung. Wenn einer beispielsweise behauptete, es gebe keine Bewegung, stand Diogenes wortlos auf und ging im Kreis herum. Als Reaktion auf Platons Definition des Menschen als „zweifüßiges ungefiedertes
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