Wissen auf einen Blick - Philosophen
für ihn gleichermaßen wichtig. Ebenso die Kunst, die er als die Entfaltung größtmöglicher individueller Freiheit ansah.
Die moderne Hermeneutik
Hermeneutik ist die schon seit der Antike bekannte Lehre vom Verstehen. Doch Schleiermacher hat ihr neue Popularität verschafft, worin viele seinen bedeutendsten Beitrag zur Philosophiegeschichte sehen. Schleiermacher meinte, im Alltag könne man davon ausgehen, dass man alles verstehe – bis man auf ein offensichtliches Missverständnis stoße. Bei der Interpretation schwieriger Texte solle man jedoch davon ausgehen, dass wirkliches Verstehen die Ausnahme sei und konsequent hermeneutischen Regeln folgen. Deshalb gelte es, den Autor aus seiner Schreibsituation heraus zu verstehen, einerseits durch ein „grammatisches“ Verstehen der verwendeten Sprache und andererseits durch das psychologische Nachvollziehen der Gedanken und Beweggründe des Verfassers
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Der Versöhner
Manche Philosophen werfen ihm vor, sich der „Meta-Ebene“ der Philosophie verweigert zu haben. Während sich rings um ihn die Vertreter des Deutschen Idealismus gedanklich mit dem Reich der absoluten Ideen auseinandersetzten, war der Dreh- und Angelpunkt von Schleiermachers Überlegungen der konkrete Mensch. Da es keinen „absoluten Geist“ und keine „absolute Natur“ gäbe, sondern der Mensch eine untrennbare Verbindung aus Geist und Körper sei, brauche man auch nicht über das Absolute zu spekulieren, so Schleiermacher.
Er war er bemüht, scheinbar widerstrebende Prinzipien zu versöhnen, anstatt sie zum Problem werden zu lassen. Nicht einmal die Unmöglichkeit absoluter Erkenntnis schmälerte seinen Optimismus.
„Versuch auf den Parnass zu gelangen“, kolorierter Titelkupfer zu Garlieb Merkels Zeitschrift „Ansichten der Literatur und Kunst unsres Zeitalters“, I. Heft, 1803. Ab 1803 fing der Dramatiker August von Kotzebue an, sein Publikum gegen die Bewegung der Romantiker aufzuwiegeln. In zahlreichen Zeitschriften wetterte er gegen die romantischen Ideale. Die Karikatur zeigt den Zug romantischer Schriftsteller – angeführt von August Wilhelm Schlegel, gefolgt von Friedrich Schleiermacher und Wilhelm von Schütz, auf den Schultern seiner eigenen Figur, des gestiefelten Katers, Ludwig Tieck, auf Stelzen Novalis, August Ferdinand Bernhardi, auf dem Kopf stehend Friedrich Schlegel, Ernst August Klingemann, Sophie Bernhardi, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, die Herausgeber der Zeitschrift Apollon, mit Peitsche Garlieb Merkel selbst, Johann Bernhard Vermehren, rechts im Hintergrund Goethe mit Amalie von Imhoff. August von Kotzebue (links oben) will die Schriftsteller am Aufstieg auf den Parnass der Lyrik hindern, dagegen wird ihnen von den Mitarbeitern der „Zeitung für elegante Welt“ (rechts oben) in ihrem Vorhaben geholfen
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(c) dpa/Picture-Alliance, Frankfurt
Der Dialektiker
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831)
Hegel machte es sich selbst und damit auch seinen Lesern nicht leicht. Denn schon den Begriff „Phänomenologie“, der sonst für die „Lehre von den Erscheinungen“ steht, gebraucht er in einer eigentümlichen Spezialbedeutung. Hegel lehnt sich damit gegen den Ordnungswahn seiner Kollegen auf. Er will die Philosophie nicht als „Gewürzkrämerladen“ mit säuberlich beschrifteten Büchsen, sondern als revolutionäre Kraft verstanden wissen.
Eine neue Ära
Hegel steht deshalb nicht nur zeitlich am Ende der Aufklärung. Mit ihm beginnt eine neue Epoche der Philosophie, die nicht mehr alleine der Vernunft verpflichtet ist. Mit Hegel neigt sich der lange, helle Tag der Aufklärung dem Abend zu. Erst in der Dämmerung, so sagte Hegel selbst, entfalten die Eulen der Minerva ihren Flug. Die Eulen der Minerva, der römischen Göttin der Weisheit, sind dabei sozusagen die Wappentiere der Philosophie. Mit ihrem Flug beginnt die lange Nacht der dialektischen Erkenntnis.
Hegel beschäftigte sich bevorzugt mit den grundlegenden Fragen der Philosophie. Unter anderem nahm er sich vor, Gottes Schicksal vor der Erschaffung der Welt zu erforschen. Seine Beschreibung des Staates als „erscheinender Gott“ sollte die Religion mit der Politik versöhnen, und als Begründer der modernen Ästhetik wollte Hegel das Geheimnis der Schönheit im Kunsterlebnis ergründen. Sein größtes Projekt war jedoch die Darstellung der Weltgeschichte aus der Perspektive des „absoluten Geistes“. Überhaupt geht Hegels Neugier trotz Immanuel Kants (1724–1804) ausdrücklicher
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