Wissen auf einen Blick - Philosophen
Herder, werde der Mensch bereits im Zuge der Wahrnehmung „metaschematisiert“. Andererseits aber sei überhaupt kein Denken möglich, ohne den Dingen einen Namen zuzuordnen. Die Prägung durch die Sprache sei also notwendig. Ohne Sprache könnte innerhalb einer Gemeinschaft nur ein äußerst begrenzter Erfahrungsschatz weitergegeben werden, nämlich das, was sich im persönlichen Kontakt demonstrieren lässt. Nur durch Sprache sei somit das Entstehen von Kultur möglich.
Als Dichter war Herder fasziniert von der „emotionalen Schatzkammer“, die er in den sprachlichen Überlieferungen verschiedener Kulturen fand. Als einer der ersten nahm er Literatur als den Ausdruck einer bestimmten Zeit und einer bestimmten Kultur wahr und fragte bei der Beurteilung nach den Umständen, in denen literarische Werke entstanden. Auf diese Weise kam er zu der Überzeugung, dass alle Kulturen und damit auch alle Nationen den gleichen Wert besitzen, und betrachtete die Übertragung der eigenen Kultur in scheinbar weniger zivilisierte Länder als „tolerante Unterjochung“. Jedes Volk, so Herder, müsse seinen eigenen Weg des kulturellen Fortschritts finden.
Begegnung mit Goethe
Den Winter 1770/1771 verbrachte Herder wegen einer Augenoperation in Straßburg, lernte dort bei einer zufälligen Begegnung auf einer Hoteltreppe den jungen Jurastudenten Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) kennen und überschüttete ihn wohl regelrecht mit seiner Begeisterung für die verschiedensten Literaturgattungen – von der antiken Klassik über das Volkslied bis hin zu Shakespeare. Goethe begann, angeregt durch diese Begegnung, sowohl Griechisch zu lernen als auch Volkslieder zu sammeln. 1776 sorgte er dann dafür, dass Herder eine Stelle als kirchlicher Generalsuperintendent in Weimar bekam
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Vom Wert der Gefühle
Im Gegensatz zu seinem Lehrer Kant war Herder kein Philosoph, der ein geordnetes, streng durchdachtes Gedankengebäude hinterließ. Das lag auch daran, dass er einige Dinge einfach nicht zur Disposition stellen mochte. Zum einen war er fest davon überzeugt, dass die Welt von Gott gelenkt wird und jegliche Entwicklung letztendlich zum Guten strebt. Humanität war für ihn fraglos der höchste Wert. Zum anderen stieß ihn die „Verkopftheit“ der Aufklärer ab. In seinen späten Jahren nannte er Kants „Kritik der reinen Vernunft“ gar eine „öde Wüste voller anmaßender Hirngeburten“.
Seiner Meinung nach sind Vernunft und menschliche Emotionen untrennbar miteinander verknüpft und die Emotionen damit Teil des Denkens und der Erkenntnis. Die Emotionalität war für ihn wesentlich dafür verantwortlich, dass jeder seine Vernunft auf eine persönliche, individuelle Art gebraucht.
Dies gelte für Einzelpersonen ebenso wie für Nationen. Herders personenhafter Volksbegriff, insbesondere seine Vorstellung von den Völkern als natürlichen Einheiten mit einer Volksseele, wurde später von den Nationalsozialisten zu Propagandazwecken missbraucht.
Nachkolorierter Holzschnitt (1879) für die Zeitschrift „Das Buch für alle“, nach einer Zeichnung von Heinrich Merte (1838–1917), „Ein Abend in der Gartenlaube am Goethe’schen Hause in Weimar“. Weimar gehörte zur Zeit Herders zu den kulturellen Zentren Europas; oft fanden Treffen der Dichter und politischen Größen in Goethes Haus am Frauenplan statt. Von links: Christoph Martin Wieland, Friedrich Schiller, Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, Johann Gottfried Herder, Johann Wolfgang von Goethe
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(c) dpa/Picture-Alliance, Frankfurt
Streiter für die Freiheit
Johann Gottlieb Fichte (1762–1814)
„Ich mag nicht bloß denken, ich will handeln … Mein Stolz ist der, meinen Platz in der Menschheit durch Taten zu bezahlen“, beschloss der aus einfachen Verhältnissen stammende Johann Gottlieb Fichte bereits als Zwanzigjähriger. 1790 stieß er auf die Schriften Immanuel Kants (1724–1804). Zuvor war Fichte davon ausgegangen, dass das Schicksal des Menschen vorherbestimmt – determiniert – sei. Kant jedoch vertrat die Überzeugung, dass der Mensch einen freien Willen hat.
Auf Fichte wirkte das wie eine Art Erweckungserlebnis und war zugleich der Beweggrund, sein Leben der Philosophie zu widmen.
Das Ich als absolute Bezugsgröße
Fichte reiste nach Königsberg, suchte die Bekanntschaft Kants und konnte ihn schließlich als Förderer gewinnen. Aber der große Königsberger war Fichte letztendlich doch nicht radikal genug. Im Glauben, Kants Lehre
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