Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
göttliches, wunderbares Licht strömte mit der Kraft einer kleinen Sonne in die Kathedrale.
„Er hat zwei Tage!“, rief die Spinne, während sie sich vor Schmerz zischend und fauchend in die Schatten zurückzog. „Ich werde ihn nicht unterschätzen. Das kleine Lamm mit den Zähnen und dem Wolfsritter … ich sehe ihn. Oh, ich sehe ihn. Zwei Tage, dann hole ich mir jemanden in mein Netz.“
„Gar nichts wirst du “, keuchte Seth. Seine Stimme war rau, sein Hals ausgetrocknet. Hastig klopfte er den verdorrten Efeu von seinen Armen und dem T-Shirt. „Auf Nimmerwiedersehen, du Freak!“
Seth ging den einen Schritt zur Türschwelle und ließ sich einfach vornüber fallen, hinein in das geschmolzene Glück. Sofort verschwand der Terror der Entführung, der Schmerz in den Zehen und Fingern ließ nach. Nur das leise: Auf Immerwiedersehen, kleines Lämmchen , hallte in seinen Ohren nach wie ein Song, den man nicht aus dem Kopf bekam, so gerne man es auch wollte.
„… eth “, eine männliche Stimme durchbrach den rasend machenden Ohrwurm, „Seth!“
Mit einem mächtigen Atemzug erwachte Seth und setze sich im Bett auf, bevor er begriff, was passierte.
„Julien?“, krächzte er, als er den blonden Vampir erkannte. Vor seinen Augen leuchtete noch ein Rest des Lichts nach und verwandelte den anderen Mann in einen ernst aussehenden Erzengel. „Was zum Teufel-“
„Entschuldige bitte den Einbruch, aber du hattest beim Schlafen mehrere Atemaussetzer. “
Kühle Hände strichen über Seths Stirn, den Hals und seine Schultern. „Ich habe mir Sorgen gemacht. “
„Mir geht’s gut … denke ich.“ Seth wehrte trunken die Hände ab und erwischte dabei fast Jos, der neben ihm mit leicht offenem Mund auf das Bettlaken sabberte. „Was willst du?“
Julien hob eine Augenbraue. „Um ehrlich zu sein habe ich euch zugehört. Ich war überrascht, dass du deinen Freund eingeweiht hast, nachdem Claire doch so dagegen war. “
„Mir wollte sie auch nichts erzählen und du siehst ja, was dabei rauskommt. “ Seths trockene Zunge klebte an seinem Gaumen. „Verdammt, ich brauch was zu trinken.“
Julien stützte seinen Arm auf dem Weg ins Bad und wartete geduldig, bis Seth genug Wasser aus dem Hahn getrunken hatte. „Ich bin deshalb nicht wütend “, sagte er leise. „Im Gegenteil, es tut gut, dass jemand frischen Wind in diese Stadt bringt. Es verblüfft mich immer wieder, wie offen die Menschen bei Büchern und Filmen für das Übernatürliche sind, und wie sehr sie im wirklichen Leben die Augen davor verschließen.“
„Ist ja auch kranker Scheiß. Ich hab e ihm nichts wirklich Wichtiges über dich oder die Streuner erzählt, nur zur Sicherheit.“
„Ja, ich weiß. Vielleicht ist das auch besser so. Er scheint ein netter Kerl zu sein, aber er wird ein bisschen Zeit brauchen, um sich daran zu gewöhnen. “
Seth blickte zum Spiegel, auf dessen matte Oberfläche Clyde einen erschrocken aussehenden Smiley gemalt hatte. Das rang ihm immerhin ein kleines Mundwinkelzucken ab. „Ich glaube, er ist ganz wild drauf, noch mehr zu hören. Ob er tauschen würde? “
„Wetten würde ich darauf nicht. “ Julien zeigte einen spitzen Zahn, als er lächelte. „Dein Herzschlag und deine Atmung haben sich jedenfalls normalisiert, aber das muss ein schlimmer Traum gewesen sein. Rede mit deinem Freund darüber. Er scheint Talent für Deutungen zu haben.“
„Da gibt es nichts zu deuten “, murmelte Seth. „Die Wanderer haben nur ihre Drohung wahr gemacht und mich an ihren Auftraggeber verpetzt.“
Juliens Blick wanderte von seinen Augen zu seinem Hals. „Und? Ist es wieder eine Hexe? “
„Weiß ich nicht. “ Seth rieb sich befangen über den Nacken. „Aber es könnte gut sein. Würdest du das bitte lassen, Mann? Ich fühl mich wie eine Saftbar oder so.“
„Entschuldige, ich habe mein Mittagessen aufgeschoben. Ich bin schon weg. “
Julien wandte sich um, doch Seth hielt ihn noch kurz zurück. „Sie ist mir ausgewichen, als ich dich heute Morgen erwähnt habe. “
„Claire? “
Müde lehnte Seth sich gegen die Badezimmerwand. „Ja. Ich dachte, ich frage sie nach dieser Plage von damals, aber irgendwie … ich habe mich ablenken lassen. Sie haben mir nichts darüber erzählt.“
„Das müssen sie auch nicht. Ich kann dir meine Zugangsdaten zum inoffiziellen, echten Stadtarchiv geben. “ Auch er betrachtete den Smiley am Spiegel. „Vielleicht kann dein toter Freund dir helfen, die relevanten
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