Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
Maria! Sind die etwa alle tot ?“
„Zieh noch mal ordentlich, das dauert jetzt ein bisschen “, empfahl Seth ihm und reichte die Tüte herüber. „Und mach dir besser Notizen, falls das Zeug dir morgen den Schädel wegsprengt.“
„Viel trinken hilft “, fügte Clyde hinzu. „Meine Schwester hat immer einen Teelöffel Natron ins Wasser getan, und die hatte nie einen Kater.“
„Es tun sich Abgründe auf “, röchelte Jos. Mit tränenden Augen betrachtete er Clydes leicht durchscheinende Gestalt. „Ich kann nicht fassen, dass ich tatsächlich mit einem Geist spreche …“
Seth drückte den Joint vorsichtig in einem Flaschendeckel aus und räumte ihn vorsichtig weg. „Es werden sich gleich noch ganz andere Abgründe auftun. “
„Fang am Anfang an “, meinte Clyde. Er setzte sich im Schneidersitz vor die beiden anderen Jungen. „Und erzähl ihm alles über Diane. Den Teil finde ich bisher am Besten.“
„Wer ist jetzt schon wieder Diane? “
Seth zog eine Grimasse und fuhr sich mit beiden Händen grob durchs Haar. „Oh Mann …“
Die nächsten drei Stunden verbrachte er damit, Jos von seiner ersten Begegnung mit Clyde zu erzählen, ihm Gretchens Bücher zu zeigen und zu erklären, was sich vom Inhalt schon alles als wahr herausgestellt hatte, und ihm eine Kostprobe von Clydes geisterhaften Fähigkeiten zu geben. Nach einem intensiven Blickwechsel und etlichen gezischten Argumenten entschied er sich außerdem dazu, ihm alles über Claire zu berichten. Dass die Blackwoods und Julien mehr Monster als Mensch waren, behielt er jedoch für sich; es gab auch ohne dieses Detail genug über beide Familien zu erzählen, von dem Jos noch nichts wusste.
Als Seth endlich zu seinen wenigen, magischen Erfahrungen und der Begegnung mit Diane kam, ließ die Wirkung des Haschischs allmählich nach und Clyde wurde mit jedem verstreichenden Moment blasser.
„Es ist irgendwie wie nach Hause kommen“, versuchte Seth seinem Freund zu erklären, „aber gleichzeitig auch nicht. Sie hat mir diese ganzen Türen gezeigt, hinter denen ich irgendwas Abgefahrenes gemacht habe, Elefanten reiten und Algen ernten und solches Zeug.“
„Klingt cool “, gähnte Jos. „Ich wünschte, ich hätte solche Träume.“
„Ich habe noch nie vom Algen ernten geträumt “, sinnierte Seth. „Diane sagte, das wären Möglichkeiten, die man hat. Ist das nicht irre? Irgendeine Entscheidung, die ich treffe, könnte mich zum Algenernter werden lassen.“
Jos kicherte. „Algenernter. Ob das krisensicher ist?“
„Nicht, wenn ich diese Krise nicht irgendwie beende.“ Schwerfällig kämpfte Seth sich auf die Füße. „Wieso machst du nicht mal ein Horoskop dafür?“
„Ja, Mann. Oder für mich? “ Clyde fuhr mit der flachen Hand vor Jos’ Gesicht auf und ab, bis der schielte. „Und komm mir jetzt nicht damit, dass ich tot bin. Ich bin noch hier, also hab ich auch eine Zukunft, klar?“
„Okay, okay, aber hör auf mit dem Gewedel, sonst muss ich kotzen. “
Seth half Jos hoch. „Hier wird nicht gekotzt. Nur geschlafen.“
Sie putzten sich mit zufallenden Augen die Zähne und spritzten sich kaltes Wasser ins Gesicht. Clyde beharrte auf das Wundermittel seiner Schwester gegen den Kiffkater, aber da es kein Natron im Haus gab, behalfen er und Jos sich mit je einer Aspirintablette, bevor sie stöhnend auf dem Bett kollabierten.
Den Schlafsack hatten sie nicht einmal ausgerollt, geschweige denn das zweite Kopfkissen bezogen.
Kapitel 24
Seth fühlte sich, als hätte er kaum die Augen zugemacht, da war er schon wieder wach. Und nicht nur das, sein Bewusstsein setzte genau in dem Moment wieder ein, als er über eine kleine Wurzel stolperte, die ganz unscheinbar und harmlos quer über dem Waldweg entlang wuchs.
Er hielt an. „Was mache ich schon wieder hier?“, fragte er in die kühle, vom fahlen Vollmondlicht erhellte Stille des Blackwood Springs Forest. „Ich will doch nur schlafen!“ Ein Wispern kitzelte sein Ohr und er drehte sich herum. Ein einzelner Geist schwebte zwischen den Bäumen hindurch davon und Seth fühlte, wie seine Füße sich geradezu magisch dazu aufgefordert fühlten, ihm zu folgen. „Hat man denn nie seine Ruhe?“
Dennoch folgte er der dahingleitenden Erscheinung, rannte an knorrigen, hochgewachsenen und vom Frost bedeckten Bäumen vorbei und durchquerte silbrig illuminierte Lichtungen, auf denen endlos viele Zaubernussblüten ihn mit ihrem Duft betörten. Er wusste, der Winter war
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