Witch & Wizard 1 - Verlorene Welt (German Edition)

glatte Murmeln, seine Stoffhose hatte scharfe Bügelfalten.
    Ich zog die Augenbrauen hoch. » So sieht man sich wieder? Was Besseres ist dir nicht eingefallen? Klischeehafter geht’s ja wohl nicht.«
    Bei unserer Ankunft im Klinikum für Angeblich Geistig Umnachtete war ich noch ein verängstigtes, verstörtes Kind gewesen. Aber jetzt brauchte es schon einiges, um mich noch aus der Bahn zu werfen. Von dem kleinen Frettchengesicht würde ich mich bestimmt nicht runterziehen lassen.
    Byron lief rot an und presste die Lippen krampfhaft aufeinander. »Maul halten, Hexe! Sonst verabreicht die Oberin dir gerne eine Elektroschockbehandlung, nach der du ungefähr so vorlaut bist wie ein Salatkopf!« Er schenkte mir ein sarkastisches Grinsen, das er sicher regelmäßig vor dem Spiegel übte. Gleich nach seinen sterilen Bädern. »Es gibt Neuigkeiten. Ab sofort geltet ihr beide als Extrem Gefährlich  – eine Kategorie, die den schlimmsten Feinden und schwerwiegendsten Bedrohungen der Neuen Ordnung vorbehalten ist.«
    »Extrem Gefährlich?«, sagte Whit. »Wir fühlen uns geehrt. Selbstverständlich möchten wir unseren Eltern danken. Und Coach Schwietzer von der Highschool.«
    Byron – beziehungsweise das Schleimige Wiesel , wie ich ihn von nun an nennen wollte – fuhr ungerührt fort. »Für euch ist diese Neuerung sowohl eine gute als auch eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass euch all die Tests erspart bleiben, von denen vor Gericht die Rede war. Und die schlechte? Nun, durch eine Einstufung als Extrem Gefährlich sinkt das Hinrichtungsalter von achtzehn auf null . Was wiederum bedeutet … lasst mich kurz nachdenken … dass ihr beide schon morgen gehängt werdet.« Lächelnd strich er sich das ohnehin aalglatte Haar zurück. »Warum denn so sprachlos? Habt ihr eure Zungen weggezaubert? Gar keine coolen Hexensprüche? Wie schade. Wo ich doch zu gerne wüsste, was ihr zu dieser schrecklich aufregenden Neuigkeit zu sagen habt.«

Wisty
    Wenigstens ein Bewohner dieses grau-in-grauen Planeten hatte seinen Spaß.
    Doch das eingebildete Lächeln des Schleimigen Wiesels brachte mich endgültig zum Überkochen. Und in Whit brodelte es sowieso schon länger.
    »Findest du das witzig?«, stieß mein Bruder hervor und ballte die Fäuste. »Was, wenn Wisty deine Schwester wäre? Wenn deine Schwester morgen hingerichtet werden sollte?«
    Das Schleimige Wiesel betrachtete uns selbstgefällig und sagte ganz langsam, damit wir auch jedes Wort verstanden: »Meine Schwester war eine Verräterin. Und ich habe ihren Verrat … gemeldet .«
    Ich konnte es nicht glauben. Selbst früher, als Whit alle meine Puppen mit Schnurrbärten verziert hatte und ich mir aus tiefstem Herzen gewünscht hatte, er wäre nie zur Welt gekommen, hätte ich ihn nicht zum Tode verurteilen wollen. Zu ein bisschen Folter schon … aber doch nicht zum Tod .
    »So, so, du hältst uns also für Extrem Gefährlich?«, sagte ich und klopfte mit dem Trommelstock auf meinen Oberschenkel.
    »Ja«, antwortete das SW. »Ohne euch zwei wird die Welt ein so viel besserer Ort sein.«
    »Weil ich eine Gruselhexe bin?« Ich grinste ihn an. »Eine gruuuuuselige Gruselhexe?«
    »Exakt. Ich schätze, du hast deine Seele verkauft, um an deine dämonischen Kräfte zu kommen.«
    Ich fuchtelte ihm mit dem Trommelstock unter der Nase herum. Auf seinem kleinen, verkniffenen Gesicht trugen Angst und Stolz einen Ringkampf aus. Dann glotzte er mich zornig an. »Runter damit! Das ist ein Befehl!«
    »Aber ich bin doch eine Gruuuuuuselhexe«, erwiderte ich mit meiner schönsten Psychopathenstimme. »Und jetzt verwandle ich dich in einen Kürbis! Bibbidi-Babbedi-Bu!«
    Ich schwang den Trommelstock wie einen echten Zauberstaub …
    … und zuckte erschrocken zusammen, als ein echtes Brrrzzz ertönte und echte Funken aus dem Ende des Stocks schossen. Das SW kreischte panisch auf, und plötzlich dröhnte mir ein lautes Bummmmm in den Ohren. Es klang wie ein Düsenjet, der die Schallmauer durchbricht.
    Als sich der Rauch verzog, standen Whit und ich stocksteif da und starrten auf ein … Versehen. Es war wirklich ein Versehen.
    Ein übles, übles Versehen.

Wisty
    Ich hatte doch Kürbis gesagt, oder? Ich hatte ganz sicher Kürbis gesagt.
    »Verdammt«, flüsterte ich. »Ich glaube, ich habe das Schleimige Wiesel gerade in einen Löwen verwandelt.«
    »Das sehe ich.« Mehr brachte Whit im Moment nicht heraus.
    Der Löwe hustete, legte sich eine Tatze auf die Brust und sagte mit