Witwe für ein Jahr (German Edition)
Scott im Wäscheraum. Er hatte sich nicht mit dem Suspensorium aufgehalten, sondern war so in seine Shorts geschlüpft und hatte es in die rechte Hosentasche gesteckt; die Socken steckten in der linken. Die Schuhe hatte er angezogen, aber nicht zugebunden. Gerade zog er sich das T-Shirt über den Kopf, als Ruth zu einer flachen Rückhand ausholte und ihm den Schläger in die Kniekehle schlug, so daß sein rechtes Bein einknickte. Keine halbe Sekunde nachdem er den Kopf durch den Halsausschnitt gesteckt hatte, schlug ihm Ruth eine weit ausschwingende Vorhand mitten ins Gesicht. Er bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen, aber Ruth hatte den Schlägerkopf schon seitlich gedreht und drosch auf seine Ellbogen ein – eine Rückhand, eine Vorhand, auf beide Ellbogen. Seine Arme waren taub, er konnte sie nicht mehr heben, um sein Gesicht zu schützen. Über einer Augenbraue blutete er bereits. Sie schlug zwei hohe Volleys, auf beide Schlüsselbeine – beim ersten rissen mehrere Saiten der Schlägerbespannung, beim zweiten brach der Schlägerkopf vollständig ab.
Auch der Griff allein war noch eine wirkungsvolle Waffe. Sie drosch damit weiter auf Scott ein, schlug ihn, wo immer sie ihn erwischen konnte. Er wollte auf allen vieren aus dem Wäscheraum kriechen, aber sein rechtes Knie trug sein Gewicht nicht mehr, und sein linkes Schlüsselbein war gebrochen. Deshalb konnte er auch nicht krabbeln. Während Ruth unerbittlich auf ihn einschlug, wiederholte sie die Ergebnisse der einzelnen Spiele, eine ziemlich demütigende Litanei: »Fünfzehn acht, fünfzehn sechs, fünfzehn neun, fünfzehn fünf, fünfzehn eins!«
Als Scott mit dem Gesicht in den Händen dalag, als wäre er seitlich von einem Betschemel gekippt, hörte Ruth zu schlagen auf. Sie half ihm zwar nicht, ließ ihn aber auf die Beine kommen. Da sein rechtes Knie verletzt war, mußte er auf dem linken Bein hoppeln, was ihm zweifellos erhebliche Schmerzen am linken Schlüsselbein verursachte. Die Platzwunde über der Augenbraue blutete heftig. Ruth folgte ihm in sicherer Entfernung zu seinem Wagen. Sie hatte noch immer den Schlägergriff in der Hand; jetzt, ohne den Kopf, hatte er in etwa das richtige Gewicht für sie.
Sie hatte flüchtige Bedenken wegen Scotts rechtem Knie, die sich jedoch nur auf seine Fahrtüchtigkeit bezogen. Dann sah sie, daß er einen Wagen mit Automatik fuhr; im Notfall konnte er Gaspedal und Bremse mit dem linken Fuß betätigen. Sie fand es deprimierend, daß sie einen Mann, der einen Wagen mit Automatikgetriebe fuhr, fast ebenso verachtete wie einen, der Frauen schlug.
Mein Gott, sieh mich an – ich bin die Tochter meines Vaters! dachte Ruth.
Nachdem Scott abgezogen war, holte Ruth den Kopf seines Schlägers aus dem Wäscheraum und warf ihn zusammen mit dem, was vom Griff noch übrig war, in die Mülltonne. Dann wusch sie eine Ladung Wäsche – nur ihre Squashsachen, etwas Unterwäsche und die Handtücher, die sie und Scott benutzt hatten. Es ging ihr hauptsächlich darum, die Waschmaschine zu hören; ihr Geräusch hatte etwas Beruhigendes. Das leere Haus war ihr zu still.
Anschließend trank sie fast einen Liter Wasser und ging dann, wieder nackt, mit einem frischen Handtuch und zwei Eispackungen hinaus zum Pool. Sie nahm eine ausgiebige heiße Dusche in der Außenkabine, seifte sich zweimal ein und wusch sich auch zweimal die Haare; dann setzte sie sich auf die unterste Stufe am flachen Ende. Sie legte eine Eispackung auf ihre rechte Schulter und hielt sich die andere so ans Gesicht, daß sie ihren Wangenknochen und das rechte Auge bedeckte. Sie hatte es bewußt vermieden, in den Spiegel zu blicken, spürte aber, daß Wangenpartie und Auge geschwollen waren; ihr rechtes Auge ließ sich nur noch einen Spaltbreit öffnen. Morgen früh war es sicher zugeschwollen.
Nach der heißen Dusche empfand sie das Wasser im Pool zunächst als kalt, aber es war seidig weich und viel wärmer als die Nachtluft. Es war eine klare Nacht; man konnte bestimmt eine Million Sterne sehen. Ruth hoffte, daß es in der nächsten Nacht, wenn sie nach Europa flog, ebenso klar sein würde. Aber sie war zu erschöpft, um weiter an ihre Reise zu denken. Sie ließ sich vom Eis betäuben.
Sie saß so reglos da, daß ein kleiner Frosch ganz nah zu ihr hinschwamm. Behutsam umschloß sie ihn mit der Hand und setzte ihn auf den Lattenrost; er hüpfte davon. Früher oder später hätte ihn das Chlor umgebracht. Dann rieb Ruth ihre Hand unter Wasser, bis das
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