Witwe für ein Jahr (German Edition)
»Ich gebe nur wieder, was Marion mir gesagt hat.«
»Nach den Monaten, die sie mit dir verbracht hat, wer wird da noch auf Marion hören?« fragte Ted.
»Sie hat gesagt, daß du das sagen würdest«, erklärte Eddie. »Sie sagte, sie kennt mehr als nur ein paar Mrs. Vaughns, die bereit wären auszusagen, falls es dazu kommen sollte. Aber sie rechnet gar nicht damit, das Sorgerecht für Ruth zu bekommen. Ich sage dir nur, daß du deinen Alkoholkonsum einschränken mußt.«
»Okay, okay«, sagte Ted und trank sein Glas aus. »Herrgott noch mal! Warum mußte sie sämtliche Fotos mitnehmen? Es gibt doch Negative. Sie hätte die Negative mitnehmen und sich selbst Abzüge machen lassen können.«
»Sie hat auch alle Negative mitgenommen«, eröffnete ihm Eddie.
»Den Teufel hat sie getan!« schrie Ted. Er stürzte aus seiner Werkstatt, dicht gefolgt von Eddie. Die Negative befanden sich bei den ursprünglichen Abzügen; diese steckten in rund hundert Kuverts, die alle in einem Rollpult in der Nische zwischen Küche und Eßzimmer untergebracht waren. An diesem Schreibtisch saß Marion, wenn sie Rechnungen beglich. Nun erst bemerkten Ted und Eddie, daß das ganze Rollpult verschwunden war.
»Das habe ich noch vergessen«, gab Eddie zu. »Sie sagte, es sei ihr Schreibtisch, es sei das einzige Möbelstück, das sie haben will.«
»Der verdammte Schreibtisch ist mir scheißegal!« brüllte Ted. »Aber sie kann nicht beides haben, die Fotos und die Negative. Es waren auch meine Söhne!«
»Sie hat gesagt, daß du das sagen würdest«, meinte Eddie. »Sie sagte, du wolltest Ruth haben, sie nicht. Jetzt hast du Ruth. Und sie hat die Jungen.«
»Mir steht die Hälfte der Fotos zu, verdammt noch mal«, sagte Ted. »Mein Gott … und was ist mit Ruth? Sollte nicht sie die Hälfte der Fotos bekommen?«
»Davon hat Marion nichts gesagt«, gestand Eddie. »Ich bin sicher, ihr Anwalt wird alles erklären.«
»Marion wird nicht weit kommen«, sagte Ted. »Sogar das Auto ist auf meinen Namen zugelassen. Beide Autos sind auf meinen Namen zugelassen.«
»Der Anwalt wird dir sagen, wo der Mercedes steht«, teilte Eddie ihm mit. »Marion wird ihm die Schlüssel schicken, und er wird dir sagen, wo sie den Wagen abgestellt hat. Sie sagte, sie braucht keinen Wagen.«
»Aber Geld wird sie brauchen«, sagte Ted gehässig. »Was will sie tun, um an Geld zu kommen?«
»Sie sagte, der Anwalt wird dir sagen, wieviel sie braucht«, antwortete Eddie.
»Herrgott noch mal!«
»Du hattest doch ohnehin vor, dich scheiden zu lassen, oder?«
»Ist das Marions Frage oder deine?«
»Meine«, gab Eddie zu.
»Beschränk dich auf das, was dir Marion aufgetragen hat, Eddie.«
»Sie hat mir nicht aufgetragen, das Foto abzuholen«, sagte Eddie. »Das war Ruths Idee, und meine. Ruth ist als erste drauf gekommen.«
»Das war eine gute Idee«, räumte Ted ein.
»Ich habe dabei an Ruth gedacht.«
»Das weiß ich. Danke.«
Dann schwiegen beide ein paar Sekunden. Sie hörten, wie Ruth dem Kindermädchen ununterbrochen zusetzte. Im Moment sah es so aus, als würde Alice eher zusammenbrechen als Ruth.
»Was ist mit dem da? Erzähl es mir!« verlangte sie. Ted und Eddie wußten sofort, daß Ruth auf einen leeren Bilderhaken deutete; sie wollte, daß Alice ihr die Geschichte zu dem fehlenden Bild erzählte. Natürlich konnte sich das Kindermädchen nicht erinnern, welches Foto an der Stelle gehangen hatte, auf die Ruth zeigte. Und die Hintergrundgeschichten zu den meisten Fotos kannte sie ohnehin nicht. »Erzähl schon! Was ist damit?« wiederholte Ruth ihre Frage.
»Es tut mir leid, Ruth, aber ich weiß es nicht«, sagte Alice.
»Das ist das, wo Thomas den großen Hut aufhat«, erklärte Ruth ihr verärgert. »Timothy versucht, seinen Hut zu erwischen, aber er kann ihn nicht erwischen, weil Thomas auf einem Ball steht.«
»Ach, du erinnerst dich daran«, sagte Alice.
Wie lange wird ihre Erinnerung wohl vorhalten? überlegte Eddie. Er beobachtete Ted, der sich einen zweiten Drink einschenkte.
»Timothy hat dem Ball einen Tritt gegeben, und Thomas ist runtergefallen«, fuhr Ruth fort. »Thomas war wütend und hat zu raufen angefangen. Thomas hat beim Raufen immer gewonnen, weil Timothy kleiner war.«
»War die Rauferei auf dem Foto zu sehen?« fragte Alice.
Die falsche Frage, wie Eddie wußte.
»Nein, bist du blöd!« schrie Ruth. »Das mit dem Raufen war nach dem Foto!«
»Ach so«, sagte Alice. »Tut mir leid …«
»Willst du was trinken«,
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