Wizards of Nevermore Bd. 1 - Eine Hexe in Nevermore
Enthüllung über die Rackmores die Kammern des Höchsten Gerichts erschütterte. »Bleib da, Gray. Mach deine Arbeit. Hier ist alles in Ordnung. Ich habe doch dich!«
»Das verdammte Gericht!«, hatte er geflucht und sie damit zum Lachen gebracht. Dann musste er versprechen, ja nicht früher nach Hause zu kommen. Dabei wollte er seine Frau am liebsten sofort in den Arm nehmen und ihr sagen, wie unwichtig es für ihn war, dass er eine Rackmore geheiratet hatte. Er liebte sie – und Liebe war für ihn gleichbedeutend mit Loyalität. Sein Herz schmerzte, als er an den Fuß der Treppe trat.
»Wag ja nicht, nach oben zu kommen, wenn du noch die Schuhe anhast!«
Er war kurz davor, mit seinem Fuß die polierte Holzstufe zu berühren, und musste schmunzeln. Endlich entspannte sich sein Körper, und er ging unbeschwert noch einmal zurück in die Eingangshalle und zog seine Schuhe aus.
Sie waren jetzt seit fast zwei Jahren verheiratet, nachdem er turbulente sechs Monate um Kerren geworben hatte. Ihre Eltern hatten die Ankündigung von der Verlobung weitaus positiver aufgenommen als seine Mutter. Leticia Calhoun hatte ihm sogar alle nur denkbaren Argumente entgegengehalten: Du bist zu jung. Du bist noch zu neu am Hohen Gericht. Du bist ein Drache. Sie ist ein Rabe. Und so weiter und so fort. Doch am Ende hatte sie ihnen beiden doch ihren Segen gegeben.
Trotz der Bedenken seiner Mutter führten sie eine glückliche Ehe, und Gray machte schnell Karriere. Die durch ihn herbeigeführte Schlichtung diverser langwieriger Streitigkeiten innerhalb des Geschlechts der Drachen führte zu einer nie da gewesenen Zusammenarbeit und vielen kreativen Beschlüssen. Mit seinen erfolgreichen Verhandlungen erwarb er sich viele Freunde, einige Feinde und, das war erst vergangene Woche gewesen, die höchste Auszeichnung, die ein Geschlecht einem Mitglied verleihen konnte: den Titel des Ehrenmagiers.
Er stellte seine Schuhe in den Schrank in der Eingangshalle, schlüpfte aus seiner Robe und hängte sie auf einen Bügel. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass seine Frau dem Personal offensichtlich freigegeben hatte. Als die Welt den Widerhall dessen vernahm, was einige »die große Abrechnung« nannten, war ein Chaos losgebrochen.
Denn der Reichtum aller Rackmores war dahin.
Tag für Tag hatten Gerüchte und Spekulationen die Runde gemacht, bis ein einfallsreicher Gelehrter begann, die Archive der Ehrwürdigen Bibliothek zu durchforsten. Dort entdeckte er einen einzigen Tagebucheintrag von Pickwith Rackmore, dem Earl of Mersey, einem bekannten Raben, der im sechzehnten Jahrhundert rasch in den Reihen seines Geschlechts aufgestiegen war. Stolz schwang mit in den Worten, mit denen er das Ritual beschrieb, mit dem seine gesamte Familie immer wieder einen Dämonenlord angerufen hatte. Mit diesem Lord hatte die Familie einen Pakt geschlossen, der ihnen ewigen Reichtum versprach. So war das märchenhafte »Stroh-zu-Gold-Spinnen« in den letzten fünfhundert Jahren Realität für die Familie Rackmore gewesen. Die detailreiche Schilderung, wie dafür die jüngste Tochter des Earls und ihr Ehemann geopfert wurden, war besonders widerwärtig.
Sie hatten jedoch nicht bedacht, dass die nachfolgenden Generationen ernten würden, was ihre Generation einst gesät hatte. Todesmagie und geheime Bündnisse mit Dämonen waren die zwei größten Verfehlungen, die ein magisches Wesen begehen konnte. Der Earl of Mersey und seine Familie hatten sich nicht nur auf beides eingelassen, sie hatten sich auch auf ewige Zeiten mit dem Haus der Raben verbunden.
Die Auswirkungen dieser Verquickung waren immens.
Doch an all das wollte Gray im Moment nicht denken. Jetzt wollte er sich erst einmal um die Bedürfnisse seiner wunderschönen Frau kümmern. Kerren war eine willensstarke und pragmatische Frau. Wenn eine Rackmore diesem Sturm trotzen konnte, war sie es.
Und außerdem hatte sie ja ihn – er würde sie nie im Stich lassen.
Gray nahm zwei Treppenstufen auf einmal. Auch im oberen Stockwerk war es dunkel, aber natürlich fand er den Weg zu ihr problemlos. Kerren stand in der Mitte ihres üppig eingerichteten Schlafzimmers, das nur vom gedämpften Licht der Nachttischlampe erhellt wurde.
Sie trug ein durchscheinendes silbernes Gewand, das ihre Figur betonte. Er wusste, welche Freuden sich darunter verbargen, und konnte es kaum erwarten, ihr das Gewand abzustreifen. Sie war so wunderschön. Das lange blonde Haar fiel in seidigen Locken auf ihre Schultern. Jetzt
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