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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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bezeichnen, ein organischer Bestandteil und kollektive Nutznießer sind.
    Doch kehren wir zu Nawalny zurück. Die Beweise für die Anschuldigungen, die beim Gericht von Kirow von der Staatsanwaltschaft vorgebracht wurden, sahen für Uneingeweihte alles andere als überzeugend aus. Dennoch erklärte das Gericht den Oppositionellen am 17. Juli 2013 für schuldig und verurteilte ihn zu fünf Jahren Freiheitsentzug in einer Besserungsarbeitskolonie mit allgemeinem Strafvollzug, also in einem ganz gewöhnlichen russischen Gefängnis, in dem normalerweise nur zwei Typen von Inhaftierten überleben: a) Menschen mit messianischem Bewusstsein, die Erniedrigungen als unabdingbaren Teil ihres Wegs zur Rettung des Landes und/oder der Menschen sehen – wie beispielsweise der Literaturnobelpreisträger und Autor des berühmten Buchs Archipel Gulag (1970) Alexander Solschenizyn, oder b) Lumpengestalten, denen ihr irdisches Dasein einerlei ist, jene, die sich am Rande der für diesen Soziotypus geltenden traditionellen Vorstellungen von Gut und Böse befinden – »Seelen, so zugrunde gerichtet, dass sie keinen Kummer mehr empfinden« (Joseph Brodsky).
    Die Nachricht von Nawalnys realer Verurteilung rief beim RuBiBü Empörung hervor. Am Abend desselben Tages kamen ungefähr 20.000 Menschen zu einer ungenehmigten Protestaktion an der Staatsduma in Moskau zusammen. Der informelle Slogan dieser Aktion war: »Freiheit für Nawalny!« Doch noch vor Beginn der Aktion um 19 Uhr brachte niemand anderes als die Staatsanwältin des Verwaltungsgebiets von Kirow (!) – ein praktisch beispielloser Fall für das russische Rechtssystem der Gegenwart – ihren Protest gegen die Verhaftung Nawalnys zum Ausdruck und forderte die Freilassung des Oppositionellen bis zum Berufungsverfahren, das für den 9. Oktober angesetzt worden war. Und – o Wunder! – bereits am 18. Juli gelangte Nawalny auf freien Fuß.
    Zurück in Freiheit verkündete der Oppositionelle auf den Stufen des Gerichtsgebäudes, er verdanke seine unerwartete Freilassung den russischen Bürgern, die an der Staatsduma demonstriert hätten. Das war natürlich ein Bluff: Die Entscheidung, Nawalnys Status eilig zu überprüfen und einen staatsanwaltschaftlichen Protest einzulegen, war bereits getroffen worden, als die Massenaktion begann. Der bekannte russische Blogger hat seine Freiheit ausschließlich zwei russischen Bürgern zu verdanken: Wjatscheslaw Wolodin und dem Bürgermeister von Moskau Sergei Sobjanin.
    Im Juni 2013 hatte Sobjanin nämlich unerwartet seinen Rücktritt vom Amt des Bürgermeisters eingereicht, um damit gesetzlich eine vorzeitige Neuwahl des Moskauer Oberhaupts zu provozieren. Auf diese Weise wollte er seine Legitimität unter den Bedingungen der Wiedereinführung direkter Wahlen innerhalb der Föderation festigen. Denn der Bürgermeister Sobjanin war im Unterschied zu seinem Vorgänger Juri Luschkow, der die russische Hauptstadt von 1992 bis 2010 regiert hatte, nie gewählt worden. Die Moskauer Stadtduma (das Parlament der Stadt und der Region) hatte ihn 2010 auf Vorschlag von Dmitri Medwedew dazu ernannt.
    So hatte Sobjanin also die Wahlen provoziert, um nicht mehr nur ernannter, sondern gewählter Stadtchef zu sein. Und damit die Wahlen ehrlich aussahen, oder vielleicht für die Schaffung der Illusion von Transparenz des Wahlvorgangs, brauchte er einen Gegner, der sich außerordentlicher Beliebtheit beim Moskauer RuBiBü erfreute: Alexei Nawalny. Schließlich hatte dieser Mann die virtuellen Bürgermeisterwahlen Moskaus gewonnen, die Ende 2009 von der Zeitung Kommersant und dem Internetportal Gazeta.ru ausgerufen worden waren.
    Hier hatte auch Wjatscheslaw Wolodin seine Chance gewittert. Seine Ziele deckten sich mit denen von Sobjanin, wenn auch nur teilweise. Er wollte nicht nur die aktuelle Machtlage in der Hauptstadt legitimieren, sondern Sergei Sobjanin auch von dem Gedanken abbringen, Ministerpräsident des Landes (zum Beispiel 2015) und Nachfolger von Wladimir Putin (2018) werden zu wollen. Denn inoffiziell hält man offensichtlich immer noch Dmitri Medwedew für den Nachfolger, wenn auch kaum jemand an seine triumphale Rückkehr in den Kreml zum Ende der jetzigen Periode von Putins Regentschaft glaubt. Nach der gewonnenen Wahl müsste Sobjanin bis September 2018 auf seinem Stadtchefsessel auf der Twerskajastraße 13 bleiben, sonst würden die nörglerischen Moskauer, die ihm das Machtmandat für eine fünfjährige Frist erteilt haben, das einfach nicht

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