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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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am 25. Oktober 2003 festgenommen. Das war kurz nach der Veröffentlichung des besagten Berichts, weswegen einige bis heute nicht müde werden zu behaupten, »Belkowski hat Chodorkowski hinter Gitter gebracht«. Ich betone: Diese Auffassung ist völlig falsch und wurzelt vor allem darin, dass der Bericht seinerzeit viel Lärm auslöste und verurteilt wurde, obwohl nur wenige ihn gelesen haben. Das heutige Russland kann keine langen Texte ertragen.
    Dennoch: Wer, wenn nicht ich, kann eine retrospektive Analyse dessen leisten, was mit Chodorkowski und seinem Umfeld in diesen zehn Jahren geschah? Ich werde versuchen, einige häufige Fragen aufzugreifen und meine Antworten darauf zu geben.
    War Chodorkowskis Verfolgung politischer Natur? Hatte MBCh deswegen zu leiden, weil er die russischen oppositionellen Parteien finanziell unterstützte, wie einige Beobachter behaupten?
    Ja und nein.
    Argumentiert man mit den Begrifflichkeiten der offiziellen Politik (Parlamentswahlen, Finanzierung der Opposition und so weiter), dann handelt es sich um eine unpolitische Angelegenheit. MBCh half der linksliberalen Opposition in der Partei Jabloko in Abstimmung mit dem Kreml und der rechtsliberalen Union der rechten Kräfte (SPS) sowie den Kommunisten geradezu auf Initiative des Kremls.
    Dabei verkündete Chodorkowski am 18. April 2003 in einer offiziellen Erklärung, die über die Kanäle der Nachrichtenagenturen verbreitet wurde, dass er als Bürger der Russischen Föderation beabsichtige, die »Partei der Macht«, also »Einiges Russland«, zu unterstützen. Damit war gemeint, dass die Opposition (auch wenn sie innerhalb des Systems agiert und sich loyal verhält) ein nicht obligatorisches Dessert darstellt, während man das Hauptgericht, die politische Stütze des Kremls, nicht zurückweist.
    Der Kreml brauchte damals diese alternative Finanzierung der rechtsliberalen SPS, um den monopolistischen Einfluss von Anatoli Tschubais auf die von ihm gegründete Partei zu unterlaufen. Und was die KP der Russischen Föderation anbelangt, so hatte die föderale Macht von Ende 2002 bis Anfang 2003 zwei ungerechtfertigte Befürchtungen gegenüber den Kommunisten.
    Erstens gab es die Sorge, die Kommunisten könnten bei den Wahlen zu viele Stimmen erhalten, zum Beispiel 30 Prozent oder mehr, was der KP unerwünschte Chancen gegeben hätte, mit dem Kreml um Regierungsposten zu feilschen. Aus diesem Grund entstanden in den Köpfen der machtnahen Denker verschiedene monströse Denkgebäude wie »Putin muss die KP anführen« – im April 2003 veröffentlichte der bekannte kremlnahe Intellektuelle Witali Tretjakow einen programmatischen Artikel dieses Inhalts in der Rosskijskaja gaseta .
    Die zweite Befürchtung lag darin, die Kommunisten könnten Gelder von dem in Ungnade gefallenen Oligarchen Boris Beresowski erhalten. Verhandlungen dieser Art gab es tatsächlich seit Herbst 2002. Später behaupteten die Vertragspartner, ihnen sei das verfluchte Geld von Beresowski egal gewesen, sie wollten nur den Kreml provozieren, damit der ihnen schnellstens einen »genehmigten« Sponsor schickt.
    Um beide Befürchtungen zu entkräften, musste die Kontrolle über die KP hinsichtlich Organisation und Finanzen verstärkt werden. Und genau darum bat man nun MBCh, der seine Vertreter in das Lager der Kommunisten geschickt hatte und auf ihre Kandidatenliste vorgedrungen war: mit dem ehemaligen JUKOS-Präsidenten Sergei Murawlenko und dem Veteran der politischen Fahndung Alexei Kondaurow. Offiziell nannte man das: »Sie beteiligen sich aus eigener Initiative am Kommunismus und tragen die Kosten selbst.«
    Von dieser Zeit an begann Alexander Prochanow, der Chefredakteuer der linksnationalen Zeitung Zavtra, Objekte von JUKOS aufzusuchen und wortreiche Artikel im Geiste von »nicht blut-, sondern ölbefleckt« zu schreiben. Es war also ursprünglich nicht nur Woloschin, sondern auch Wladimir Putin, der die Finanzierung der Kommunisten legalisierte. Andererseits zog Putin im Herbst 2003 seine Zustimmung zurück, was wiederum nicht der Grund, sondern nur der Anlass der verstärkten Attacken auf MBCh und sein Geschäftsimperium war.
    Wenn man jedoch das schicksalhafte Jahr 2003 durch die Lupe des politischen Apparates betrachtet, ist der Fall Chodorkowski ein klar politischer, denn er steht in direkter Verbindung mit den Spielen der politischen Hinterzimmer – einem Schlüsselelement der russischen Politik damals und heute.
    Zu Beginn des Jahres 2003 wurde denen, die

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