Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
denken mag, er war ein Mensch der ersten Zeitkategorie, wie es sich für einen Schizophrenen gehört. In der Epoche des Parasitismus gab es keinen Platz für ihn. Ganz objektiv. Aber Menschen mit dieser Charakterprägung sind ja nicht in der Lage, objektiv zu denken. Beresowski richtete keine böse Verschwörung zugrunde, sondern die Paranoia der heutigen Zeit.
Ich beweine ihn, weil ich gern mit ihm zusammen war. Wir konnten zusammen nächtelang über die russische Literatur sprechen. Mit welchen Menschen seines Formats könnte man das sonst noch? Ich weiß es nicht.
Wohl kaum mit Wladimir Putin. Aber die Nähe von Putin und Beresowski blieb bis zu den letzten Tagen erhalten. Davon zeugen die unbeantworteten Briefe und WWPs Kommentare zum Ableben seines »Feindes«.
Trotz allem ist Putin eher ein Mensch als ein Politiker, das sollte man nicht vergessen.
c) Zu Putins Gegnern zählt man üblicherweise auch eine Gruppe russischer Geschäftsleute, die sich in ihrer Heimat durch ihr Vorgehen einigen Ärger eingehandelt haben.
Da wäre, zum Beispiel, Jewgeni Tschitschwarkin, der ehemalige Eigentümer von Ewroset, dem größten Netz von Mobilfunkgeschäftsstellen. 2010 wurde gegen Tschitschwarkin ein Strafprozess wegen des Verdachts auf Schmuggel von Mobilfunkgeräten angestrengt. Der Chef des Sicherheitsdienstes von Ewroset, Boris Lewin, kam deswegen sogar für einige Zeit ins Gefängnis. Tschitschwarkin selbst konnte mit seiner Familie unangetastet nach London, dem Mekka des russischen Großkapitals, ausreisen. Dort kehrte er lautstark den Gegner des »blutigen Regimes« von Waldimir Putin hervor. Die progressive Öffentlichkeit in Russland und außerhalb erkannte den Geschäftsmann praktisch als Opfer der Verfolgung durch den Kreml und Putins Feind an.
Tschitschwarkin trat oft bei oppositionellen Mahnwachen vor der russischen Botschaft in Großbritannien in Erscheinung (wobei er übrigens peinlich darauf achtete, dabei nicht zusammen mit Boris Beresowski gefilmt oder fotografiert zu werden.) Bald darauf stellte sich übrigens heraus, dass an der Firma Ewroset einfach nur deutlich einflussreichere Geschäftsleute Interesse gehabt hatten, insbesondere die Gruppe Alfa-Konsortium und Alexander Mamut. Als Tschitschwarkin seine Aktiva an die »richtigen« Käufer für den richtigen, das heißt, gesenkten Preis verkauft hatte, wurde die Strafanklage gegen den Top-Manager von Ewroset zwar nicht rasch, aber zielstrebig niedergelegt. Der Anführer des »blutigen Regimes«, Putin, blieb offensichtlich auch danach in Unkenntnis der ganzen Geschichte. Oder nehmen wir, zum Beispiel, Alexander Lebedew, den Inhaber der Nationalen Reservenbank, eben jener, der 1996 den Mitarbeitern von Boris Jelzins Wahlkampfstab den legendären »Kopierpapierkarton« zur Verfügung gestellt hatte. Herr Lebedew neigt zu allerlei Formen aufständischen Verhaltens. Er gilt als Eigentümer des Verlagshauses Nowaja Gaseta , das Putin und einigen Figuren aus seiner Umgebung durchaus kritisch gegenübersteht. Die dem Bankier gehörende Zeitung Moskowski Korrespondent versuchte 2007/08 das Geheimnis der angeblichen Affäre Putins mit der Sportlerin Alina Kabajewa zu lüften.
Lebedew erlaubte sich mehrfach ziemlich kritische Äußerungen über das in Russland herrschende politisch-ökonomische Regime. Schließlich brachte der Bankier als Minderheitsaktionär der Fluggesellschaft Aeroflot (die größte russische Fluggesellschaft hat überhaupt immer ziemliches Glück mit ihren oppositionellen Aktionären) 2012 einen der Organisatoren der Protestveranstaltungen auf dem Bolotnaja-Platz und dem Sacharowprospekt in den Direktorenrat – den bekannten Korruptionsgegner Alexei Nawalny. Kritiker des »blutigen Regimes« neigen dazu, Lebedews Schicksal vorzeitig zu beweinen und davon auszugehen, dass man den Geschäftsmann sicher bald verhaften und dann auch umbringen werde. Derartige Ereignisse lassen allerdings schon Jahre auf sich warten. Auf jeden Fall gibt es den Verdacht, Lebedews Aufmüpfigkeit werde sich in Luft auflösen (so wie Beresowskis Vermögen in der verzweigten Patarkazischwili-Familie), sobald die Aktiva der Nationalen Reservenbank an die staatliche Korporation Wneschekonombank – Entwicklungsbank verkauft sind.
Derartige virtuelle Als-ob-Feinde hat Putin viele. Nur hält Putin sie nicht für solche. Und auch die Quasifeinde würden einiges geben für ein geneigtes Lächeln des großmächtigen »Opponenten«.
Dennoch hat der Präsident einen
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