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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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Putin auf den Thron gebracht hatten (Alexander Woloschin, die Familie Boris Jelzins und andere), klar, dass einige »Tschekisten aus Petersburg«, die der zweite Präsident aus seinem Verschlag hervorgeholt hatte, gefährlich an Stärke gewannen. Anfangs hatte man diese Leute nicht sonderlich ernst genommen. An der Macht befand sich de facto ein reines »Familienkommando«. Putin spielte eher eine repräsentative Rolle und war der »mongolische Kosmonaut«, dem man eingeschärft hatte, ja nicht auf die falschen Knöpfe zu drücken, damit kein Alarm ausgelöst werde.
    Dennoch kamen in Russland seit Januar 2000, als WWP die wichtigsten Büros des Kreml bezog, Dutzende »Enkel von Karl Marx« zum Vorschein: Es handelte sich um Kommilitonen, Freunde und Verwandte des neuen Präsidenten. Doch diesen Schwindlern gelang es nicht, sich durch ihren Überfall irgendetwas von Wert unter den Nagel zu reißen. Und selbst Putins Durchbruch bei den Kaderentscheidungen im März 2001 änderte wenig am Erscheinungsbild des politischen Apparats.
    Ein jähes Aufleben des Lobbyismus unter Putins Mannschaft vollzog sich im Frühjahr 2002, als der Inhaber der Meschprombank, Sergei Pugatschow (bekannt für seinen langen Bart und seine Gefängnisvergangenheit als »russisch-orthodoxer Bankier«), sich im Bündnis mit dem Präsidenten der Erdölfirma Slawneft, Michail Guzerijew, diese Firma plötzlich aneignen wollte. Dabei sollte sie nach dem staatlichen Plan des Systems gar nicht ihm, sondern Roman Abramowitsch zukommen, über dessen tatsächlichen und im Laufe der Zeit unveränderten Einfluss auf Putin wir ja bereits sprachen. Es wurde schnell und hart für Ordnung gesorgt: Man ließ Pugatschow abblitzen, Guzerijew verlor seinen staatlichen Posten, und Slawneft kam in die ihr zugedachten Hände – in die von Abramowitsch.
    Woloschin & Co. konnte der interne Aufstieg einiger Figuren, die für die »Familien«-Gruppe völlig nutzlos und deshalb unannehmbar waren, nicht kaltlassen. Vor allem betraf das Igor Setschin, den Chef der Präsidentenkanzlei. Dieser Mann hatte als langjähriger Vertrauter Putins und dessen engster Mitarbeiter in den Jahren der Bürgermeisterschaft in Sankt Petersburg den Präsidenten immer mehr in seine verführerischen Netze gelockt. Oder Juri Saostrowez, stellvertretender Direktor des FSB für wirtschaftliche Sicherheit, der es zu diesem Zeitpunkt ernsthaft auf den Posten des Vorsitzenden des Staatlichen Zollkomitees (GTK) der Russischen Föderation abgesehen hatte.
    Auf diese Weise entstand die Idee für einen Spielzug, der Wladimir Putin zwingen würde, seine übereifrigen Vertreter staatlicher Machtorgane aus dem großen Spiel zu entfernen. Ihr unverändert induktives Denken hatte der Kreml-Leitung einen üblen Streich gespielt: Wenn jemand in der Vergangenheit gut gearbeitet hat, dann tut er es auch jetzt. Schließlich wurde das Szenario von 1996 gewählt, das unter dem Arbeitstitel »Kopierpapierkarton« in die Geschichte eingegangen ist: Zunächst wird die Situation hochgekocht, es entsteht die Gefahr einer Diskreditierung des Präsidenten im Einzelnen und der Macht im Ganzen, wonach das Staatsoberhaupt die einzig richtigen Kaderentscheidungen fällt.
    Aber zur Realisierung dieses Spielzugs brauchte man einen neuen Kopierpapierkarton, genauer gesagt, einen Rammbock. Man musste einen starken Spieler finden, der die Aufmerksamkeit Putins und der Welt auf die Unannehmbarkeit der neuen Träger verborgener Macht richtet und sich damit dem Beschuss stellt. Für die Rolle des Rammbocks wurde Michail Chodorkowski ausgewählt.
    Ich meine keineswegs, dass MBCh von der Mannschaft Woloschin/Abramowitsch ganz bewusst hinter Gitter gebracht wurde. Natürlich nicht. Sie waren aufrichtig davon überzeugt, Chodorkowski würde nichts geschehen, denn das war nach den Spielregeln einfach nicht möglich. Auf jeden Fall würde er nicht ohne Woloschins Zustimmung hinter Gitter kommen, er war schließlich an allen Entscheidungen dieser Größenordnung beteiligt. Was daraus wurde, wissen wir. Man wollte den Eigentümer von JUKOS als Schwergewicht benutzen, das Igor Setschin niederreißen sollte. Aber es kam ein wenig anders: Setschin konnte sich ducken, das Gewicht schnellte über seinen Kopf hinweg, schlug mit großem Krach gegen die Wand und traf beim Rückschlag Woloschin.
    Das jedoch geschah erst im Herbst 2003. Anfang des Jahres sah für MBCh und seine Freunde alles viel rosiger und optimistischer aus. Man bereitete die

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