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Wo bist du

Wo bist du

Titel: Wo bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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fühle mich geschmeichelt, das ist doch dein Lieblings-Comic.« »Ich albere herum, aber weißt du ...«
    Sie hat sich erhoben, er ergreift ihre Hand, drückt sie fest. »Ich weiß! Mach, dass du verschwindest.«
    Er presst die Lippen auf ihren Handteller, sie beugt sich vor und küsst ihn auf den Mundwinkel; dann tritt sie zurück und streicht ihm dabei liebevoll über die Wange.
    »Siehst du, du wirst älter, du kratzt!«
    »Immer zehn Stunden nach dem Rasieren. Jetzt geh, sonst verpasst du noch deine Maschine.«
    Sie wendet sich ab und geht. Als sie fast an der Tür angelangt ist, ruft er ihr nach, sie solle auf sich aufpassen. Sie dreht sich nicht um, hebt nur den Arm und winkt mit der Hand. Die dunkle Holztür schließt sich langsam und verschlingt ihre Silhouette. Er bleibt noch eine Stunde sitzen, nachdem ihre Maschine am Himmel verschwunden ist. Er fährt mit dem Bus zurück nach Manhattan. Es ist schon dunkel, als er ankommt, und er beschließt, den restlichen Weg durch SoHo zu Fuß zurückzulegen.
    Als er am Fanelli's vorbeikam, sah er durchs Fenster und überlegte, ob er hineingehen sollte. Die großen Kugelleuchten an der Decke warfen ein gelbliches Licht auf die leicht vergilbten Wände; in ihren Holzrahmen wachten Joe Frazier, Luis Rodriguez, Sugar Ray Robinson, Rocky Marciano und Muhammad Ali über den Raum, in dem Männer vergnügt in ihre Hamburger bissen und Frauen Pommes frites mit den Fingern aßen. Er überlegte es sich anders, er war nicht hungrig. Er ging auf direktem Weg nach Hause. In Washington betrat Susan ihr Hotelzimmer. Im gleichen Augenblick trat Philip vor sein
    Bett und betrachtete es gedankenverloren. Er strich über das rechte Kopfkissen, wandte sich ab und ging ins Wohnzimmer. Er deckte den Tisch nicht ab, starrte lange Minuten darauf und beschloss, auf dem Sofa zu schlafen. Morgen würde er das Paket abliefern.
Kapitel 3
Kapitel 5
Kapitel 8
ENDE

Kapitel 3
    10.    Oktober 1976 Susan,
    ich hätte dir schon eher schreiben sollen, aber mir fehlten einfach die richtigen Worte. Und ich hatte den Eindruck, mein Quantum an Blödsinn für dieses Jahr erfüllt zu haben, deshalb habe ich lieber gewartet. Hat der Wirbelsturm, der über Mexiko getobt hat, auch euch berührt.? Die Presse spricht von über zweitausend Toten und vierzehntausend Verletzten. Mexiko ist gar nicht so weit von dir, und jede Katastrophenmeldung aus Gegenden in deiner Nähe machen mir Angst. Ich wünschte so sehr, du könntest unseren Streit vergessen. Ich hatte nicht das Recht, dir diese Dinge zu sagen, ich wollte nicht über dich richten, es tut mir so Leid. Ich weiß es gelingt mir oft, dich auf ganz dämliche Weise zu provozieren. Schuld ist meine idiotische, unkontrollierbare Dickköpfigkeit, dabei weiß ich doch, dass dich meine Worte nicht zur Rückkehr bewegen, dass meine Gedanken nicht den Lauf deines Lebens verändern können. Doch viele große Liebesgeschichten scheinen mit einer Karenzzeit zu beginnen. Lass von dir hören und sei zärtlich umarmt,
    Philip
    11.    November Philip,
    ich habe deinen Brief erhalten, und ... natürlich hattest du das Recht. Du hattest Unrecht, aber auch darauf hast du ein Recht; obwohl du es nicht wolltest, kamen deine Worte einem Urteil gleich. Ich vergesse sie nicht, diese Worte, im Gegenteil, ich denke oft darüber nach, denn welchen Sinn hätte es sonst gehabt, sie auszusprechen? Wir sind von Lisa - das ist der Name des Wirbelsturms, nach dem zu fragtest -verschont geblieben. Zum Glück, denn die Dinge sind ohnehin schon kompliziert genug, und ich glaube, ich hätte sonst aufgegeben. Dieses
    Land ist etwas ganz Besonderes, weißt du? Das Blut der Toten unter der Erde ist schon getrocknet. Auf diesen Blutflecken des Elends haben die Einwohner ihre Häuser neu aufgebaut und haben wieder zusammengetragen, was von ihren Familien und ihren Existenzen geblieben ist. Ich kam hierher, befangen in meinen Vorurteilen, die mich glauben ließen, ich sei intelligenter, gebildeter, in allem sicherer als sie. Mit jedem Tag, den ich an ihrer Seite verbringe, fühle ich mich schwächer als sie und sie stärker, als ich es bin.
    Ist es ihre Würde, die sie so schön macht? Wir helfen nicht einer vom Überlebenskampf geschlagenen Bevölkerung. Der schmutzige Krieg wird hier gegen den Wind und den Regen ausgetragen. Hier gibt es weder Gute noch Schlechte, weder Parteien noch Grundsätze, nur Menschen inmitten eines unermesslichen Leids. Und allein ihr Mut lässt das Leben in dieser Asche

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