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Wo bist du

Wo bist du

Titel: Wo bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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so plemplem wie damals, und natürlich fehlst du mir auch!«
    »Gut, fängst du dann jetzt an zu erzählen?«
    »Nein, erst du, sag mir, wie es dir hier in New York geht, ich will alles wissen.«
    »Was möchtest du als warmes Gericht?«
    »Wovon sprichst du?«
    »Du hast gerade gesagt, du willst etwas Warmes essen.«
    »Aber das war vorher. Das mit dem Eis war eine sehr schöne Idee.« Beide haben plötzlich ein befremdliches Gefühl, wagen aber nicht, es sich selbst einzugestehen, geschweige denn darüber zu sprechen. Die Zeit setzt in ihren Leben unterschiedlich intensive Akzente zu Rhythmen, die nicht mehr in Einklang zu bringen sind. Das Gefühl aber, das sie verbindet, ist noch intakt, es fehlen ihnen nur die Worte. Und das vielleicht, weil Tiefe und Ernsthaftigkeit ihrer Beziehung schon zu sehr von der Trennung beeinträchtigt sind, von einer Entfernung, die sich nicht nur in Kilometern messen lässt.
    »Also, iss schnell dein Eis auf. Dann gehen wir, ich habe eine Überraschung für dich.«
    Sie schlägt die Augen nieder, lässt ein paar Sekunden verstreichen, bevor sie den Blick wieder hebt.
    »Ich habe nicht genug Zeit ... Das heißt, ich bleibe nicht, ich habe meinen Vertrag verlängern lassen. Sie brauchen mich dort, weißt du. Tut mir Leid, Philip.«
    Ihm ist, als würde sich der Boden unter seinen Füßen auftun. Ein Schwindelgefühl erfasst ihn, das sich gerade dann einstellt und einen noch unvollkommener macht, wenn man besonders präsent sein möchte.
    »Mach nicht so ein Gesicht, Philip, bitte.«
    Sie legt eine Hand auf seine, und er wendet den Blick ab; sie soll die Traurigkeit und Bestürzung in seinen Augen nicht sehen. Ein Gefühl von Verlassenheit schnürt ihm das Herz
    zusammen. Mit dem Daumen liebkost er Susans Handrücken; die Haut ist nicht mehr so zart wie früher, kleine Fältchen haben sich gebildet, und er nimmt sich vor, sie nicht anzusehen.
    »Ich weiß«, sagt sie, »es ist schwierig, unmöglich, dort seine Jungmädchenhände zu behalten. Hast du meine Fingernägel gesehen? Meine Beine sind noch schlimmer. Was wolltest du mir zeigen?«
    Er will ihr sein Appartement in Manhattan zeigen, aber es ist nicht so schlimm. Er würde es beim nächsten Mal nachholen. Er mustert sie, und der Ausdruck ihrer Augen verändert sich. Sie starrt auf ihre Armbanduhr.
    »Und wie lange bleibst du?«
    »Zwei Stunden.«
    »Ah!«
    »Ich weiß, aber du kannst dir nicht vorstellen, wie schwierig es war, überhaupt diesen Abstecher hierher zu machen.« Sie zieht ein braunes Päckchen hervor und legt es auf den Tisch.
    »Das musst du unbedingt an diese Adresse hier bringen; das ist unser Büro in New York. Das war sozusagen meine Ausrede, um dich sehen zu können.«
    Er sieht das Päckchen nicht an.
    »Ich denke, du arbeitest für eine Hilfsorganisation, ich wusste nicht, dass du in einem Straflager bist.«
    »So, und jetzt weißt du's!«
    »Erzähl!«
    In den zwei Jahren hat sie es weit gebracht. Sie ist es, die man nach Washington bestellt hat, um die angeforderten Kredite zu
    rechtfertigen, sie ist es, die so schnell wie möglich die Medikamente, das Material und die unverderblichen Lebensmittel beschaffen soll. »Und du kannst nicht mal hier warten, während sie dort die Pakete packen?«
    »Ich bin gekommen, um die Pakete selbst vorzubereiten. Das ist eines der Ziele meiner Reise; ich muss ihnen sagen, was genau wir brauchen statt der Tonnen Schrott, die sie uns sonst vielleicht schicken würden.«
    »Und was genau braucht ihr?«
    Sie tut so, als würde sie eine Liste aus ihrer Tasche ziehen und sie vorlesen.
    »Du nimmst den linken Gang, ich gehe zur Tiefkühlabteilung. Wir treffen uns dann an der Kasse. Wirst du dir alles merken können? Wir brauchen Schulmaterial, dreihundert Hefte, neunhundert Stifte, sechs Tafeln, hundert Schachteln Kreide, Spanisch-Bücher, alles, was du in der Abteilung finden kannst, Plastikgeschirr, etwa sechshundert Teller, zweitausend Messer und Gabeln, viertausend Löffel, neunhundert Tischdecken, tausend Windeln, tausend Handtücher, hundert Laken für die Ambulanz ...«
    »Was ich brauche, das bist du, Susan.«
    »... sechstausend Kompressen, dreihundert Meter Chirurgengarn, Sterilisationsmaterial, Zahnarztzubehör, Spritzen, sterile Drains, Operationstische, Spreizer, Klemmen, Pinzetten, Penizillin, Aspirin, Breitspektrum-Antibiotika, Narkosemittel ... Entschuldige, ich bin nicht besonders witzig.«
    »Doch, war gar nicht so schlecht! Kann ich wenigstens mit nach Washington

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