Wo Dein Herz Zu Hause Ist
Menschen, Pferde und andere Tiere. Harri spürte, wie eine elektrisierende Energie sie durchströmte. Jeder Quadratzentimeter des Gebäudes war farbig gestaltet. Die spektakulären Arenen, in denen spanische Rassepferde gezeigt wurden, waren mit roter Erde ausgestreut. Einige der Tiere waren vollkommen weiß und hoben sich wundervoll gegen den farbigen Hintergrund ab. Zusammen mit einer immer größer werdenden Menschenmenge hatten sie sich in verschiedenen Arenen das Schauspringen, die Vorführung der Gangarten und die Dressur angesehen.
Matt erklärte Melissa wortreich die Unterschiede zwischen Pinabians und Araberpferden, und während die beiden weiterschlenderten, blieben Harri und Alfio am Ring stehen, wo Hengste aus einer besonders erfolgreichen nordspanischen Zucht begutachtet wurden.
Alfio beugte sich über die Absperrung, um ein bestimmtes Pferd in Augenschein zu nehmen. «Diesem Hengst sieht man seine leichte Lenkbarkeit an.»
«Ich sehe ihn nur dastehen.»
Alfio lachte.
«Pferde sind wirklich schön. Ich hatte immer solcheAngst vor dem Reiten, dass ich sie mir nie richtig angesehen habe», gab sie zu.
«Und mit allem, was dir fremd war, hast du es so ähnlich gemacht, oder?»
«Ah!», rief sie aus, und Alfio lachte erneut. Harri musste ebenfalls lachen. «Kann sein, dass du da recht hast.»
Dann fragte sie ihn nach seinem Leben aus, und er erzählte davon, wie er auf einem Gestüt in Argentinien aufgewachsen war, von seinen Tagen als Polomeister und von dem Unfall, der seine Karriere beendet hatte. Danach hatte er seine Leidenschaft als Pferdetrainer entdeckt und Matt in Uruguay kennengelernt. Ein Jahr später wollte er wegen einer gescheiterten Beziehung aus Argentinien weg. Er hatte Matt angerufen und von ihm sofort eine Stelle in Irland angeboten bekommen.
«Er ist wirklich ein guter Freund», sagte Alfio.
Harri aber interessierte sich mehr für Alfios Liebesgeschichte, und nachdem er ein bisschen protestiert hatte, erzählte er ihr von Maria, seiner großen Liebe, die aus Santa Cruz weggegangen war, um in Buenos Aires als Physiotherapeutin zu arbeiten. Harri fragte, warum er nicht mit ihr gegangen war, und Alfio erklärte, dass er in Santa Cruz alles gehabt hatte, was ihm im Leben wichtig gewesen war.
«Und warum arbeitest du dann jetzt in Wicklow?»
«Weil ich nicht dort bleiben konnte, als sie weg war.» «Und warum bist du ihr dann nicht doch nach Buenos Aires gefolgt?»
«Das habe ich ja getan», gab er zu, «aber es war zu spät. Sie hatte schon einen anderen.»
Darauf bemerkte Harri, dass Maria vermutlich sehr enttäuscht von Alfio gewesen war, weil er sie in ihremberuflichen Vorhaben nicht unterstützt hatte, nachdem sie jahrelang für ihn dagewesen war, als es um seine Polospieler-Karriere gegangen war. Außerdem stellte sie fest, dass er sich acht Monate Zeit gelassen hatte, bevor er ihr nachgereist war. Harri fand es nur normal, dass eine Frau, die auch nur halb so gut aussah, wie er Maria beschrieb, inzwischen ein paar neue Verehrer gefunden hatte. Was sie allerdings nicht verstand, war, warum er, wenn Maria wirklich die Frau seines Lebens war, nicht dranblieb.
«Dranbleiben?»
«Ruf sie an, sag ihr, dass du sie immer noch liebst, dass du dumm warst und dass du mit ihr bis ans Ende der Welt ziehen würdest.»
«Aber inzwischen ist es zwei Jahre her.»
«Das heißt nur, dass du nichts zu verlieren hast.»
Sie ließ ihm Zeit, über ihre Worte nachzudenken.
Das tue ich jedenfalls, James. Auch wenn du die Schotten dichtmachst, ich komme und hole dich zurück.
Melissa und Matt saßen in der Hotelbar.
Sie fand ihn bezaubernd, und dennoch konnte sie den Gedanken an ihre Familie nicht loswerden, die sie alleine zu Hause zurückgelassen hatte.
«Rufen Sie an», riet er.
«Wenn ich anrufe, erzählt mir Gerry bestimmt von irgendeiner Katastrophe, dann setze ich mich ins nächste Flugzeug, und die ganze Aktion wäre umsonst gewesen.»
«Aber Sie können die Reise doch sowieso nicht genießen.»
«Matt, mir geht es nicht darum, die Reise zu genießen – mir geht es darum, Gerry meinen Standpunkt klarzumachen.»
«Verstehe.»
Darauf schwiegen sie eine Weile.
Es war beiden aufgefallen, dass Harri alles tat, um Matt aus dem Weg zu gehen.
«Sie fühlt sich einfach bloß unsicher», sagte Melissa schließlich.
«Ich auch», gab er zurück. «Sie wollte eigentlich gar nicht nach Sevilla kommen, oder?»
«Nein. Eigentlich nicht. Ich schätze, sie ist meinetwegen
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