Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
Das lasse ich dann auch immer an allen Möbelstücken sowie der Wäsche aus. In diesem Fall landen selbst T-Shirts im Wäschekorb, die ganz frisch gewaschen sind und die ich lediglich einmal anprobiert habe, um mein Outfit abzustimmen.
Solange ich denken kann, bin ich immer nur damit beschäftigt gewesen, ihr alles recht machen zu wollen. Allerdings habe ich das irgendwie nie hinbekommen, weshalb ich mich natürlich immer wieder frage, was ich eigentlich falsch mache. Mittlerweile gibt es glücklicherweise jedoch Momente, in denen die Beziehung zu ihr harmoniert. Allerdings beschränken sich dies auf die Zeiträume, in denen wir uns weder sehen noch miteinander telefonieren.
Mehr als einmal habe ich mich über diesen Umstand bei ihr beklagt, doch sie meint immer, dass es bei anderen Leuten genauso zugehe. Auf mein Argument, dass es in Daniels Familie keinesfalls so läuft, antwortet sie immer: „Das sieht nach außen hin nur so aus. Doch wenn die Türen geschlossen sind, ist es wie bei uns.“
Mittlerweile weiß ich, dass diese Aussage nur einer ihrer vielen verqueren Theorien angehört. Denn eigentlich weiß sie gar nicht, wie es bei anderen zugeht. Kurz, nachdem sie damals den Godzilla-Horst geehelicht hat, brach sie nämlich alle möglichen Kontakte ab. Einzig ihre Kaffeekränzchen-Trinen sind ihr noch geblieben, und die haben genauso einen an der Klatsche, wie meine Mutter. Dem Anschein nach zu urteilen, können die sich alle noch nicht einmal untereinander richtig leiden. Trotzdem rennt meine Mutter immer wieder dorthin und lässt sich liebend gern darüber aus, wie schlecht es ihr doch geht. Das verstehe ich natürlich. Mit dem kreditfreien Haus, zwei Töchtern, die – auch wenn ich zur Zeit gerade arbeitssuchend bin – einen guten Schulabschluss haben und dem Mann ihrer Goldkrone belasteten Träume an ihrer Seite würde es wohl auch jedem anderen Menschen auf der Welt schlecht gehen. Die arme Frau ...
Wenn man mal von all dem absieht, bin ich allerdings von vorn herein eine echte Enttäuschung für sie gewesen.
Bernd hatte mir mal erzählt, dass jeder ihr davon abgeraten hatte, mich zu bekommen. Immerhin bin ich ja einem One-Night-Stand entsprungen, und von dem Zeitpunkt an gehörte sie zu den alleinerziehenden Müttern. Allerdings ist es bei all den Geschwistern meiner Mutter so gewesen, dass jeder von denen als erstes Kind ein Mädchen und als zweites Kind einen Jungen bekommen hat. Somit ist sie also der festen Überzeugung gewesen, dass ich keine Natalie, sondern ein Harald werde. Und sie hatte unbedingt einen Jungen haben wollen ... Die Tatsache, dass ich dann doch eine Natalie geworden bin, hat sie schon zwei Sekunden nach meiner Geburt das erste Mal auf mich sauer sein lassen. Ich finde, dass ich dafür einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde verdient habe. Die Leute von der Redaktion sind offenbar anderer Ansicht, wie sie mir nach meiner achten Anfrage endlich mitgeteilt haben. Ihren Worten zufolge müsste ich mich dafür in einer langen Schlange verzwickter Mutter-Tochter-Geschichten ganz hinten anstellen. Wenngleich es auch beruhigend ist, dass ich nicht allein dastehe, ist es ebenfalls erschreckend, dass es von meiner Art so viele gibt.
Auf jeden Fall bekommt sie von ihren Kaffeehühnern jede Menge Zuspruch über ihre leidige Situation. Und wenn mich die Damen auch mal in die Finger kriegen – beispielsweise an den Geburtstagen meiner Mutter – waschen die mir gerne gehörig den Kopf. Deshalb kann ich auch keine einzige von ihnen leiden. Alles alte Waschweiber! Wenn die erstmal richtig loslegen, interessiert es auch keinen, dass ich noch nie irgendwelche Drogen genommen – noch nicht einmal probiert – habe! Und der Umstand, dass ich weder klaue noch irgendeiner Hippie-Truppe angehöre oder in meinem letzten Schuljahr lediglich fünfzehn Fehltage hatte, bringt mir auch keine Pluspunkte. Was muss man eigentlich tun, um von diesen Schnepfen verschont zu bleiben?
Gut, momentan habe ich vielleicht keinen Job. Das ist allerdings keine schöne Situation. Aber ich kann auch nicht behaupten, dass ich es nicht versucht hätte. Allerdings habe ich etwas dagegen, wenn mir ein BMW fahrender Gartenzwerg in Armani-Klamotten einen 365-Euro-Job anbietet und dabei so gönnerhaft grinst, dass ich ihm gerne seine Pobacken zusammentackern möchte. Immerhin bin ich siebenundzwanzig Jahre alt und strebe nicht danach, so einem herablassenden Mondgesicht seinen weiteren Fuhrpark zu finanzieren, sondern
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