Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
ihr Geld deshalb niemals wiedersehen würde.
Schade nur, dass bei Gundula diesbezüglich auch wieder eine Ausnahme gemacht worden ist. Die hatte nämlich einen getunten Audi A3 von unserer Mutter geschenkt bekommen. Und als Gundula den gegen einen Baum gesetzt hatte, unterschrieb Horst – auf Bitten meiner Mutter – anstandslos die Bürgschaft für ein neues Auto unterschrieben, was sie bei mir wiederum auch vehement abgelehnt hatten. Aber Gundula hat im Schnitt ja auch einen höheren Verdienst als ich. Und dabei rede ich nur von dem Geld, das sie immer von ihren Liebhabern zugesteckt bekommt. Ich persönlich würde das etwas seltsam finden, sie hingegen ist jedoch trotzdem immer wieder der Meinung, dass dieser, jener, welcher Typ eines Tages seine Frau für sie verlassen wird. Tja, guter Schulabschluss hin oder her – so ein Blatt Papier ist trotzdem kein Beweis für das Vorhandensein der Fähigkeit zum logischen Denken. Aber das ist vermutlich die Folge ihrer traumatischen Erlebnisse.
Nach außen hin bekommt natürlich niemand aus unserem Umfeld etwas davon mit, dass Gundula so ein Flittchen ist. Meine Mutter schwärmt in den höchsten Tönen von ihr, und die doofen Kaffeetrinen finden sie ebenfalls herzallerliebst. Darauf gibt meine Mutter schon Acht. Gundula soll ja nicht noch mehr leiden. Die Tatsache, dass Bernd zu wenig Unterhalt für sie gezahlt hat, ist schließlich schon hart genug für sie. Dieser Umstand hat Gundula sogar dermaßen geschädigt, dass ich mir in ihrer Wohnung noch nicht einmal die Haare kämmen darf, wenn ich sie besuche. Dafür schickt sie mich immer nach draußen. Für sie bin ich so etwas wie ein Hund. Unterhaltung ist drinnen dringend erwünscht, mein Geschäft und alles, was ich sonst noch so an Dreck mache, muss ich draußen verrichten.
Aber wie kann es eigentlich sein, dass alle möglichen Menschen in meiner Umgebung so , speziell ‘ sind? Ziemlich oft habe ich das Gefühl, die einzig normale Person auf weiter Flur zu sein. Andererseits könnte diese Ansicht ebenso ein eindeutiges Indiz dafür sein, dass ich diejenige bin, die alles falsch sieht. Vielleicht müsste ich das Pferd von hinten aufzäumen und darüber nachdenken, dass alle anderen normal sind, während ich selbst nicht mehr ganz knusper bin ... Da ich persönlich allerdings nicht wirklich scharf darauf bin, mich meinem Umfeld anzupassen, werde ich vermutlich nie rausfinden, wie es wäre, wenn ...
Die Nacht ist kurz gewesen. Nachdem ich endlich doch noch weggedöst bin, haben mir meine Nachbarn in der Wohnung über mir einmal mehr sehr laut und leidenschaftlich zu verstehen gegeben, dass ihre Beziehung völlig intakt ist. Wobei ich mittlerweile nicht mehr so ganz glauben mag, dass sie mit ihrem Lärm speziell mich auf ihr Liebesleben aufmerksam machen möchten. Bei der Lautstärke kann ich mir eher vorstellen, dass sie die ganze Straße darin mit einbeziehen wollen.
Neidisch bin ich allerdings trotzdem nicht. Irgendwann habe ich nämlich mal bei ihnen geklopft, um mich zu beschweren. Als die Tür aufging und mich zwei ältere, runde Gestalten anblickten, von denen ich bis heute nicht mit eindeutiger Sicherheit zu sagen vermag, welcher der beiden Männlein und welcher Weiblein ist, taten sie mir leid. Die hatten mit großer Wahrscheinlichkeit vorher noch nie mit irgendwem irgendwelche Doktorspielchen spielen können, deshalb sei es ihnen gegönnt.
Daniel hat wieder einmal nicht das Geringste von dem merkwürdigen Paarungsritual alternder Kaff-Einödenheimer mitbekommen, sondern geschlafen wie ein Stein. Mit dem Wissen, dass er ohnehin nicht vor dem Mittag auf sein wird, klettere ich aus dem Bett und versuche, ihn nicht zu wecken. Es fühlt sich immer noch komisch an und der Gedanke, dass ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr allein ins Bett gegangen bin, ist seltsam. Allerdings werde ich mich trotzdem damit anfreunden müssen, denn er wird demnächst in die Tat umgesetzt und zu meinem Alltag gehören.
Als ich aus dem Badezimmer komme, fällt mir als Erstes gleich wieder der Stapel mit dem Altpapier in die Augen. Dieses Zeug zu entsorgen, bietet mir die Möglichkeit, mich in einer perfekt aufgeräumten Wohnung bewegen zu können. Meinem Ordnungszwang sei Dank muss ich also nicht lange überlegen, schnappe mir eine Kiste, in die ich alles reintue, und mache mich auf den Weg.
Schon als ich das Haus verlasse, wird mir umgehend klar, dass auch der heutige Sonntag nicht mein Tag werden wird. Die
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