Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
mir eine eigene, lebenswerte Zukunft aufzubauen!
Angebote solcher Art habe ich in den letzten Monaten vier Mal bekommen. Und es ist kein einziger Arbeitgeber dabei gewesen, der sich dafür geschämt hat. Über die 365 Euro ist es bisher nie hinaus gegangen.
Auch die Dame beim Jobcenter hat mir bereits wiederholt ans Herz gelegt, meine Bewerbungen auf ganz Deutschland auszudehnen. Das ist leichter gesagt, als getan, denn im Grunde ist mein Leben hier nichts anderes, als die Noch-Beziehung, die ich mit Daniel führe. Hier weiß ich, was ich habe – auch wenn ich es gar nicht will.
Nachdem ich mit dem Putzen fertig bin, räume ich noch schnell das Altpapier zusammen und springe anschließend unter die Dusche. Meine langen Haare stinken fürchterlich nach Nikotin und meine Hände nach Putzmitteln.
Danach funktioniere ich mein Sofa zu einem Bett um und wühle mich durch das Fernsehprogramm. Schlechte Idee, denn auf dem sechsten Programm läuft gerade Freddy Krueger, was mich unweigerlich an den Gruselfilm denken lässt, in dem ich selbst noch vor wenigen Stunden die zweite Hauptrolle gespielt habe.
Die Wohnungstür geht auf, und ich schrecke zusammen. Daniel kommt nach Hause. Jetzt geht es also los.
„Du bist ja noch wach!“, stellt er enttäuscht fest; anscheinend hatte er gehofft, freie Wahl beim Fernsehprogramm zu haben. Normalerweise hätte er für diese Bemerkung den passenden Spruch kassiert, doch dieses Mal ignoriere ich seine Aussage einfach und deute mit einer Handbewegung an, dass er sich zu mir setzen soll.
„Hey“, sage ich recht unbeholfen. „Wir müssen reden ...“ Mir steckt ein Kloß im Hals. Plötzlich weiß ich nicht mehr, ob ich das Richtige tue. Die Knutschaktion mit einem seiner besten Freunde lässt jedoch keine andere Option mehr zu. Jetzt muss es einfach sein.
„Du weißt ja, dass es zwischen uns schon lange nicht mehr so gut läuft, und ich glaube, dass wir einen Schlussstrich ziehen sollten.“
Daniel mustert mich überrascht, antwortet jedoch nach kurzer Überlegung: „Okay.“
Ich bin verunsichert. Normalerweise hätte ich damit gerechnet, dass ihn dieses Gespräch aus der Bahn werfen würde, doch offenbar ist das Gegenteil der Fall.
„Du findest das in Ordnung?“, frage ich noch einmal nach.
„Ja klar“, antwortet er lässig. „Ich habe auch schon seit einer ganzen Weile keine Lust mehr, wollte aber warten, bis du das ansprichst. Ich habe es nicht so mit dem Schlussmachen.“
Jetzt weiß ich plötzlich überhaupt nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Eigentlich hätte ich angenommen, er würde das nicht so leicht wegstecken und völlig überrumpelt reagieren. Nun wendet sich jedoch das Blatt, und ich bin diejenige, die verwirrt ist.
„Gut!“, stammle ich. „Wie soll es jetzt mit uns weiter gehen? Willst du wieder bei deinen Eltern einziehen oder noch so lange hier wohnen, bis du etwas Eigenes gefunden hast?“
„Ich würde dann erstmal hier bleiben“, entgegnet er emotionslos. „Bei meinen Eltern müsste ich Kostgeld abgeben, und das passt bei mir gerade nicht so. Ich habe mir heute nämlich eine neue Endstufe bestellt.“
Ich bin ein wenig durcheinander. Normalerweise bin ich solche Aussagen von ihm gewohnt, doch seit etwa einer Minute empfinde ich Bemerkungen dieser Art als leicht unpassend. Immerhin sind wir nicht mehr zusammen. Offenbar scheint er dennoch vorauszusetzen, dass ich ihn weiterhin mitfinanziere. Wenn er davon wüsste, könnte er von Glück reden, dass ich so ein schlechtes Gewissen wegen der Sache mit Ulf habe. Denn nur aus diesem Grund gebe ich diesem absolut bescheuerten Arrangement meine Zustimmung.
4
Die Nacht ist komisch. Daniel ist in weniger als zwei Minuten eingeschlafen, während ich auch nach drei Stunden immer noch wach in unserem Bett liege und nachdenke. Wie es jetzt wohl weitergeht? Für meine Mutter wird definitiv eine Welt zusammenbrechen, wenn sie davon erfährt. Immerhin ist sie vom ersten Moment an völlig begeistert von Daniel gewesen. Er hat ja auch viele handwerkliche Arbeiten für sie erledigt. Und sie ist deshalb dermaßen angetan von ihm gewesen, dass sie sogar angeboten hatte, ihm Geld für seinen neuen Golf zu leihen. Theoretisch fand ich das damals sehr nett. Nachdem ich sie später jedoch selbst einmal um einen kleinen Kredit für mein Auto gebeten und sie abgelehnt hatte, war ich dann doch wieder verwirrt. Irgendwie ist sie damals der Meinung gewesen, dass ich mein Leben nicht auf die Reihe kriegen und sie
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