Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
frühstücke in aller Gemütlichkeit und mache mich dann auf den Weg in die Kaff-Einödenheimer Stadtbibliothek. Gegen eine geringe Gebühr kann man dort die Computer nutzen, was mir sehr entgegenkommt, denn ich selbst habe keinen. Wie so oft beginne ich damit, das Internet nach regionalen Stellenangeboten abzusuchen, kann jedoch bis auf die Dauerstellenannonce meines ehemaligen Arbeitgebers nichts weiter entdecken. Offenbar plant Flocki doch demnächst wieder jemanden rauszuwerfen und sorgt vorsorglich für Nachschub. Das ist gut. Es hat mal eine Zeit gegeben, in der er nie so weit vorausgedacht hat.
Als ich bezüglich der Stellenangebote nicht fündig werde, nutze ich mein restliches Guthaben, um auf diversen Portalen die Alltagsprobleme der Stars in Erfahrung zu bringen. Lothar und Liliana Matthäus wollen es noch einmal miteinander versuchen, Megan Fox will sich ihr Marilyn-Monroe-Tattoo entfernen und an gleicher Stelle ein rosa Einhorn stechen lassen, und Lady Gaga wirft sich – aus Rücksicht auf ihre vegetarischen Fans – zur Abwechslung mal in ein Obstkostüm. Sehr interessant! Und ich denke immer, ich hätte Probleme.
Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Daniel ruft an.
„Hallo?“, melde ich mich singend, in Vorfreude auf das Gespräch, das gleich stattfinden wird.
„Bist du zu Hause?“, keift seine Stimme durch den Hörer. „Ich will meine Sachen bei dir abholen und kann meinen Schlüssel nicht finden!“
Er klingt wirklich aufgebracht. Das kenne ich sonst gar nicht von ihm. Normalerweise ist er immer die Ruhe selbst, was in gewissen Situationen ganz hilfreich sein kann, doch in anderen wiederum total nervt.
„Äh“, stammle ich, „hast du richtig nachgesehen? Vielleicht liegt der Schlüssel irgendwo in deinem Auto.“ Tut er natürlich nicht. Wenn ich nicht genau wüsste, dass ich ihn habe, wäre dieser Gedanke allerdings gar nicht so abwegig. Daniels Auto ist wie das Bermuda Dreieck. Ständig verschwindet etwas darin und taucht im günstigsten Fall am Autowäsche-Sonntag wieder auf. Die meisten Dinge finden sich bei ihm jedoch nie wieder an. Im Verbummeln und Unordnung schaffen ist er der unangefochtene Champion.
„Nein, da ist er nicht“, bellt Daniel gereizt. „Und mir ist auch vollkommen egal, wo der blöde Schlüssel ist. Das Einzige, was mich gerade interessiert, ist, wie ich an meine Klamotten komme!“
„Nun beruhige dich doch mal!“, flöte ich grinsend – was für ein Glück, dass die Bildtelefonie sich noch nicht durchgesetzt hat! „Zum einen bin ich gerade unterwegs, und zum anderen liegt bei mir nichts mehr von dir.“
„Beruhigen soll ich mich?“, fährt er mich so laut an, dass ich das Telefon fallen lasse. Und seine Laune wird auch nicht besser, als ich es wieder aufhebe. „Was fällt dir eigentlich ein! Du hältst dich wohl für besonders klug. Ich weiß genau, dass ich meinen Schlüssel gestern noch am Bund hatte. Und was hast du dir überhaupt dabei gedacht, dich an Ulf ranzumachen?“
Plötzlich lächle ich nicht mehr. Woher weiß er das jetzt? Das war so eigentlich nicht geplant.
Während ich mich ertappt fühle, macht Daniel seinem Zorn weiterhin ordentlich Luft. Was mache ich denn jetzt bloß? Nachdenklich nehme ich mein Telefon vom Ohr und betrachte es. Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich lege einfach auf. Das ging einfach. Warum bin ich nicht gleich auf die Idee gekommen? Trotzdem wirft die Sache mit Ulf nicht unbedingt ein gutes Licht auf mich. Als wäre die Tatsache, dass ich Stephen Kings , Es ‘ geküsst habe, nicht schon Strafe genug, muss ich mir das jetzt auch noch vorwerfen lassen. Na ja, mal sehen. Irgendwie werde ich aus der Sache schon wieder rauskommen. In ein paar Tagen ist alles wieder vergessen. Also sollte ich mich davon jetzt nicht verrückt machen lassen und einfach die Zeit abwarten. Schließlich hätte es ja auch schlimmer kommen können, indem ich beispielsweise nicht am Telefon, sondern Auge in Auge damit konfrontiert worden wäre.
Der Computer in der Bibliothek signalisiert mir, dass meine Zeit jetzt um ist. Das passt ganz gut, denn mittlerweile bin ich ziemlich hungrig, also mache ich mich auf den Weg in das nächste Bistro. Kochen kann ich nicht. Dazu hat mir seit jeher die Geduld gefehlt. Manchmal denke ich darüber nach, es doch zu versuchen. Dann kommt mir allerdings immer sehr schnell der Gedanke, dass ich danach alles wieder sauber machen muss, und dies führt wiederum dazu, dass ich keinen
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