Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
einlade?“, fragt er mich, als ich ihn dankbar anlächle.
„Das wäre super.“
Bei Bernd gibt es, wie immer, gefriergetrockneten Krümelkaffee. Ich kann nicht behaupten, dass ich dieses Zeug auch trinken würde, wenn ich allein und dies der letzte Kaffee auf Erden wäre, doch bei unseren Schwätzchen ist das irgendwie anders. Bernd und sein Krümelkaffee gehören zusammen wie Deckel und Topf.
„Weiß deine Mutter schon davon?“, fragt er mit gebotener Vorsicht.
„Nein. Es ist ja erst seit der letzten Nacht vorbei. Im Grunde bist du also die erste Person, die davon erfährt. Ganz exklusiv quasi.“
„Und wie kommt Daniel damit zurecht?“
„Weder war er überrascht, noch bedauert er es. Einerseits ist es natürlich gut für ihn, dass es ihm so leicht fällt. Doch für mich ist die Situation irgendwie komisch.“
„Kopf hoch! Früher oder später geht das auch vorüber. Irgendwann findest du einen Neuen, und die Sache mit Daniel ist dann nur noch Schnee von gestern. Verletzter Stolz spielt bei Trennungen am Anfang immer eine Rolle.“
Da hat er allerdings recht. Wenn es einer wissen muss, dann ist das Bernd. Seinen Stolz zu verletzen, ist das zweitliebste Hobby meiner Mutter. Dabei verstehe ich das gar nicht. So wirklich hat sie ihn noch nie haben wollen. Trotzdem tut sie immer noch alles, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Vermutlich ist sie auch traumatisiert, wie Gundula. Bei meiner Mutter kann ich es allerdings viel besser nachvollziehen, denn es würde mir nicht anders gehen, wenn ich Morgen für Morgen neben Horstzilla aufwachen müsste. Aber auch das hat ja irgendwo einen Anfang gehabt. Da könnte man jetzt wieder spekulieren, was wohl zuerst da gewesen war - der Horst oder ihr Dachschaden?
Nüchtern betrachtet, ist Horst jedoch der Totalabstieg im Gegensatz zu Bernd. Horst kann nichts, weiß nichts und macht auch nichts. Gut, er ist Lkw-Fahrer und bringt damit das Geld nach Hause. Darüber hinaus geht es jedoch nicht. Im Grunde ist er wie ein Borstenvieh – pummelig, mit der begrenzten Fähigkeit, Dinge von a nach b zu transportieren. Er ist überschaubar talentiert und grunzt andauernd die Leute an. Zudem lässt er seinen Schmutz immer genau dort liegen, wo er gerade fällt und fühlt sich zudem auch noch sauwohl damit. Aber auch die frappierende äußere Ähnlichkeit mit diesem Tier lässt es einen eiskalt den Rücken hinunter laufen.
Bernd wiederum ist das absolute Gegenteil. Er kann viel, weiß noch mehr und macht fast alles.
Allein bei seiner Ordnungsliebe könnte man in Versuchung geraten, ihn mit Horst zu vergleichen. Sieht man allerdings genauer hin, wird man schnell feststellen, dass sich hinter Bernds chaotischer Wohnsituation ein echtes System verbirgt. Er ist nämlich gelernter Schlosser, und so kommt es, dass er alle möglichen Werkzeuge und Ersatzteile für alles Erdenkliche und sogar auch alles Undenkbare bei sich herumliegen hat. Insgesamt wirkt seine Wohnung eigentlich wie eine große Werkstatt, in der er sich absolut wohlfühlt. Wenn ihm etwas in den Sinn kommt, setzt er sich hin und bastelt es. Das lässt sich außerdem auch gut mit seinem Beruf vereinbaren, denn er arbeitet als Kfz-Mechaniker.
Auch äußerlich ist er das absolute Gegenteil von Horst. Zwar hat Bernd auch schon einen kleinen Bierbauchansatz, doch das passt zu ihm. Er hat volles Haar und immer ein nettes Lächeln auf den Lippen. Allein dieser letzte Punkt wird mich nie verstehen lassen, warum meine Mutter ihn damals vor die Tür gesetzt hat. Gut, es ist, wie Bernd sagt. Manche Menschen passen einfach nicht zueinander. Trotzdem ist es für mich absolut unlogisch, wie man freiwillig von Steak auf Kartoffelbrei mit Grützwurst umsteigen kann. Ein Schnitzel hätte es auch getan.
„Wann willst du deiner Familie denn von der Trennung erzählen?“, hakt er nach.
„Vielleicht nächsten Samstag“, entgegne ich schulterzuckend. „Das hätte dann den Vorteil, dass sie sich nicht schon vorher daran hochschaukeln könnten und wie die Aasgeier über mich herfallen.“
„Wird Gundula auch da sein?“, erkundigt sich Bernd sachlich.
„Wenn es dabei bleibt, dann ja“, entgegne ich und schüttle gedankenverloren den Kopf. „Das ist doch Ironie des Schicksals! Vor wenigen Stunden erst habe ich gedacht, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, und jetzt, da ich mir das kommende Wochenende vor Augen führe, wünsche ich mir beinahe, dass dieses hier nie vorübergehen möge.“
„Mädel“, schnauft Bernd
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