Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
ja wohl alles nicht wahr sein! Immer wieder ärgere ich mich darüber, dass meine Mutter ihren Mann nie zur Ordnung erzogen hat, und nun passiert mir das Gleiche. Wie habe ich das nur all die Jahre übersehen können? Putztechnisch entgeht mir nicht der kleinste Krümel, doch wenn es sich um meine Beziehung dreht, merke ich nichts.
Und wieder einmal steigere ich mich in meinen Frust hinein und lasse es dieses Mal am Geschirr aus. Was schmutzig ist, wird zweimal gespült und die sauberen Sachen aus dem Schrank einmal.
Kaum, dass ich fertig bin, höre ich, wie die Wohnungstür aufgesperrt wird.
„Ich will nur schnell meine Autozeitschriften holen“, höre ich Daniel rufen und kann gerade noch verhindern, dass er mit seinen Turnschuhen durch meine frisch gesaugte Wohnung läuft.
„Sag mal, hast du sie noch alle?“, fahre ich ihn an. „Gestern habe ich bis spät in die Nacht geputzt, und heute sieht es hier aus, als hättest du eine Horst-Fütterung in meiner Wohnung veranstaltet!“
„Das hätte ich später alles wieder weggeräumt“, kommentiert er gelassen mit der üblichen Ausrede. „Ich wollte mich nur erst mit Tino an der Tanke treffen. Sonntags ist doch immer Auto-Waschtag.“
„Na super!“, nörgle ich. „Wenn deine Karre jetzt sauber ist, kannst du deine schmutzigen Klamotten und deinen Müll ja dort reintun.“
„Ach, nun stell dich doch nicht so an! Du machst ja schon wieder aus einer Mücke einen Elefanten. Ich hole schnell meine Zeitschriften und bin sofort wieder weg, damit du dich beruhigen kannst.“
Fassungslos beobachte ich, wie Daniel im Wohnzimmerschrank nach seinen Automagazinen sucht. Demnach muss der Karton mit seinen Sachen also schon weg sein. Das finde ich gut. Und während er verzweifelt jedes Fach und jede Schublade durchwühlt, nehme ich heimlich seinen Wohnungsschlüssel vom Bund und stecke einen anderen Schlüssel, der zwar in das Schloss passt, sich jedoch nicht schließen lässt, an seine Stelle.
„Äh, ich glaube, deine Zeitschriften hast du letztes Mal mit zu deinen Eltern genommen“, bemerke ich scheinheilig. „Du wolltest sie doch deinem Bruder ausleihen.“
„Ach ja, wirklich?“, fragt er erstaunt, überlegt kurz und kommt offenbar zu dem Schluss, dass es wohl so gewesen sein muss. „Okay. Dann sage ich Tino, dass ich sie ihm beim nächsten Mal mitbringe. Ich muss jetzt nochmal los. Bin noch nicht mit dem Aussaugen fertig.“
Kaum, dass er zu Ende gesprochen hat, fällt hinter ihm die Tür zu. Dass derweil ein falscher Schlüssel in der Wohnungstür gesteckt hat, bemerkt er gar nicht. Ohne den geringsten Verdacht zieht er ihn ab und stürmt die Treppen hinunter.
Ich freue mich. Das ist es jetzt gewesen. In diesem Moment verschwinden die Gedanken ans Alleinsein und machen Platz für die Freude, dass ich fortan nur noch für mich allein putzen und sorgen muss.
Nachdem ich Daniels Chaos wieder aufgeräumt habe, mache ich es mir auf meinem Sofa gemütlich. Das Geheimversteck mit den DVDs, von denen niemand weiß, dass ich sie besitze, hat Daniel in all den Jahren nie entdeckt. Zur Feier des Tages habe ich mir heute einen Sissi-Marathon vorgenommen. Das gehört leider zu den Dingen, die ich von meiner Mutter und meiner Schwester übernommen habe: Ich liebe Sissi-Filme. Offen würde ich das niemals zugeben, und mit den „ Star-Wars “-DVD-Hüllen habe ich die perfekte Tarnung ausgesucht. Wer würde schon hinter einem mit Darth Vader gezierten Cover die hübsche, in Rüschen gepackte Romy Schneider vermuten?
Für einen kurzen Moment überlege ich noch, mir ein Gläschen Sekt einzuschenken, doch dann steigen unweigerlich die Erinnerungen der letzen durch Alkohol ausgelösten Begebenheiten in mir hoch, und ich belasse es lieber bei Leitungswasser.
Entgegen aller Befürchtungen wird der erste Single-Nachmittag ein voller Erfolg. Sissi sei Dank schlafe ich schnell ein und fühle mich so wohl, wie schon lange nicht mehr. Als ich wieder aufwache, läuft gerade der Abspann über den Bildschirm, und ich starte den Film einfach von vorne. Das gefällt mir, und ich lege anschließend auch gleich die zweite und dritte DVD nach.
Der Abend verläuft relativ ruhig. Daniel verbringt die Nacht offenbar woanders. Somit wird ihm heute nicht mehr auffallen, dass ich ihn nun endgültig aus meiner Privatsphäre gestrichen habe. Das ist auch gut. Dann habe ich wenigstens meine Ruhe.
5
Der nächste Tag verläuft ganz entspannt. Ich stehe irgendwann gegen Mittag auf,
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