Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
Wenigstens ist dieser eine Kelch an mir vorbeigegangen.
Den Worten meiner Mutter zufolge bin ich nur das Ergebnis eines mit Goldbrand gepaarten One-Night-Stands. Angeblich kann sie sich heute nicht einmal mehr an den Namen ihrer einstigen Fetenbekanntschaft erinnern. Die Schlussfolgerung, dass sie den Mann anderenfalls schon auf Unterhaltszahlungen k.o. geklagt hätte, bringt mich zu der Annahme, dass es tatsächlich so sein muss. Allerdings ist meine Mutter auch eine sehr exzentrische Frau mit einer lebhaften Fantasie. Deshalb würde es mich im Übrigen nicht wundern, wenn doch mehr hinter der Sache steckt. Eine logische Erklärung wäre, dass ich die Tochter von Herbert Grönemeyer bin. Gemäß seinem Lied , Was soll das ‘ muss er den Horst meiner Mutter einfach kennen. Der Teufel ist im Detail versteckt. Das Doppelkinn, der Hinweis auf das blöde Grinsen und die Fettleibigkeit – das ist Hinterwäldler-Horst! Zweifel ausgeschlossen!
Meine Mutter verschwindet in der Speisekammer, dort befinden sich neben eingewecktem Obst und einer Vielzahl an alkoholischen Getränken noch ganz andere Schätze. Zum Beispiel enorme Unmengen an Plastikdosen aus dem Supermarkt, die inzwischen schon so oft gespült worden sind, dass man die Etiketten der Eishersteller nicht mehr entziffern kann. Tupper ist für sie ein Fremdwort. Und obwohl sie mittlerweile so viele Behälter hat, dass sie im Falle eines plötzlichen Plastikdosenmassensterbens ganze Städte damit versorgen könnte, sammelt sie weiter.
„Die musst du mir wieder mitbringen“, befiehlt sie mit strengem Blick. Als würde es auffallen, wenn von gefühlten zwanzig Millionen Dosen eine fehlt ... Doch obwohl ich jetzt schon genau weiß, dass dieser Behälter Hinterwäldler-Hausen heute für alle Zeiten verlassen wird, nicke ich brav. Darüber aufregen kann sie sich später immer noch. Das rennt ja nicht weg.
Energisch drückt sie das ausgeleierte Plastikding zu und reicht es mir. „Sag Daniel, er soll es sich schmecken lassen! Und denk bitte daran, für das nächste Wochenende mehr Zeit einzuplanen. Deine Schwester kommt zu Besuch, und du weißt ja, dass sie keine Freunde hat.“
Entnervt rolle ich mit den Augen. „Das wäre vermutlich anders, wenn sie nicht immer mit den Ehemännern anderer Frauen in die Kiste hüpfen würde.“
Tadelnd werde ich von meiner Mutter gemustert. „Wie oft habe ich dir schon zu verstehen gegeben, dass du so etwas nicht sagen sollst? Gundula ist traumatisiert, weil ihr Erzeuger keinen Unterhalt für sie bezahlen will und stattdessen lieber einen Vaterschaftstest fordert. Das hat sie mitten ins Herz getroffen.“
Diese Aussage bringt wiederum mich auf die Palme, sodass ich meiner Mutter die Dose mit den Essenresten entreiße, mich mit Handschlag von ihr verabschiede und gehe. Traumatisiert ... Wenn das eine Umschreibung für selbstgefälliges Flittchen ist, dann muss es wohl so sein. Und was meint sie eigentlich mit den Worten , mitten ins Herz getroffen ‘? Damit so etwas möglich ist, müsste Gundula in allererster Linie ein solches besitzen.
So wie Franz-Josef das vollkommene Abbild von Horst ist, ist Gundula der wesensgleiche Abklatsch unserer Mutter. Das mag einer von vielen Gründen sein, warum sie immer mit allem durchkommt. Glücklicherweise gibt es ja noch die besagten Ehefrauen, die der Macht den Ausgleich bringen. Eine von ihnen hat meiner Schwester sogar mal einen Vibrator zugeschickt und dafür postwendend einen Fanbrief von mir erhalten. Leider hat sie ihn nie beantwortet, trotzdem zähle ich mich zu ihren größten Bewunderinnen.
Das Einzige, was meine Schwester und ich gemeinsam haben, ist unsere Ansicht über Horst. Doch während ich von meiner Mutter dafür immer nur mit schnaufender Verachtung gestraft werde, ist Gundula eben traumatisiert . Aber wie nennt man dann eigentlich das, was ihr Vater Bernd ist?
Immerhin ist er sieben Jahre mit unserer Mutter verheiratet gewesen. Das arme Schwein! Und wenn es stimmt, was er bei unseren allwöchentlichen Kaffeekränzchen so plaudert, ist unsere Mutter damals schon immer mit Horst in die Kiste gehüpft. Für mich nur ein weiterer Beweis, dass es mit dem Spruch „ wie die Mutter, so die Tochter “ etwas Wahres auf sich haben muss. Wobei ich wiederum mich persönlich absolut und vollkommen davon ausschließen kann. Selbstverständlich!
Jedenfalls ist Horst seinerzeit wohl auch noch anderweitig verheiratet gewesen, nur dass seine jetzige Ex-Frau anscheinend eines Tages
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