Wo die Liebe beginnt
bekam ich eine Chance als Drehbuchautorin für eine Krankenhausserie. Das war ein klasse Job, ich lernte viel, knüpfte erstaunliche Kontakte und arbeitete mich zur Autorenredakteurin hoch. Aber mein Privatleben litt darunter, und eine richtige Leidenschaft für die Serie entwickelte ich auch nicht. Irgendwann setzte ich alles auf eine Karte, kündigte meinen Job bei einer erfolgreichen Serie und ging zurück nach New York, wo ich ein kuscheliges Apartment mit Gartenanlage in Park Slope fand. Um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, verkaufte ich ein paar eigene Drehbuchentwürfe und arbeitete auf Projektbasis bei anderen Serien mit. Am liebsten schrieb ich in einer kleinen Bar namens Aggieâs. Die Inhaber waren vier Brüder, und sie hatten immer Zoff. Oft hatten auch ihre Frauen und die aus Irland stammende Mutter noch ein Wörtchen mitzureden. Bald lieà ich meine anderen Projekte einschlafen und dachte mir Hintergrundgeschichten zu dieser Familie aus, und eines Tages war South Second Street geboren (ich verlegte die Bar vom Brooklyn der Gegenwart in das Philadelphia der siebziger Jahre). Ich hatte kein besonders ausgeklügeltes Konzept, das damals immer wichtiger im Fernsehgeschäft wurde. Meine Sitcom war bewusst alte Schule, denn ich glaubte daran, dass ich allein mit meinen Geschichten und Figuren ein überzeugendes Universum schaffen konnte â äuÃerliche Gimmicks hatte ich dafür nicht nötig. Auch meine Agentin glaubte an mich, und nachdem sie allen wichtigen Sendern die Pilotfolge präsentiert hatte, begann der Bieterkrieg. Ich entschied mich schlieÃlich für ein Angebot, bei dem ich zwar weniger Geld bekam (aber immer noch genug, um nach Manhattan zu ziehen), bei dem mir aber ziemlich freie Hand gelassen wurde, was die kreative Seite anging. Voilà â mein Traum war in Erfüllung gegangen. Endlich war ich ausführende Produzentin. Ein Showrunner.
Nach einem intensiven Jahr lernte ich Peter kennen. Ich kannte seinen Namen schon aus dem Branchenblatt Variety , bevor ich ihn das erste Mal persönlich traf: Peter Standish, der hoch angesehene Fernsehmanager, den man gerade von der Konkurrenz abgeworben hatte. Er war der Messias, der unsere miesen Quoten verbessern und unserem Sender ein neues Image verpassen sollte. Als neuer Generaldirektor war er technisch gesehen mein Chef, und eine meiner Regeln lautete, sich nie auf ein Date mit dem Chef einzulassen. Doch an jenem Morgen, als ich ihn zufällig in dem Starbucks in unserer Lobby traf, genehmigte ich mir eine Ausnahme, weil ich ihm nicht direkt unterstand. Zwischen uns in der Hierarchie stand schlieÃlich noch der Programmdirektor. AuÃerdem hatte ich mir schon einen Namen gemacht. Meine Serie galt als relativ erfolgreich, und das hieà etwas für eine Show, die erst zur Mitte der Saison angelaufen war. Niemand konnte mir also unterstellen, ich würde ihn benutzen, um mich nach oben zu schlafen.
Als ich hinter ihm in der Schlange stand und mit anhörte, wie er einen »Double Tall Cappuccino, Extra Dry« bestellte, waren meine Ãberlegungen allerdings noch reine Theorie. Er trug keinen Ring (das sah ich sofort), sendete aber unbewusste Signale aus, die ich als »nicht zu haben« deutete. Ich tippte ihm auf die Schulter und stellte mich höflich vor. Aus der Pressemitteilung, die immer noch in meiner Inbox lag, wusste ich, wie alt er war (siebenundvierzig), aber mit seinem vollen, dunklen Haar wirkte er deutlich jünger. Er war auch gröÃer, als ich mir vorgestellt hatte, alles an ihm war ein bisschen imposanter, sogar seine Hand an der Tasse Extra-Dry-Cappuccino.
»Nett, Sie kennenzulernen, Marian«, sagte er mit einem charmanten und doch ernsthaften Kopfnicken. Er wartete neben mir, während ich meinen Tall Latte bestellte, und blieb sogar noch, als der Barista meinen Kaffee zubereitete, um mir zu sagen, dass ich einen verdammt guten Job mache. »Ihre Serie hat schon eine ganz hübsche Fangemeinde, wie es aussieht.«
Ich nickte bescheiden, während ich versuchte, mich nicht auf seinen gut geschnittenen Anzug und das Grübchen auf seinem glatt rasierten, wohlgeformten Kinn zu konzentrieren. »Ja, bis jetzt haben wir Glück gehabt. Aber wir könnten noch mehr Zuschauer anziehen ⦠Haben Sie schon einmal reingeschaut?«
Es war ganz schön gewagt, den Chef des Chefs in Verlegenheit zu bringen. Ich ahnte die Antwort schon, als er kurz
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