Wo die Liebe beginnt
After-Show-Partys â bis wir beide es keine Sekunde länger aushalten konnten und er mir eine SMS schickte, die ich noch immer in meinem iPhone gespeichert habe: Dieses Kleid ist umwerfend .
Ich lächelte, froh darüber, dass ich mir das Alberta-Ferretti-Kleid gegönnt hatte, obwohl es mein Budget eigentlich sprengte, und mich auch noch für Smaragdgrün statt für mein übliches Schwarz entschieden hatte. Ich merkte, dass ich rot wurde und schaute in seine Richtung, da kam auch schon die nächste SMS : Obwohl es auf dem Boden noch besser aussehen würde .
Ich wurde knallrot und schüttelte den Kopf, als seine letzte Nachricht eintraf: Ich verspreche, der Sache nicht nachzugehen, wenn du nachher zu mir kommst. Zimmer 732.
Weniger als zehn Minuten später waren wir in seinem Zimmer, endlich allein miteinander, und grinsten uns an. Ich hatte geglaubt, er würde mich sofort küssen, aber er legte eine Zurückhaltung an den Tag, die ich unwiderstehlich fand â und dieses Gefühl steigerte sich noch mit jedem Glas Champagner. Wir wurden immer beschwipster und redeten über alles Mögliche: die Fernsehlandschaft im Allgemeinen, unseren Sender im Besonderen, meine Serie, Schauspieler-Klatsch und die Intrigen bei uns in der Führungsetage. Er erzählte mir von seinem dreizehnjährigen Sohn Aidan und seinen noch immer andauernden Scheidungsangelegenheiten. Obwohl er seine Exfrau scherzhaft als die »Klagepartei« bezeichnete, machte er sie zu keinem Zeitpunkt schlecht, was ich â nach meinen bisherigen Dating-Erfahrungen mit Geschiedenen â sehr erfrischend fand. Wir unterhielten uns über die Orte, an die wir schon gereist waren, unsere Lieblingshotels und Lieblingsstädte, und über die Orte, die noch auf unserer Wunschliste standen (sowohl reisetechnisch als auch karrieremäÃig). Wir unterschieden uns da auf bestimmte Weise: Ich bevorzugte die Karibik und klassische Städtereisen, etwa nach Rom und London, während er mehr für exotische Abenteuer zu haben war. Einmal hatte er eine Radtour durch das Goldene Dreieck in Asien gemacht, ein anderes Mal den Pacaya in Guatemala bestiegen. Auch geschäftlich war er immer wieder gewisse Risiken eingegangen, was sich für ihn ausgezahlt hatte. Ich dagegen war eher der harmoniebedürftige Typ und blieb bei einer Sache, wenn sie auch nur annähernd funktionierte. Und doch hegten wir vom Grundsatz her ähnliche Ãberzeugungen: Wir strebten beide nach Höherem, gaben uns nie mit dem Erreichten zufrieden, liebten New York und alles, was dazugehörte, waren im Innersten konservativ und glaubten daran, dass man leben und leben lassen sollte, unabhängig von politischen oder religiösen Vorstellungen. Er war gut aussehend, selbstbewusst, intelligent und aufmerksam â einen solch perfekten Mann hatte ich bis dahin noch nicht kennengelernt.
Als der kalifornische Himmel die ersten rosa Streifen bekam, nahm er meine Hand, zog mich auf seinen Schoà und küsste mich, wie ich seit Jahren nicht mehr geküsst worden war. Ein paar Minuten später sagten wir uns gute Nacht, lachten und sagten dann guten Morgen.
Innerhalb weniger Wochen wurden wir ein Paar. Wir hatten sogar die klassische Unterhaltung darüber, dass wir kein Bedürfnis mehr hatten, andere Menschen zu sehen. Eines Abends wurden wir beim gemeinsamen Essen fotografiert, und am nächsten Tag erschien das Bild in der Klatschspalte der New York Post mit der Unterschrift: »Das neue Power-Paar: TV-Manager Peter Standish und Produzentin Marian Caldwell«. Als die ersten Anrufe von Freunden und Bekannten kamen, tat ich so, als wäre ich gleichzeitig genervt und amüsiert, genoss insgeheim aber die Aufmerksamkeit und schnitt den Artikel für unsere noch ungeborenen Kinder aus der Zeitung aus. Zu schön, um wahr zu sein â dieser Gedanke wäre mir gekommen, hätte ich nicht schon immer daran geglaubt, eines Tages jemanden wie ihn zu finden.
Aber vielleicht war doch alles zu schön, um wahr zu sein, denke ich jetzt, als wir Hand in Hand um die Ecke biegen und ich ihn von unten her mustere. Vielleicht haben wir uns festgefahren. Vielleicht war das schon das Höchste der Gefühle. Vielleicht bin ich doch eine dieser Frauen. Frauen, die ewig warten oder sich mit ihrer Situation zufriedengeben â oder eine Mischung aus beidem. Enttäuschung und verhaltene Wut brodeln in mir. Wut auf ihn, aber noch
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