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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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werden. Wir Hexen waren ein neugieriger Haufen. Und falls ich mich selbst als Köder darbot, würde bestimmt eine anbeißen.
    »Man sagt, auch die Countess of Pembroke würde ihn wegen der Megraines des jungen Lords aufsuchen«, ergänzte ihr Mann. Demnach hatte sich außerdem herumgesprochen, dass ich in Baynard’s Castle gewesen war. Mary hatte recht: Man beobachtete uns. »Das Geschäft von Master Hester befindet sich nahe der Paul’s Wharf, Ihr erkennt es an dem Destillierkolben auf dem Schild.«
    »Danke, Mistress Field.« Paul’s Wharf lag bestimmt in der Nähe von St. Paul’s, dort konnte ich am Nachmittag hingehen. Im Geist legte ich mir eine Route für die heutige Exkursion zurecht.
    Nachdem wir uns verabschiedet hatten, wollten Françoise und Pierre auf der Straße den Heimweg einschlagen.
    »Ich gehe noch zur Kathedrale«, erklärte ich ihnen und wandte mich in die entgegengesetzte Richtung.
    Wie von Zauberhand stand Pierre vor mir. »Das wird Milord gar nicht gefallen.«
    »Milord ist nicht hier. Matthew hat Anweisung gegeben, dass ich nicht allein dorthin gehen soll. Er hat nicht gesagt, dass ich eine Gefangene in meinem eigenen Haus bin.« Ich drückte Françoise das Buch und die Brötchen an die Brust. »Falls Matthew vor mir heimkommt, dann sag ihm, wo wir sind und dass ich bald zurückkomme.«
    Françoise nahm die Päckchen entgegen, sah Pierre lange und eindringlich an und stolzierte dann über die Water Lane davon.
    » Prenez garde, madame «, murmelte Pierre, als ich an ihm vorbeiging.
    »Ich gebe immer Acht«, erwiderte ich ruhig und trat sofort in eine Pfütze.
    Zwei Kutschen waren kollidiert und versperrten den Weg in die Stadt. Die klobigen Gefährte erinnerten an Güterwagen und hatten nichts von den schnittigen Zweispännern aus den Jane-Austen-Filmen. Ich schob mich daran vorbei, dicht gefolgt von Pierre, und wich dabei den gereizten Pferden und noch gereizteren Insassen aus, die mitten auf der Straße standen und brüllend die Schuldfrage zu klären versuchten. Nur die Kutscher blieben völlig ungerührt und plauderten hoch über dem ganzen Chaos von einer Kutschbank zur anderen.
    »Passiert so etwas oft?«, fragte ich Pierre und schob die Kapuze weit genug zurück, um ihn zu sehen.
    »Diese neuen Gefährte sind ein einziges Ärgernis«, erklärte er säuerlich. »Es war viel besser, als die Menschen noch zu Fuß oder zu Pferd unterwegs waren. Aber keine Sorge. Diese Dinger werden sich niemals durchsetzen.«
    Das hat man auch zu Henry Ford gesagt , dachte ich im Stillen.
    »Wie weit ist es bis zu Paul’s Wharf?«
    »Milord mag John Hester nicht.«
    »Das habe ich nicht gefragt, Pierre.«
    »Was wünscht Madame vor der Kirche zu erwerben?« Ich kannte Pierres Ablenkungstechnik aus meinen Jahren im Klassenzimmer. Aber ich hatte nicht die Absicht, irgendwem zu offenbaren, warum wir uns quer durch London vorarbeiteten.
    »Bücher«, erklärte ich knapp.
    Wir betraten St. Paul’s Churchyard, wo jeder Zentimeter, der nicht von Papier bedeckt war, von jemandem eingenommen wurde, der Waren oder Dienste anpries. Ein Mann mittleren Alters saß auf einem Hocker in einem Anbau an einem Schuppen, der wiederum an der Außenmauer der Kirche lehnte. So ein Unterstand war keineswegs unüblich als Geschäftsraum. Vor seinem Büdchen hatte sich eine kleine Gruppe versammelt. Wenn ich Glück hatte, war eine Hexe darunter.
    Ich bahnte mir einen Weg durch die Gruppe. Offenbar waren es nur Menschen. Was für eine Enttäuschung.
    Der Mann sah verwundert von einem Dokument auf, das er sorgsam für einen wartenden Kunden verfasste. Ein Lohnschreiber. Bitte mach, dass das nicht William Shakespeare ist, betete ich.
    »Kann ich Euch helfen, Mistress Roydon?«, fragte er mit französischem Akzent. Wenigstens ist es nicht Shakespeare . Aber woher wusste er, wer ich war?
    »Habt Ihr Siegelwachs? Und rote Tinte?«
    »Ich bin kein Apotheker, Mistress Roydon, sondern nur ein armer Lehrer.« Seine Kunden begannen sich sofort über die skandalösen Gewinnspannen zu beklagen, die Lebensmittelhändler, Apotheker und andere Beutelschneider aufschlugen.
    »Mistress Field meint, John Hester würde exzellentes Siegelwachs herstellen.« Mehrere Köpfe drehten sich in meine Richtung.
    »Allerdings ist es recht teuer. Genau wie seine Tinte, die er aus Irisblüten herstellt.« Auf diese Einschätzung hin war zustimmendes Gemurmel aus der Menge zu hören.
    »Könnt Ihr mir den Weg zu seinem Geschäft weisen?«
    Pierre packte mich

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